Menschen, von Speise entblöst, um, ob sie gleich in den Gefässen Blut haben (c).
Alles lehrt, daß diese Ausartung nicht blos in den aus dem thierischen Körper ausgeleerten Säften seinen Sizz hat; sondern daß sie auch bei der Thätigkeit des Le- bens (d) und alsdann noch geschwinder überhand nimmt.
Wir haben gezeigt, daß der Atem auch von mäßi- gem Fasten übelriechend wird (e), und daß dieses sich in dem noch so reinlichen Körper eines Frauenzimmers er- äugnet. So wird die Milch so gleich ranzig, und der Urin unerträglich scharf. Die Engländer (f) und Bon- tekoe trunken auf dem hohen Meere ihren eignen Urin, weil sie kein Wasser haben konnten, um ihren Durst zu löschen: dieser wurde aber in wenig Tagen so scharf, daß sie ihn nicht trinken konnten, und er war so rot, als Blut geworden.
Doch wenn der Hunger lange währt, so entstehen, wie es scheint, von den angefressenen Nerven, unaussteh- liche Schmerzen (g), es zerreissen die Gefässe, es erfolget ein starkes Nasenbluten (h), und man findet in dem Ma- gen der Vögel (i) und im Gedärme ausgetretenes Blut (k). Auch die Seele ändert sich geschwinde (l), und sie em- pfindet anfänglich eine Verdrüslichkeit, man ist beinahe sinnlos (m), es folgt das schwere Gebrechen, hierauf eine
(e)L. XVIII. p. 53. der Mund war skorbutisch, und das Zahnfleisch blutig in Johanna NAUNTON BIRCH T. II. p. 386.
(f)Voy. aux teir. austr. T. I. p. 187. und ohnlängst ann. 1762. in Lond. Chron.
(g)BIRCH T. II. p. 381.
(h)in historia addita T. II. Itin. ROBINS. GRUSOE.
(i)[Spaltenumbruch]HARTMANN I. c.
(k)CASP. a REYES p. 736.
(l) Den dritten Tag im Walde L. Mag. 1752. den vierten Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. 2. obs. 2. unter Schutt den siebenden Tag BOCCON. obss. di fisic. p. 5. fast eben denn Lond. Chron. 1759. p. p. 315. den zehuten Tag L. Mag. 1735 p. 627. in der Grube.
(m)CHARDIN Voyag. T. VII. p. 355.
Der Magen. XIX. Buch.
Menſchen, von Speiſe entbloͤſt, um, ob ſie gleich in den Gefaͤſſen Blut haben (c).
Alles lehrt, daß dieſe Ausartung nicht blos in den aus dem thieriſchen Koͤrper ausgeleerten Saͤften ſeinen Sizz hat; ſondern daß ſie auch bei der Thaͤtigkeit des Le- bens (d) und alsdann noch geſchwinder uͤberhand nimmt.
Wir haben gezeigt, daß der Atem auch von maͤßi- gem Faſten uͤbelriechend wird (e), und daß dieſes ſich in dem noch ſo reinlichen Koͤrper eines Frauenzimmers er- aͤugnet. So wird die Milch ſo gleich ranzig, und der Urin unertraͤglich ſcharf. Die Englaͤnder (f) und Bon- tekoe trunken auf dem hohen Meere ihren eignen Urin, weil ſie kein Waſſer haben konnten, um ihren Durſt zu loͤſchen: dieſer wurde aber in wenig Tagen ſo ſcharf, daß ſie ihn nicht trinken konnten, und er war ſo rot, als Blut geworden.
Doch wenn der Hunger lange waͤhrt, ſo entſtehen, wie es ſcheint, von den angefreſſenen Nerven, unausſteh- liche Schmerzen (g), es zerreiſſen die Gefaͤſſe, es erfolget ein ſtarkes Naſenbluten (h), und man findet in dem Ma- gen der Voͤgel (i) und im Gedaͤrme ausgetretenes Blut (k). Auch die Seele aͤndert ſich geſchwinde (l), und ſie em- pfindet anfaͤnglich eine Verdruͤslichkeit, man iſt beinahe ſinnlos (m), es folgt das ſchwere Gebrechen, hierauf eine
(e)L. XVIII. p. 53. der Mund war ſkorbutiſch, und das Zahnfleiſch blutig in Johanna NAUNTON BIRCH T. II. p. 386.
(f)Voy. aux teir. auſtr. T. I. p. 187. und ohnlaͤngſt ann. 1762. in Lond. Chron.
(g)BIRCH T. II. p. 381.
(h)in hiſtoria addita T. II. Itin. ROBINS. GRUSOE.
(i)[Spaltenumbruch]HARTMANN I. c.
(k)CASP. a REYES p. 736.
(l) Den dritten Tag im Walde L. Mag. 1752. den vierten Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. 2. obſ. 2. unter Schutt den ſiebenden Tag BOCCON. obſſ. di fiſic. p. 5. faſt eben denn Lond. Chron. 1759. p. p. 315. den zehuten Tag L. Mag. 1735 p. 627. in der Grube.
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[238[254]/0274]
Der Magen. XIX. Buch.
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Gefaͤſſen Blut haben (c).
Alles lehrt, daß dieſe Ausartung nicht blos in den
aus dem thieriſchen Koͤrper ausgeleerten Saͤften ſeinen
Sizz hat; ſondern daß ſie auch bei der Thaͤtigkeit des Le-
bens (d) und alsdann noch geſchwinder uͤberhand nimmt.
Wir haben gezeigt, daß der Atem auch von maͤßi-
gem Faſten uͤbelriechend wird (e), und daß dieſes ſich in
dem noch ſo reinlichen Koͤrper eines Frauenzimmers er-
aͤugnet. So wird die Milch ſo gleich ranzig, und der
Urin unertraͤglich ſcharf. Die Englaͤnder (f) und Bon-
tekoe trunken auf dem hohen Meere ihren eignen Urin,
weil ſie kein Waſſer haben konnten, um ihren Durſt zu
loͤſchen: dieſer wurde aber in wenig Tagen ſo ſcharf, daß
ſie ihn nicht trinken konnten, und er war ſo rot, als Blut
geworden.
Doch wenn der Hunger lange waͤhrt, ſo entſtehen,
wie es ſcheint, von den angefreſſenen Nerven, unausſteh-
liche Schmerzen (g), es zerreiſſen die Gefaͤſſe, es erfolget
ein ſtarkes Naſenbluten (h), und man findet in dem Ma-
gen der Voͤgel (i) und im Gedaͤrme ausgetretenes Blut (k).
Auch die Seele aͤndert ſich geſchwinde (l), und ſie em-
pfindet anfaͤnglich eine Verdruͤslichkeit, man iſt beinahe
ſinnlos (m), es folgt das ſchwere Gebrechen, hierauf eine
Ohn-
(c)
In JEHNFELSIÆ &
SCHREYERÆ exemplis.
(d) L. V. p. 84. 85.
(e) L. XVIII. p. 53. der Mund
war ſkorbutiſch, und das Zahnfleiſch
blutig in Johanna NAUNTON
BIRCH T. II. p. 386.
(f) Voy. aux teir. auſtr. T. I.
p. 187. und ohnlaͤngſt ann. 1762.
in Lond. Chron.
(g) BIRCH T. II. p. 381.
(h) in hiſtoria addita T. II.
Itin. ROBINS. GRUSOE.
(i)
HARTMANN I. c.
(k) CASP. a REYES p. 736.
(l) Den dritten Tag im Walde
L. Mag. 1752. den vierten Eph.
Nat. Cur. Dec. II. ann. 2. obſ. 2.
unter Schutt den ſiebenden Tag
BOCCON. obſſ. di fiſic. p. 5. faſt
eben denn Lond. Chron. 1759. p.
p. 315. den zehuten Tag L. Mag.
1735 p. 627. in der Grube.
(m) CHARDIN Voyag. T. VII.
p. 355.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 238[254]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/274>, abgerufen am 25.11.2024.
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