Das übrige lassen wir, bei unsrer angenommenen Kürze, ausser acht; indessen kann ich doch nicht den Gebrauch des Gewürzes gänzlich übergehen, welches zwar nicht närt, weil es gar zu hizzig und eindringend ist, doch aber die Speise etwas lieblicher macht, den Geschmakk ver- stärkt, und die Muskelkraft des Magens und die innerli- che Exhalation mehrt. Diese Gewürze alle haben einen Ueberflus (f) an wesentlichen Oelen, welche fett sind, und worinnen eine Menge flüchtigen Geistes befindlich ist. Jhr Geschmakk ist brennend, und dennoch reizend, man bringt die meisten aus Ostindien, als den Pfeffer, den die Alten besser kannten, den Zimmet, die Muskatennuß, und deren sehr wohlriechendes Mark oder Blüthe, und die übrige Gewürze, welche man nach der Zeit eingeführt. Schwerlich ist der Himmelsstrich von Europa so hizzig, um eine solche Menge essenzieller Oele zu erzeugen, als zu dem Vorzuge der Gewürze erfordert wird.
Jndessen zeiget sich doch einiger maaßen in dem südli- chen Europa eine Nachamung der Gewürze, an den Po- meranzen und Zitronen; und in dem mitternächtigen an der Kalmuswurzel, diesen Stengel der Lappländischen Angelik (g). Amerika hat seine eigne Gewürze, als das Englische Gewürze (amomum) und die graue Fieber- rinde (cortez Winteranus, chaquerille). Es ist aber merkwürdig, daß man in heissen Ländern den stärksten Gebrauch von den Gewürzen machet, und dieselben am ohnentbehrlichsten findet; weil die Körper in diesen Erd- strichen schwächer sind, und die Kraft aller Fasern und des Magens kleiner ist. Daher ist auch zu unsern Zei- ten der Knoblauch und die Zwiebel bei den Spaniern (h) und Egiptiern, und der Teufelsdrekk bei den Jndianern
bei
(f)[Spaltenumbruch]
Eine Liste davon hat der BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. p. 18. 916. p. 127.
(g)LINN flor. Lapp. p. 69.
(h)[Spaltenumbruch]
Wegen ihres Gebrauchs würden die Spanischen Soldaten nicht leicht krank MEISEREY.
Der Magen. XIX. Buch.
Das uͤbrige laſſen wir, bei unſrer angenommenen Kuͤrze, auſſer acht; indeſſen kann ich doch nicht den Gebrauch des Gewuͤrzes gaͤnzlich uͤbergehen, welches zwar nicht naͤrt, weil es gar zu hizzig und eindringend iſt, doch aber die Speiſe etwas lieblicher macht, den Geſchmakk ver- ſtaͤrkt, und die Muſkelkraft des Magens und die innerli- che Exhalation mehrt. Dieſe Gewuͤrze alle haben einen Ueberflus (f) an weſentlichen Oelen, welche fett ſind, und worinnen eine Menge fluͤchtigen Geiſtes befindlich iſt. Jhr Geſchmakk iſt brennend, und dennoch reizend, man bringt die meiſten aus Oſtindien, als den Pfeffer, den die Alten beſſer kannten, den Zimmet, die Muſkatennuß, und deren ſehr wohlriechendes Mark oder Bluͤthe, und die uͤbrige Gewuͤrze, welche man nach der Zeit eingefuͤhrt. Schwerlich iſt der Himmelsſtrich von Europa ſo hizzig, um eine ſolche Menge eſſenzieller Oele zu erzeugen, als zu dem Vorzuge der Gewuͤrze erfordert wird.
Jndeſſen zeiget ſich doch einiger maaßen in dem ſuͤdli- chen Europa eine Nachamung der Gewuͤrze, an den Po- meranzen und Zitronen; und in dem mitternaͤchtigen an der Kalmuswurzel, dieſen Stengel der Lapplaͤndiſchen Angelik (g). Amerika hat ſeine eigne Gewuͤrze, als das Engliſche Gewuͤrze (amomum) und die graue Fieber- rinde (cortez Winteranus, chaquerille). Es iſt aber merkwuͤrdig, daß man in heiſſen Laͤndern den ſtaͤrkſten Gebrauch von den Gewuͤrzen machet, und dieſelben am ohnentbehrlichſten findet; weil die Koͤrper in dieſen Erd- ſtrichen ſchwaͤcher ſind, und die Kraft aller Faſern und des Magens kleiner iſt. Daher iſt auch zu unſern Zei- ten der Knoblauch und die Zwiebel bei den Spaniern (h) und Egiptiern, und der Teufelsdrekk bei den Jndianern
bei
(f)[Spaltenumbruch]
Eine Liſte davon hat der BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. p. 18. 916. p. 127.
(g)LINN flor. Lâpp. p. 69.
(h)[Spaltenumbruch]
Wegen ihres Gebrauchs wuͤrden die Spaniſchen Soldaten nicht leicht krank MEISEREY.
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[324[340]/0360]
Der Magen. XIX. Buch.
Das uͤbrige laſſen wir, bei unſrer angenommenen Kuͤrze,
auſſer acht; indeſſen kann ich doch nicht den Gebrauch
des Gewuͤrzes gaͤnzlich uͤbergehen, welches zwar nicht
naͤrt, weil es gar zu hizzig und eindringend iſt, doch aber
die Speiſe etwas lieblicher macht, den Geſchmakk ver-
ſtaͤrkt, und die Muſkelkraft des Magens und die innerli-
che Exhalation mehrt. Dieſe Gewuͤrze alle haben einen
Ueberflus (f) an weſentlichen Oelen, welche fett ſind, und
worinnen eine Menge fluͤchtigen Geiſtes befindlich iſt.
Jhr Geſchmakk iſt brennend, und dennoch reizend, man
bringt die meiſten aus Oſtindien, als den Pfeffer, den die
Alten beſſer kannten, den Zimmet, die Muſkatennuß,
und deren ſehr wohlriechendes Mark oder Bluͤthe, und
die uͤbrige Gewuͤrze, welche man nach der Zeit eingefuͤhrt.
Schwerlich iſt der Himmelsſtrich von Europa ſo hizzig,
um eine ſolche Menge eſſenzieller Oele zu erzeugen, als zu
dem Vorzuge der Gewuͤrze erfordert wird.
Jndeſſen zeiget ſich doch einiger maaßen in dem ſuͤdli-
chen Europa eine Nachamung der Gewuͤrze, an den Po-
meranzen und Zitronen; und in dem mitternaͤchtigen an
der Kalmuswurzel, dieſen Stengel der Lapplaͤndiſchen
Angelik (g). Amerika hat ſeine eigne Gewuͤrze, als
das Engliſche Gewuͤrze (amomum) und die graue Fieber-
rinde (cortez Winteranus, chaquerille). Es iſt aber
merkwuͤrdig, daß man in heiſſen Laͤndern den ſtaͤrkſten
Gebrauch von den Gewuͤrzen machet, und dieſelben am
ohnentbehrlichſten findet; weil die Koͤrper in dieſen Erd-
ſtrichen ſchwaͤcher ſind, und die Kraft aller Faſern und
des Magens kleiner iſt. Daher iſt auch zu unſern Zei-
ten der Knoblauch und die Zwiebel bei den Spaniern (h)
und Egiptiern, und der Teufelsdrekk bei den Jndianern
bei
(f)
Eine Liſte davon hat der
BOERHAAVE Elem. Chem. T. II.
p. 18. 916. p. 127.
(g) LINN flor. Lâpp. p. 69.
(h)
Wegen ihres Gebrauchs
wuͤrden die Spaniſchen Soldaten
nicht leicht krank MEISEREY.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 324[340]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/360>, abgerufen am 22.11.2024.
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