Es hat zwar Wepfer gesehen, daß sich der Zwölf- fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei- se herausgeht, ausstrekke: dieses geschicht in allen krum- men Kanälen, welche sich von dem Durchflufse des Flüs- sigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menschen der Ausgang der Speisen, durch die Ausstrekkung des Pfört- ners im vollen Magen verändert. Es beschreibt nämlich die bewegliche grössere Krümmung des Magens neben diesem Munde, gleichsam als an einer unbeweglichen Stelle, einen Zirkelbogen, und strekkt sich nach vorne aus (t). Und auf solche Weise verschwindet nunmehr derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pförtner mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei- se, ohne eine Falte vor sich zu finden, gerades Weges, und vielmehr nach einer absteigenden Richtung, durch den Pförtner ausgetrieben. An einem auf dem Rükken liegenden Menschen wird dieser Ausgang auch durch die Schwere selbst noch erleichtert. Jch lese, daß er sich leichter ausleeren soll, wenn man auf der rechten Seite läge, ob ich gleich nicht hinlänglich weis, warum (w)?
§. 11. Die Zeit, wenn sich der Magen ausleert.
Es scheint nicht leicht zu sein, diese Zeit, bei einer so grossen Verschiedenheit von Speisen zu bestimmen. Man sieht wohl, daß sich wenig und flüßige Speise ge- schwinde durch den Zwölffingerdarm ausleeren müsse: dieses geschicht aber langsam, wenn die Speise aus ih- rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge- schikt, und scharf ist, daß sie den Pförtner reizet, und sich selbst den Ausgang versperrt. Ein Dukaten, den Vaillant verschlang, gieng erst nach vielen Tagen von
ihm
(t)[Spaltenumbruch]p. 120.
(u)ibid.
(w)[Spaltenumbruch]DUVERNY T. II. p. 183. ROSEN anat. p. 309.
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IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen.
Es hat zwar Wepfer geſehen, daß ſich der Zwoͤlf- fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei- ſe herausgeht, ausſtrekke: dieſes geſchicht in allen krum- men Kanaͤlen, welche ſich von dem Durchflufſe des Fluͤſ- ſigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menſchen der Ausgang der Speiſen, durch die Ausſtrekkung des Pfoͤrt- ners im vollen Magen veraͤndert. Es beſchreibt naͤmlich die bewegliche groͤſſere Kruͤmmung des Magens neben dieſem Munde, gleichſam als an einer unbeweglichen Stelle, einen Zirkelbogen, und ſtrekkt ſich nach vorne aus (t). Und auf ſolche Weiſe verſchwindet nunmehr derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pfoͤrtner mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei- ſe, ohne eine Falte vor ſich zu finden, gerades Weges, und vielmehr nach einer abſteigenden Richtung, durch den Pfoͤrtner ausgetrieben. An einem auf dem Ruͤkken liegenden Menſchen wird dieſer Ausgang auch durch die Schwere ſelbſt noch erleichtert. Jch leſe, daß er ſich leichter ausleeren ſoll, wenn man auf der rechten Seite laͤge, ob ich gleich nicht hinlaͤnglich weis, warum (w)?
§. 11. Die Zeit, wenn ſich der Magen ausleert.
Es ſcheint nicht leicht zu ſein, dieſe Zeit, bei einer ſo groſſen Verſchiedenheit von Speiſen zu beſtimmen. Man ſieht wohl, daß ſich wenig und fluͤßige Speiſe ge- ſchwinde durch den Zwoͤlffingerdarm ausleeren muͤſſe: dieſes geſchicht aber langſam, wenn die Speiſe aus ih- rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge- ſchikt, und ſcharf iſt, daß ſie den Pfoͤrtner reizet, und ſich ſelbſt den Ausgang verſperrt. Ein Dukaten, den Vaillant verſchlang, gieng erſt nach vielen Tagen von
ihm
(t)[Spaltenumbruch]p. 120.
(u)ibid.
(w)[Spaltenumbruch]DUVERNY T. II. p. 183. ROSEN anat. p. 309.
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[405[421]/0441]
IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen.
Es hat zwar Wepfer geſehen, daß ſich der Zwoͤlf-
fingerdarm in einem Thiere, zu der Zeit wenn die Spei-
ſe herausgeht, ausſtrekke: dieſes geſchicht in allen krum-
men Kanaͤlen, welche ſich von dem Durchflufſe des Fluͤſ-
ſigen erweitern. Uebrigens wird aber im Menſchen der
Ausgang der Speiſen, durch die Ausſtrekkung des Pfoͤrt-
ners im vollen Magen veraͤndert. Es beſchreibt naͤmlich
die bewegliche groͤſſere Kruͤmmung des Magens neben
dieſem Munde, gleichſam als an einer unbeweglichen
Stelle, einen Zirkelbogen, und ſtrekkt ſich nach vorne
aus (t). Und auf ſolche Weiſe verſchwindet nunmehr
derjenige Winkel, welchen der herbeigezogne Pfoͤrtner
mit dem leeren Magen macht (u) und es wird die Spei-
ſe, ohne eine Falte vor ſich zu finden, gerades Weges,
und vielmehr nach einer abſteigenden Richtung, durch
den Pfoͤrtner ausgetrieben. An einem auf dem Ruͤkken
liegenden Menſchen wird dieſer Ausgang auch durch die
Schwere ſelbſt noch erleichtert. Jch leſe, daß er ſich
leichter ausleeren ſoll, wenn man auf der rechten Seite
laͤge, ob ich gleich nicht hinlaͤnglich weis, warum (w)?
§. 11.
Die Zeit, wenn ſich der Magen ausleert.
Es ſcheint nicht leicht zu ſein, dieſe Zeit, bei einer
ſo groſſen Verſchiedenheit von Speiſen zu beſtimmen.
Man ſieht wohl, daß ſich wenig und fluͤßige Speiſe ge-
ſchwinde durch den Zwoͤlffingerdarm ausleeren muͤſſe:
dieſes geſchicht aber langſam, wenn die Speiſe aus ih-
rer Figur nicht leicht zu bringen, zur Verdauung unge-
ſchikt, und ſcharf iſt, daß ſie den Pfoͤrtner reizet, und
ſich ſelbſt den Ausgang verſperrt. Ein Dukaten, den
Vaillant verſchlang, gieng erſt nach vielen Tagen von
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p. 120.
(u) ibid.
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DUVERNY T. II. p. 183.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 405[421]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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