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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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IV. Abschnitt. Beobacht. am Magen.
§. 23.
Vermischen sich etwa die Lebensgeister im
Magen?

Es haben berümte Männer die Vermutung geäussert,
daß sich so gar die Lebensgeister (a) aus den Magennerven,
in die Hölung des Magens ergiessen, und zu der Ver-
dauung der Speisen das ihre beitragen sollen (b). Und
davon rühre es, sagen sie, her, daß Personen, deren Ge-
müt mit traurigen Vorstellungen angefüllt ist (c), vom
Schlage gerührte Menschen, und die auf ihre Arbeiten
alle Aufmerksamkeit verwenden, keine Empfindung vom
Hunger hätten.

Diese Dinge behauptet man dergestalt, daß sie sich
nicht wohl widerlegen, aber auch schwerlich bestätigen
lassen. Die Erscheinung selbst hat ihre gute Richtigkeit.
Es können aber die Nerven im traurigen Affekte die Ma-
genfasern nicht gehörig spannen; so wie sich alle Actio-
nen der Muskeln von den Nerven verstärken oder ver-
mindern lassen; es kann die Menge des Magenwassers
zu oder abnehmen; wie in der That die Nierenabsonde-
rung von dem verschiedenen Zustande der Nerven sehr
verändert wird; es kann seine Zähigkeit grösser werden;
es kann die Absonderung der Galle von dem Reize der
Nerven leiden; und es kann der Magen auf andre, uns
unbekannte Weise von den Nerven adficirt werden.

§. 24.
(a) [Spaltenumbruch] PEYER de gland. intest.
p. 20. 68. de ruminat. p. 100.
PRUNNER de panir. c. V VI. de
gland. duoden. c. 4. VIRIDET
du bon chyle p. 502. PASCAL
p. 285. BOERHAAV. praelect.
T. I. p.
306.
(b) COLLINS p. 303. 304.
[Spaltenumbruch] GREW p. 28. VERHEYEN L. II.
p. 257. 258. MAYOW oper.
p. 337. SANTANELLI lucubrat.
p.
150.
(c) VIRIDET I. c. Ein Mar-
der verdaute für Zorn die Speisen
nicht. GENDER ferment. p. 96.
H. Phisiol. 6. B. G g
IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen.
§. 23.
Vermiſchen ſich etwa die Lebensgeiſter im
Magen?

Es haben beruͤmte Maͤnner die Vermutung geaͤuſſert,
daß ſich ſo gar die Lebensgeiſter (a) aus den Magennerven,
in die Hoͤlung des Magens ergieſſen, und zu der Ver-
dauung der Speiſen das ihre beitragen ſollen (b). Und
davon ruͤhre es, ſagen ſie, her, daß Perſonen, deren Ge-
muͤt mit traurigen Vorſtellungen angefuͤllt iſt (c), vom
Schlage geruͤhrte Menſchen, und die auf ihre Arbeiten
alle Aufmerkſamkeit verwenden, keine Empfindung vom
Hunger haͤtten.

Dieſe Dinge behauptet man dergeſtalt, daß ſie ſich
nicht wohl widerlegen, aber auch ſchwerlich beſtaͤtigen
laſſen. Die Erſcheinung ſelbſt hat ihre gute Richtigkeit.
Es koͤnnen aber die Nerven im traurigen Affekte die Ma-
genfaſern nicht gehoͤrig ſpannen; ſo wie ſich alle Actio-
nen der Muſkeln von den Nerven verſtaͤrken oder ver-
mindern laſſen; es kann die Menge des Magenwaſſers
zu oder abnehmen; wie in der That die Nierenabſonde-
rung von dem verſchiedenen Zuſtande der Nerven ſehr
veraͤndert wird; es kann ſeine Zaͤhigkeit groͤſſer werden;
es kann die Abſonderung der Galle von dem Reize der
Nerven leiden; und es kann der Magen auf andre, uns
unbekannte Weiſe von den Nerven adficirt werden.

§. 24.
(a) [Spaltenumbruch] PEYER de gland. inteſt.
p. 20. 68. de ruminat. p. 100.
PRUNNER de panir. c. V VI. de
gland. duoden. c. 4. VIRIDET
du bon chyle p. 502. PASCAL
p. 285. BOERHAAV. prælect.
T. I. p.
306.
(b) COLLINS p. 303. 304.
[Spaltenumbruch] GREW p. 28. VERHEYEN L. II.
p. 257. 258. MAYOW oper.
p. 337. SANTANELLI lucubrat.
p.
150.
(c) VIRIDET I. c. Ein Mar-
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[449[465]/0485] IV. Abſchnitt. Beobacht. am Magen. §. 23. Vermiſchen ſich etwa die Lebensgeiſter im Magen? Es haben beruͤmte Maͤnner die Vermutung geaͤuſſert, daß ſich ſo gar die Lebensgeiſter (a) aus den Magennerven, in die Hoͤlung des Magens ergieſſen, und zu der Ver- dauung der Speiſen das ihre beitragen ſollen (b). Und davon ruͤhre es, ſagen ſie, her, daß Perſonen, deren Ge- muͤt mit traurigen Vorſtellungen angefuͤllt iſt (c), vom Schlage geruͤhrte Menſchen, und die auf ihre Arbeiten alle Aufmerkſamkeit verwenden, keine Empfindung vom Hunger haͤtten. Dieſe Dinge behauptet man dergeſtalt, daß ſie ſich nicht wohl widerlegen, aber auch ſchwerlich beſtaͤtigen laſſen. Die Erſcheinung ſelbſt hat ihre gute Richtigkeit. Es koͤnnen aber die Nerven im traurigen Affekte die Ma- genfaſern nicht gehoͤrig ſpannen; ſo wie ſich alle Actio- nen der Muſkeln von den Nerven verſtaͤrken oder ver- mindern laſſen; es kann die Menge des Magenwaſſers zu oder abnehmen; wie in der That die Nierenabſonde- rung von dem verſchiedenen Zuſtande der Nerven ſehr veraͤndert wird; es kann ſeine Zaͤhigkeit groͤſſer werden; es kann die Abſonderung der Galle von dem Reize der Nerven leiden; und es kann der Magen auf andre, uns unbekannte Weiſe von den Nerven adficirt werden. §. 24. (a) PEYER de gland. inteſt. p. 20. 68. de ruminat. p. 100. PRUNNER de panir. c. V VI. de gland. duoden. c. 4. VIRIDET du bon chyle p. 502. PASCAL p. 285. BOERHAAV. prælect. T. I. p. 306. (b) COLLINS p. 303. 304. GREW p. 28. VERHEYEN L. II. p. 257. 258. MAYOW oper. p. 337. SANTANELLI lucubrat. p. 150. (c) VIRIDET I. c. Ein Mar- der verdaute fuͤr Zorn die Speiſen nicht. GENDER ferment. p. 96. H. Phiſiol. 6. B. G g

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 449[465]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/485>, abgerufen am 22.11.2024.