daß anfänglich in der Speise eine Säure, und nachher aus der Säure eine Fäulnis wird; welches überhaupt eben diesen Speisen wiederfahren würde, wenn man sol- che sich selbst überlassen wollte, da ausserdem alle hinzu- gekommene menschliche Säfte mehr Anteil an der Fäul- nis haben.
Doch es nimmt auch keine völlige Fäulnis in dem Menschenmagen die Oberhand, ob sie gleich folches an allen lange liegenden Speisen (x) und in Thieren thut, welche blos vom Fleische leben.
Jn dem oft gedachten Falken waren die im Magen zurükkbehaltne Speisen (y) nicht faul geworden, ob sie gleich unverdaut in der That stinken (z): und es geht der Magensaft mit den Speisen in der That, wie wir sagen werden, in ein übel riechendes Wesen über (a).
Es ist ferner gewis, daß die Masse der Speisen, welche aus dem Magen kommen (b), ohne eine vorzügli- che Säure, und ohne eine völlige Fäulnis befunden wird: eben so wenig hat sie alkalische Eigenschaften (c); sie brau- set nicht mit sauren Dingen und hat nicht viel Säure (d) bei sich, auch nachdem schon das Gedärme das seinige dabei gethan; und sie stinket noch nicht, so lange sie im dünnen Gedärme stekkt. Und dennoch entstehet der Ge- stank ehe, als sie alkalischer Art wird (e). Es bringt nämlich eine ware Fäulnis, wie es jezzo ausgemacht ist, in der That ein alkalisches Wesen hervor, so wol an den Menschenfäften, als im Kote der Thiere (f). So wie gegenteils eine vollständige und zu Ende gebrachte Fäul-
nis
(x)[Spaltenumbruch]p. 322.
(y)REAUMUR Mem. de 1752. p. 453. 471. 473. 485.
(z)p. 485. 486. 487.
(a)Conf. p. 335.
(b)BOERHAAV. Elem. Chem. c. 93. 94.
(c)L. XXIV.
(d)[Spaltenumbruch]GABER miscell. Taurin. T. I. p. 84.
(e)HOME agricult. p. 83. DOSSIE introd. p. 66. p. 286. GABER ibid. p. 77. seqq.
(f) Jm Taubenkote erzeugt sich von selbst ein flüchtiges Salz HO- ME ibid.
Der Magen. XIX. Buch.
daß anfaͤnglich in der Speiſe eine Saͤure, und nachher aus der Saͤure eine Faͤulnis wird; welches uͤberhaupt eben dieſen Speiſen wiederfahren wuͤrde, wenn man ſol- che ſich ſelbſt uͤberlaſſen wollte, da auſſerdem alle hinzu- gekommene menſchliche Saͤfte mehr Anteil an der Faͤul- nis haben.
Doch es nimmt auch keine voͤllige Faͤulnis in dem Menſchenmagen die Oberhand, ob ſie gleich folches an allen lange liegenden Speiſen (x) und in Thieren thut, welche blos vom Fleiſche leben.
Jn dem oft gedachten Falken waren die im Magen zuruͤkkbehaltne Speiſen (y) nicht faul geworden, ob ſie gleich unverdaut in der That ſtinken (z): und es geht der Magenſaft mit den Speiſen in der That, wie wir ſagen werden, in ein uͤbel riechendes Weſen uͤber (a).
Es iſt ferner gewis, daß die Maſſe der Speiſen, welche aus dem Magen kommen (b), ohne eine vorzuͤgli- che Saͤure, und ohne eine voͤllige Faͤulnis befunden wird: eben ſo wenig hat ſie alkaliſche Eigenſchaften (c); ſie brau- ſet nicht mit ſauren Dingen und hat nicht viel Saͤure (d) bei ſich, auch nachdem ſchon das Gedaͤrme das ſeinige dabei gethan; und ſie ſtinket noch nicht, ſo lange ſie im duͤnnen Gedaͤrme ſtekkt. Und dennoch entſtehet der Ge- ſtank ehe, als ſie alkaliſcher Art wird (e). Es bringt naͤmlich eine ware Faͤulnis, wie es jezzo ausgemacht iſt, in der That ein alkaliſches Weſen hervor, ſo wol an den Menſchenfaͤften, als im Kote der Thiere (f). So wie gegenteils eine vollſtaͤndige und zu Ende gebrachte Faͤul-
nis
(x)[Spaltenumbruch]p. 322.
(y)REAUMUR Mém. de 1752. p. 453. 471. 473. 485.
(z)p. 485. 486. 487.
(a)Conf. p. 335.
(b)BOERHAAV. Elem. Chem. c. 93. 94.
(c)L. XXIV.
(d)[Spaltenumbruch]GABER miſcell. Taurin. T. I. p. 84.
(e)HOME agricult. p. 83. DOSSIE introd. p. 66. p. 286. GABER ibid. p. 77. ſeqq.
(f) Jm Taubenkote erzeugt ſich von ſelbſt ein fluͤchtiges Salz HO- ME ibid.
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[468[484]/0504]
Der Magen. XIX. Buch.
daß anfaͤnglich in der Speiſe eine Saͤure, und nachher
aus der Saͤure eine Faͤulnis wird; welches uͤberhaupt
eben dieſen Speiſen wiederfahren wuͤrde, wenn man ſol-
che ſich ſelbſt uͤberlaſſen wollte, da auſſerdem alle hinzu-
gekommene menſchliche Saͤfte mehr Anteil an der Faͤul-
nis haben.
Doch es nimmt auch keine voͤllige Faͤulnis in dem
Menſchenmagen die Oberhand, ob ſie gleich folches an
allen lange liegenden Speiſen (x) und in Thieren thut,
welche blos vom Fleiſche leben.
Jn dem oft gedachten Falken waren die im Magen
zuruͤkkbehaltne Speiſen (y) nicht faul geworden, ob ſie
gleich unverdaut in der That ſtinken (z): und es geht der
Magenſaft mit den Speiſen in der That, wie wir ſagen
werden, in ein uͤbel riechendes Weſen uͤber (a).
Es iſt ferner gewis, daß die Maſſe der Speiſen,
welche aus dem Magen kommen (b), ohne eine vorzuͤgli-
che Saͤure, und ohne eine voͤllige Faͤulnis befunden wird:
eben ſo wenig hat ſie alkaliſche Eigenſchaften (c); ſie brau-
ſet nicht mit ſauren Dingen und hat nicht viel Saͤure (d)
bei ſich, auch nachdem ſchon das Gedaͤrme das ſeinige
dabei gethan; und ſie ſtinket noch nicht, ſo lange ſie im
duͤnnen Gedaͤrme ſtekkt. Und dennoch entſtehet der Ge-
ſtank ehe, als ſie alkaliſcher Art wird (e). Es bringt
naͤmlich eine ware Faͤulnis, wie es jezzo ausgemacht iſt,
in der That ein alkaliſches Weſen hervor, ſo wol an den
Menſchenfaͤften, als im Kote der Thiere (f). So wie
gegenteils eine vollſtaͤndige und zu Ende gebrachte Faͤul-
nis
(x)
p. 322.
(y) REAUMUR Mém. de 1752.
p. 453. 471. 473. 485.
(z) p. 485. 486. 487.
(a) Conf. p. 335.
(b) BOERHAAV. Elem. Chem.
c. 93. 94.
(c) L. XXIV.
(d)
GABER miſcell. Taurin.
T. I. p. 84.
(e) HOME agricult. p. 83.
DOSSIE introd. p. 66. p. 286.
GABER ibid. p. 77. ſeqq.
(f) Jm Taubenkote erzeugt ſich
von ſelbſt ein fluͤchtiges Salz HO-
ME ibid.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 468[484]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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