Hieraus ersiehet man, daß schon die Leber allein zur Verfertigung der Galle hinlänglich sey: und wenn man den innerlichen Besichtigungen Glauben beimessen darf, so scheint sich die Natur damit zu begnügen, daß sie an dem gemeinschaftlichen Gange der Galle eine Niederla- ge (k), und einen Teich zur Aufnahme der Galle ange- legt hat (l). Es zeiget sich nämlich im Taumler (del- phinus) der gemeinschaftliche Gallengang eiförmig er- weitert, und mit Runzeln und Fächern versehen (m). Es waren bis sechs Bläschen an der Stelle der wahren Gallenblase, welche fehlte, in einem Menschen zugegen (n). Jn der Fischotter hat der Gallenblasengang ein Anhäng- sel (n*). Jn andern Menschen, die ohne Gallenblase waren, war wenigstens der gemeinschaftliche Gallengang grösser (o): und so findet man ihn in den jungen Bök- ken (p), in der Seekuh (q), und im Stachelthiere (r).
Warum aber einige Thiere keine Gallenblase haben, davon läst sich nicht leicht eine Ursache angeben. Ari- stoteles will, daß diejenige eine Galle haben, deren Blut nicht rein ist (s). Warum soll aber der Ochse ein reineres Blut haben als das Pferd? Jm Mäusege- schlechte haben einige eine Gallenblase, andre hingegen keine. Unter dem Geschlechte der Hirsche hat kein ein- ziges eine Gallenblase, daß also das Moschthier (t), und der Bokk Stepnoisarai (u), so wie die Gemse (w), nicht zu den Hirschen zu gehören scheinen.
Viel-
(k)[Spaltenumbruch]HARTMANN de bile c. 2. Auch in der Natter ist ein bullus des ductus choledochi zugegen FANTON p. 10.
(l)FANTON I. c. sehr weite Gallenkanäle hat REDI I. c. p. 112. 113.
(m)BERTRANDI p. 28 29.
(n)TARGIONI Hist. de l'Acad. 1705. n. 9.
(n*)CALDESI.
(o)[Spaltenumbruch]TARGIONI Hist. de l'Acad. 1705. n. 9.
(p)HARDER I. c.
(q)Nov Comm. Petr. I. c.
(r)SARAZIN I. c.
(s)Part. anim. L. IV. c. 2.
(t)Nov. Comm. Petr. T. IV. p. 403.
(u)ibid. p. 391.
(w)PARIS.
C c c 2
II. Abſchn. Jhr Bau.
Hieraus erſiehet man, daß ſchon die Leber allein zur Verfertigung der Galle hinlaͤnglich ſey: und wenn man den innerlichen Beſichtigungen Glauben beimeſſen darf, ſo ſcheint ſich die Natur damit zu begnuͤgen, daß ſie an dem gemeinſchaftlichen Gange der Galle eine Niederla- ge (k), und einen Teich zur Aufnahme der Galle ange- legt hat (l). Es zeiget ſich naͤmlich im Taumler (del- phinus) der gemeinſchaftliche Gallengang eifoͤrmig er- weitert, und mit Runzeln und Faͤchern verſehen (m). Es waren bis ſechs Blaͤschen an der Stelle der wahren Gallenblaſe, welche fehlte, in einem Menſchen zugegen (n). Jn der Fiſchotter hat der Gallenblaſengang ein Anhaͤng- ſel (n*). Jn andern Menſchen, die ohne Gallenblaſe waren, war wenigſtens der gemeinſchaftliche Gallengang groͤſſer (o): und ſo findet man ihn in den jungen Boͤk- ken (p), in der Seekuh (q), und im Stachelthiere (r).
Warum aber einige Thiere keine Gallenblaſe haben, davon laͤſt ſich nicht leicht eine Urſache angeben. Ari- ſtoteles will, daß diejenige eine Galle haben, deren Blut nicht rein iſt (s). Warum ſoll aber der Ochſe ein reineres Blut haben als das Pferd? Jm Maͤuſege- ſchlechte haben einige eine Gallenblaſe, andre hingegen keine. Unter dem Geſchlechte der Hirſche hat kein ein- ziges eine Gallenblaſe, daß alſo das Moſchthier (t), und der Bokk Stepnoiſarai (u), ſo wie die Gemſe (w), nicht zu den Hirſchen zu gehoͤren ſcheinen.
Viel-
(k)[Spaltenumbruch]HARTMANN de bile c. 2. Auch in der Natter iſt ein bullus des ductus choledochi zugegen FANTON p. 10.
(l)FANTON I. c. ſehr weite Gallenkanaͤle hat REDI I. c. p. 112. 113.
(m)BERTRANDI p. 28 29.
(n)TARGIONI Hiſt. de l’Acad. 1705. n. 9.
(n*)CALDESI.
(o)[Spaltenumbruch]TARGIONI Hiſt. de l’Acad. 1705. n. 9.
(p)HARDER I. c.
(q)Nov Comm. Petr. I. c.
(r)SARAZIN I. c.
(s)Part. anim. L. IV. c. 2.
(t)Nov. Comm. Petr. T. IV. p. 403.
(u)ibid. p. 391.
(w)PARIS.
C c c 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0791"n="755[771]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſchn. Jhr Bau.</hi></fw><lb/><p>Hieraus erſiehet man, daß ſchon die Leber allein zur<lb/>
Verfertigung der Galle hinlaͤnglich ſey: und wenn man<lb/>
den innerlichen Beſichtigungen Glauben beimeſſen darf,<lb/>ſo ſcheint ſich die Natur damit zu begnuͤgen, daß ſie an<lb/>
dem gemeinſchaftlichen Gange der Galle eine Niederla-<lb/>
ge <noteplace="foot"n="(k)"><cb/><hirendition="#aq">HARTMANN de bile c.</hi> 2.<lb/>
Auch in der Natter iſt ein <hirendition="#aq">bullus</hi><lb/>
des <hirendition="#aq">ductus choledochi</hi> zugegen<lb/><hirendition="#aq">FANTON p.</hi> 10.</note>, und einen Teich zur Aufnahme der Galle ange-<lb/>
legt hat <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">FANTON I. c.</hi>ſehr weite<lb/>
Gallenkanaͤle hat <hirendition="#aq"><hirendition="#g">REDI</hi> I. c.<lb/>
p.</hi> 112. 113.</note>. Es zeiget ſich naͤmlich im Taumler (<hirendition="#aq">del-<lb/>
phinus</hi>) der gemeinſchaftliche Gallengang eifoͤrmig er-<lb/>
weitert, und mit Runzeln und Faͤchern verſehen <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq">BERTRANDI p.</hi> 28 29.</note>.<lb/>
Es waren bis ſechs Blaͤschen an der Stelle der wahren<lb/>
Gallenblaſe, welche fehlte, in einem Menſchen zugegen <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">TARGIONI Hiſt. de l’Acad.<lb/>
1705. n.</hi> 9.</note>.<lb/>
Jn der Fiſchotter hat der Gallenblaſengang ein Anhaͤng-<lb/>ſel <noteplace="foot"n="(n*)"><hirendition="#aq">CALDESI.</hi></note>. Jn andern Menſchen, die ohne Gallenblaſe<lb/>
waren, war wenigſtens der gemeinſchaftliche Gallengang<lb/>
groͤſſer <noteplace="foot"n="(o)"><cb/><hirendition="#aq">TARGIONI Hiſt. de l’Acad.<lb/>
1705. n.</hi> 9.</note>: und ſo findet man ihn in den jungen Boͤk-<lb/>
ken <noteplace="foot"n="(p)"><hirendition="#aq">HARDER I. c.</hi></note>, in der Seekuh <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">Nov Comm. Petr. I. c.</hi></note>, und im Stachelthiere <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">SARAZIN I. c.</hi></note>.</p><lb/><p>Warum aber einige Thiere keine Gallenblaſe haben,<lb/>
davon laͤſt ſich nicht leicht eine Urſache angeben. <hirendition="#fr">Ari-<lb/>ſtoteles</hi> will, daß diejenige eine Galle haben, deren<lb/>
Blut nicht rein iſt <noteplace="foot"n="(s)"><hirendition="#aq">Part. anim. L. IV. c.</hi> 2.</note>. Warum ſoll aber der Ochſe<lb/>
ein reineres Blut haben als das Pferd? Jm Maͤuſege-<lb/>ſchlechte haben einige eine Gallenblaſe, andre hingegen<lb/>
keine. Unter dem Geſchlechte der Hirſche hat kein ein-<lb/>
ziges eine Gallenblaſe, daß alſo das Moſchthier <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">Nov. Comm. Petr. T. IV.<lb/>
p.</hi> 403.</note>, und<lb/>
der Bokk Stepnoiſarai <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">ibid. p.</hi> 391.</note>, ſo wie die Gemſe <noteplace="foot"n="(w)"><hirendition="#aq">PARIS.</hi></note>, nicht<lb/>
zu den Hirſchen zu gehoͤren ſcheinen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c c 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Viel-</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[755[771]/0791]
II. Abſchn. Jhr Bau.
Hieraus erſiehet man, daß ſchon die Leber allein zur
Verfertigung der Galle hinlaͤnglich ſey: und wenn man
den innerlichen Beſichtigungen Glauben beimeſſen darf,
ſo ſcheint ſich die Natur damit zu begnuͤgen, daß ſie an
dem gemeinſchaftlichen Gange der Galle eine Niederla-
ge (k), und einen Teich zur Aufnahme der Galle ange-
legt hat (l). Es zeiget ſich naͤmlich im Taumler (del-
phinus) der gemeinſchaftliche Gallengang eifoͤrmig er-
weitert, und mit Runzeln und Faͤchern verſehen (m).
Es waren bis ſechs Blaͤschen an der Stelle der wahren
Gallenblaſe, welche fehlte, in einem Menſchen zugegen (n).
Jn der Fiſchotter hat der Gallenblaſengang ein Anhaͤng-
ſel (n*). Jn andern Menſchen, die ohne Gallenblaſe
waren, war wenigſtens der gemeinſchaftliche Gallengang
groͤſſer (o): und ſo findet man ihn in den jungen Boͤk-
ken (p), in der Seekuh (q), und im Stachelthiere (r).
Warum aber einige Thiere keine Gallenblaſe haben,
davon laͤſt ſich nicht leicht eine Urſache angeben. Ari-
ſtoteles will, daß diejenige eine Galle haben, deren
Blut nicht rein iſt (s). Warum ſoll aber der Ochſe
ein reineres Blut haben als das Pferd? Jm Maͤuſege-
ſchlechte haben einige eine Gallenblaſe, andre hingegen
keine. Unter dem Geſchlechte der Hirſche hat kein ein-
ziges eine Gallenblaſe, daß alſo das Moſchthier (t), und
der Bokk Stepnoiſarai (u), ſo wie die Gemſe (w), nicht
zu den Hirſchen zu gehoͤren ſcheinen.
Viel-
(k)
HARTMANN de bile c. 2.
Auch in der Natter iſt ein bullus
des ductus choledochi zugegen
FANTON p. 10.
(l) FANTON I. c. ſehr weite
Gallenkanaͤle hat REDI I. c.
p. 112. 113.
(m) BERTRANDI p. 28 29.
(n) TARGIONI Hiſt. de l’Acad.
1705. n. 9.
(n*) CALDESI.
(o)
TARGIONI Hiſt. de l’Acad.
1705. n. 9.
(p) HARDER I. c.
(q) Nov Comm. Petr. I. c.
(r) SARAZIN I. c.
(s) Part. anim. L. IV. c. 2.
(t) Nov. Comm. Petr. T. IV.
p. 403.
(u) ibid. p. 391.
(w) PARIS.
C c c 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 755[771]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/791>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.