Anfänglich müssen wir feste sezzen, was man unter dem Namen, Galle, für eine Flüßigkeit zu verstehen ha- be. Gemeiniglich nennen wir alle Flüßigkeiten so, die entweder in der Gallenblase, oder in den Gefässen, so sich von der Leber gegen den Zwölffingerdarm öffnen, ent- halten sind. Vor kurzem trat noch Vieussen mit sei- ner Erklärung auf (a), daß alles dasjenige Flieswasser genannt zu werden verdiene, was in der Leber vor- kömmt, und es sey die Leber folglich das vornemste Durch- seyhinstrument für die Limphe (b).
Hieraus folgt, wenn wir nach diesen Begriffen re- den wollen, daß es ziemlich viel Thiere, nämlich alle diejenige, ohne Galle gebe, denen eine, von der Leber verschiedne Gallenblase von der Natur abgesprochen wor- den. Und dieses läst sich alsdenn nicht wohl sagen, wenn einige unter diesen Thieren eine wirkliche und bittre Galle, als der Hirsch, oder Elephant, in der Leber ha- ben (c)(d).
Folglich ist das Galle, was aus der Leber durch die Gallengänge ausfliest; nur ist noch zu fragen übrig, ob
sie
(a)[Spaltenumbruch]Obs. d'anatom. & de me- dec. prat. p. 171. 173. ein wenig Galle bekomme sie von den cysti- schen Aesten p. 171.
(b)p. 218.
(c)[Spaltenumbruch]
das Gedärme der Hirschen ist sehr bitter ARISTOTELES hist. anim. L. II. c. 15. die Leber etwas bitter. DOEBEL Jaeger prat. p. 13.
(d)MOULINS.
H. Phisiol. 6. B. E e e
Dritter Abſchnitt. Die Galle.
§. 1. Ob es eine gedoppelte Galle gebe.
Anfaͤnglich muͤſſen wir feſte ſezzen, was man unter dem Namen, Galle, fuͤr eine Fluͤßigkeit zu verſtehen ha- be. Gemeiniglich nennen wir alle Fluͤßigkeiten ſo, die entweder in der Gallenblaſe, oder in den Gefaͤſſen, ſo ſich von der Leber gegen den Zwoͤlffingerdarm oͤffnen, ent- halten ſind. Vor kurzem trat noch Vieuſſen mit ſei- ner Erklaͤrung auf (a), daß alles dasjenige Flieswaſſer genannt zu werden verdiene, was in der Leber vor- koͤmmt, und es ſey die Leber folglich das vornemſte Durch- ſeyhinſtrument fuͤr die Limphe (b).
Hieraus folgt, wenn wir nach dieſen Begriffen re- den wollen, daß es ziemlich viel Thiere, naͤmlich alle diejenige, ohne Galle gebe, denen eine, von der Leber verſchiedne Gallenblaſe von der Natur abgeſprochen wor- den. Und dieſes laͤſt ſich alsdenn nicht wohl ſagen, wenn einige unter dieſen Thieren eine wirkliche und bittre Galle, als der Hirſch, oder Elephant, in der Leber ha- ben (c)(d).
Folglich iſt das Galle, was aus der Leber durch die Gallengaͤnge ausflieſt; nur iſt noch zu fragen uͤbrig, ob
ſie
(a)[Spaltenumbruch]Obſ. d’anatom. & de me- dec. prat. p. 171. 173. ein wenig Galle bekomme ſie von den cyſti- ſchen Aeſten p. 171.
(b)p. 218.
(c)[Spaltenumbruch]
das Gedaͤrme der Hirſchen iſt ſehr bitter ARISTOTELES hiſt. anim. L. II. c. 15. die Leber etwas bitter. DOEBEL Jæger prat. p. 13.
(d)MOULINS.
H. Phiſiol. 6. B. E e e
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0821"n="801"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Dritter Abſchnitt.<lb/><hirendition="#g">Die Galle.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>§. 1.<lb/><hirendition="#b">Ob es eine gedoppelte Galle gebe.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">A</hi>nfaͤnglich muͤſſen wir feſte ſezzen, was man unter dem<lb/>
Namen, Galle, fuͤr eine Fluͤßigkeit zu verſtehen ha-<lb/>
be. Gemeiniglich nennen wir alle Fluͤßigkeiten ſo, die<lb/>
entweder in der Gallenblaſe, oder in den Gefaͤſſen, ſo<lb/>ſich von der Leber gegen den Zwoͤlffingerdarm oͤffnen, ent-<lb/>
halten ſind. Vor kurzem trat noch <hirendition="#fr">Vieuſſen</hi> mit ſei-<lb/>
ner Erklaͤrung auf <noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#aq">Obſ. d’anatom. & de me-<lb/>
dec. prat. p.</hi> 171. 173. ein wenig<lb/>
Galle bekomme ſie von den cyſti-<lb/>ſchen Aeſten <hirendition="#aq">p.</hi> 171.</note>, daß alles dasjenige Flieswaſſer<lb/>
genannt zu werden verdiene, was in der Leber vor-<lb/>
koͤmmt, und es ſey die Leber folglich das vornemſte Durch-<lb/>ſeyhinſtrument fuͤr die Limphe <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">p.</hi> 218.</note>.</p><lb/><p>Hieraus folgt, wenn wir nach dieſen Begriffen re-<lb/>
den wollen, daß es ziemlich viel Thiere, naͤmlich alle<lb/>
diejenige, ohne Galle gebe, denen eine, von der Leber<lb/>
verſchiedne Gallenblaſe von der Natur abgeſprochen wor-<lb/>
den. Und dieſes laͤſt ſich alsdenn nicht wohl ſagen,<lb/>
wenn einige unter dieſen Thieren eine wirkliche und bittre<lb/>
Galle, als der Hirſch, oder Elephant, in der Leber ha-<lb/>
ben <noteplace="foot"n="(c)"><cb/>
das Gedaͤrme der Hirſchen<lb/>
iſt ſehr bitter <hirendition="#aq">ARISTOTELES hiſt.<lb/>
anim. L. II. c.</hi> 15. die Leber etwas<lb/>
bitter. <hirendition="#aq">DOEBEL Jæger prat. p.</hi> 13.</note><noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq">MOULINS.</hi></note>.</p><lb/><p>Folglich iſt das Galle, was aus der Leber durch die<lb/>
Gallengaͤnge ausflieſt; nur iſt noch zu fragen uͤbrig, ob<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſie</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">H. Phiſiol. 6. B.</hi> E e e</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[801/0821]
Dritter Abſchnitt.
Die Galle.
§. 1.
Ob es eine gedoppelte Galle gebe.
Anfaͤnglich muͤſſen wir feſte ſezzen, was man unter dem
Namen, Galle, fuͤr eine Fluͤßigkeit zu verſtehen ha-
be. Gemeiniglich nennen wir alle Fluͤßigkeiten ſo, die
entweder in der Gallenblaſe, oder in den Gefaͤſſen, ſo
ſich von der Leber gegen den Zwoͤlffingerdarm oͤffnen, ent-
halten ſind. Vor kurzem trat noch Vieuſſen mit ſei-
ner Erklaͤrung auf (a), daß alles dasjenige Flieswaſſer
genannt zu werden verdiene, was in der Leber vor-
koͤmmt, und es ſey die Leber folglich das vornemſte Durch-
ſeyhinſtrument fuͤr die Limphe (b).
Hieraus folgt, wenn wir nach dieſen Begriffen re-
den wollen, daß es ziemlich viel Thiere, naͤmlich alle
diejenige, ohne Galle gebe, denen eine, von der Leber
verſchiedne Gallenblaſe von der Natur abgeſprochen wor-
den. Und dieſes laͤſt ſich alsdenn nicht wohl ſagen,
wenn einige unter dieſen Thieren eine wirkliche und bittre
Galle, als der Hirſch, oder Elephant, in der Leber ha-
ben (c) (d).
Folglich iſt das Galle, was aus der Leber durch die
Gallengaͤnge ausflieſt; nur iſt noch zu fragen uͤbrig, ob
ſie
(a)
Obſ. d’anatom. & de me-
dec. prat. p. 171. 173. ein wenig
Galle bekomme ſie von den cyſti-
ſchen Aeſten p. 171.
(b) p. 218.
(c)
das Gedaͤrme der Hirſchen
iſt ſehr bitter ARISTOTELES hiſt.
anim. L. II. c. 15. die Leber etwas
bitter. DOEBEL Jæger prat. p. 13.
(d) MOULINS.
H. Phiſiol. 6. B. E e e
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/821>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.