Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gedärme. XXIV. Buch.
folgt sey, so kann man nicht leicht eine andre Ursache von
diesem Erfolge, als den Bau der Theile selbst angeben.

Jch sehe auch aus dem Bau der zottigen Haut ein,
wie rothe Blutadern einen etwas zu dikken Saft abwei-
sen, und nur den allerfeinsten in sich(c) saugen können.
Da nämlich das Milchsäkkchen den Chilus in sich sau-
get; und sich in dieses Säkkchen eine grosse Menge höchst
kleiner Gefässe, die zum einsaugen tüchtig sind, so wie
ausdünstende Gesässe, eröfnet, so siehet man leicht ein,
daß ein jedes einsaugende. Gefäschen um einen sehr gros-
sen Theil kleiner, als das Milchsäkkchen sey.

Hier könnte man einwenden, warum die Eisenerde
vielmehr von den rothen Blutadern, als von den weis-
sen (d) eingesogen werde? Nothwendig müste also diese
Erde, wenn sie in die Blutadern des saugenden Darms
eingesogen wird, zur höchsten Zartheit gebracht, und
in einer unendlichen Menge von Feuchtigkeit verdünnet
worden seyn.

Es läst sich auch glauben, daß viele faule Theile
von diesen Blutadern aufgesogen werden. Diese schei-
nen nicht in den Chilus zu gehen, weil derselbe süs, und
etwas säuerlich ist. Und dennoch trokknet der höchststin-
kende Koth bei Leuten, welche einen verstopften Leib ha-
ben, gänzlich aus, ob er gleich in flüßiger Gestalt aus-
geworfen seyn würde, wenn er sich nicht verhalten hätte.
Dahingegen pflegen Thiere, die ein kurzes Gedärm ha-
ben, und bey denen, die Speisen in geschwinder Zeit
durch den Darmkanal gehen, wo also die Fäulnis we-
niger Macht hat, dennoch einen stinkenden Koth von
sich zu geben, der viel flüßiger ist, weil die stinkende
Theile nicht ausgesogen worden. Wir haben davon

ganz
(c) [Spaltenumbruch] LUDWIG physiol. n. 421.
(d) MENGHINI Comm. Bonon.
T. II. P. 3. I. c.
daß das an seinen
glänzenden Kernchen sichtbare Ei-
sen in der Pfortader vorkomme,
[Spaltenumbruch] daß der dikkere Theil durch die
rote Blutader wieder eingesogen
werde, hat Cl. AUZOUT Epist.
post. PECQUET p.
209. vor diesen
neuern Versuchen vermutet.

Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
folgt ſey, ſo kann man nicht leicht eine andre Urſache von
dieſem Erfolge, als den Bau der Theile ſelbſt angeben.

Jch ſehe auch aus dem Bau der zottigen Haut ein,
wie rothe Blutadern einen etwas zu dikken Saft abwei-
ſen, und nur den allerfeinſten in ſich(c) ſaugen koͤnnen.
Da naͤmlich das Milchſaͤkkchen den Chilus in ſich ſau-
get; und ſich in dieſes Saͤkkchen eine groſſe Menge hoͤchſt
kleiner Gefaͤſſe, die zum einſaugen tuͤchtig ſind, ſo wie
ausduͤnſtende Geſaͤſſe, eroͤfnet, ſo ſiehet man leicht ein,
daß ein jedes einſaugende. Gefaͤschen um einen ſehr groſ-
ſen Theil kleiner, als das Milchſaͤkkchen ſey.

Hier koͤnnte man einwenden, warum die Eiſenerde
vielmehr von den rothen Blutadern, als von den weiſ-
ſen (d) eingeſogen werde? Nothwendig muͤſte alſo dieſe
Erde, wenn ſie in die Blutadern des ſaugenden Darms
eingeſogen wird, zur hoͤchſten Zartheit gebracht, und
in einer unendlichen Menge von Feuchtigkeit verduͤnnet
worden ſeyn.

Es laͤſt ſich auch glauben, daß viele faule Theile
von dieſen Blutadern aufgeſogen werden. Dieſe ſchei-
nen nicht in den Chilus zu gehen, weil derſelbe ſuͤs, und
etwas ſaͤuerlich iſt. Und dennoch trokknet der hoͤchſtſtin-
kende Koth bei Leuten, welche einen verſtopften Leib ha-
ben, gaͤnzlich aus, ob er gleich in fluͤßiger Geſtalt aus-
geworfen ſeyn wuͤrde, wenn er ſich nicht verhalten haͤtte.
Dahingegen pflegen Thiere, die ein kurzes Gedaͤrm ha-
ben, und bey denen, die Speiſen in geſchwinder Zeit
durch den Darmkanal gehen, wo alſo die Faͤulnis we-
niger Macht hat, dennoch einen ſtinkenden Koth von
ſich zu geben, der viel fluͤßiger iſt, weil die ſtinkende
Theile nicht ausgeſogen worden. Wir haben davon

ganz
(c) [Spaltenumbruch] LUDWIG phyſiol. n. 421.
(d) MENGHINI Comm. Bonon.
T. II. P. 3. I. c.
daß das an ſeinen
glaͤnzenden Kernchen ſichtbare Ei-
ſen in der Pfortader vorkomme,
[Spaltenumbruch] daß der dikkere Theil durch die
rote Blutader wieder eingeſogen
werde, hat Cl. AUZOUT Epiſt.
poſt. PECQUET p.
209. vor dieſen
neuern Verſuchen vermutet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0140" n="104"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Geda&#x0364;rme. <hi rendition="#aq">XXIV.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
folgt &#x017F;ey, &#x017F;o kann man nicht leicht eine andre Ur&#x017F;ache von<lb/>
die&#x017F;em Erfolge, als den Bau der Theile &#x017F;elb&#x017F;t angeben.</p><lb/>
              <p>Jch &#x017F;ehe auch aus dem Bau der zottigen Haut ein,<lb/>
wie rothe Blutadern einen etwas zu dikken Saft abwei-<lb/>
&#x017F;en, und nur den allerfein&#x017F;ten in &#x017F;ich<note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq">LUDWIG phy&#x017F;iol. n.</hi> 421.</note> &#x017F;augen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Da na&#x0364;mlich das Milch&#x017F;a&#x0364;kkchen den Chilus in &#x017F;ich &#x017F;au-<lb/>
get; und &#x017F;ich in die&#x017F;es Sa&#x0364;kkchen eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
kleiner Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die zum ein&#x017F;augen tu&#x0364;chtig &#x017F;ind, &#x017F;o wie<lb/>
ausdu&#x0364;n&#x017F;tende Ge&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, ero&#x0364;fnet, &#x017F;o &#x017F;iehet man leicht ein,<lb/>
daß ein jedes ein&#x017F;augende. Gefa&#x0364;schen um einen &#x017F;ehr gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Theil kleiner, als das Milch&#x017F;a&#x0364;kkchen &#x017F;ey.</p><lb/>
              <p>Hier ko&#x0364;nnte man einwenden, warum die Ei&#x017F;enerde<lb/>
vielmehr von den rothen Blutadern, als von den wei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">MENGHINI Comm. Bonon.<lb/>
T. II. P. 3. I. c.</hi> daß das an &#x017F;einen<lb/>
gla&#x0364;nzenden Kernchen &#x017F;ichtbare Ei-<lb/>
&#x017F;en in der Pfortader vorkomme,<lb/><cb/>
daß der dikkere Theil durch die<lb/>
rote Blutader wieder einge&#x017F;ogen<lb/>
werde, hat <hi rendition="#aq">Cl. AUZOUT Epi&#x017F;t.<lb/>
po&#x017F;t. PECQUET p.</hi> 209. vor die&#x017F;en<lb/>
neuern Ver&#x017F;uchen vermutet.</note> einge&#x017F;ogen werde? Nothwendig mu&#x0364;&#x017F;te al&#x017F;o die&#x017F;e<lb/>
Erde, wenn &#x017F;ie in die Blutadern des &#x017F;augenden Darms<lb/>
einge&#x017F;ogen wird, zur ho&#x0364;ch&#x017F;ten Zartheit gebracht, und<lb/>
in einer unendlichen Menge von Feuchtigkeit verdu&#x0364;nnet<lb/>
worden &#x017F;eyn.</p><lb/>
              <p>Es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich auch glauben, daß viele faule Theile<lb/>
von die&#x017F;en Blutadern aufge&#x017F;ogen werden. Die&#x017F;e &#x017F;chei-<lb/>
nen nicht in den Chilus zu gehen, weil der&#x017F;elbe &#x017F;u&#x0364;s, und<lb/>
etwas &#x017F;a&#x0364;uerlich i&#x017F;t. Und dennoch trokknet der ho&#x0364;ch&#x017F;t&#x017F;tin-<lb/>
kende Koth bei Leuten, welche einen ver&#x017F;topften Leib ha-<lb/>
ben, ga&#x0364;nzlich aus, ob er gleich in flu&#x0364;ßiger Ge&#x017F;talt aus-<lb/>
geworfen &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn er &#x017F;ich nicht verhalten ha&#x0364;tte.<lb/>
Dahingegen pflegen Thiere, die ein kurzes Geda&#x0364;rm ha-<lb/>
ben, und bey denen, die Spei&#x017F;en in ge&#x017F;chwinder Zeit<lb/>
durch den Darmkanal gehen, wo al&#x017F;o die Fa&#x0364;ulnis we-<lb/>
niger Macht hat, dennoch einen &#x017F;tinkenden Koth von<lb/>
&#x017F;ich zu geben, der viel flu&#x0364;ßiger i&#x017F;t, weil die &#x017F;tinkende<lb/>
Theile nicht ausge&#x017F;ogen worden. Wir haben davon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ganz</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0140] Das Gedaͤrme. XXIV. Buch. folgt ſey, ſo kann man nicht leicht eine andre Urſache von dieſem Erfolge, als den Bau der Theile ſelbſt angeben. Jch ſehe auch aus dem Bau der zottigen Haut ein, wie rothe Blutadern einen etwas zu dikken Saft abwei- ſen, und nur den allerfeinſten in ſich (c) ſaugen koͤnnen. Da naͤmlich das Milchſaͤkkchen den Chilus in ſich ſau- get; und ſich in dieſes Saͤkkchen eine groſſe Menge hoͤchſt kleiner Gefaͤſſe, die zum einſaugen tuͤchtig ſind, ſo wie ausduͤnſtende Geſaͤſſe, eroͤfnet, ſo ſiehet man leicht ein, daß ein jedes einſaugende. Gefaͤschen um einen ſehr groſ- ſen Theil kleiner, als das Milchſaͤkkchen ſey. Hier koͤnnte man einwenden, warum die Eiſenerde vielmehr von den rothen Blutadern, als von den weiſ- ſen (d) eingeſogen werde? Nothwendig muͤſte alſo dieſe Erde, wenn ſie in die Blutadern des ſaugenden Darms eingeſogen wird, zur hoͤchſten Zartheit gebracht, und in einer unendlichen Menge von Feuchtigkeit verduͤnnet worden ſeyn. Es laͤſt ſich auch glauben, daß viele faule Theile von dieſen Blutadern aufgeſogen werden. Dieſe ſchei- nen nicht in den Chilus zu gehen, weil derſelbe ſuͤs, und etwas ſaͤuerlich iſt. Und dennoch trokknet der hoͤchſtſtin- kende Koth bei Leuten, welche einen verſtopften Leib ha- ben, gaͤnzlich aus, ob er gleich in fluͤßiger Geſtalt aus- geworfen ſeyn wuͤrde, wenn er ſich nicht verhalten haͤtte. Dahingegen pflegen Thiere, die ein kurzes Gedaͤrm ha- ben, und bey denen, die Speiſen in geſchwinder Zeit durch den Darmkanal gehen, wo alſo die Faͤulnis we- niger Macht hat, dennoch einen ſtinkenden Koth von ſich zu geben, der viel fluͤßiger iſt, weil die ſtinkende Theile nicht ausgeſogen worden. Wir haben davon ganz (c) LUDWIG phyſiol. n. 421. (d) MENGHINI Comm. Bonon. T. II. P. 3. I. c. daß das an ſeinen glaͤnzenden Kernchen ſichtbare Ei- ſen in der Pfortader vorkomme, daß der dikkere Theil durch die rote Blutader wieder eingeſogen werde, hat Cl. AUZOUT Epiſt. poſt. PECQUET p. 209. vor dieſen neuern Verſuchen vermutet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/140
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/140>, abgerufen am 21.11.2024.