Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschn. Die Nieren, und deren Bau.
von Schlagadern sind, die sich durch keine Bekleidung
endigten, und durch blosse Bewegung im Wasser aufge-
löset würden. Es sind die Versuche des Vieussen von
eben diesem Erfolge(h). Albin wollte vormals nicht,
daß man diese Knäuel (i) an frischen Nieren finde, und
sie entstünden erst, wenn sich die Gefässe im Kornbrant-
weine zusammenzögen, und das Wachs von sich stiessen.
Ein andrer berühmter Mann beschreibt es etwas anders
[Spaltenumbruch] (k), und es sind nach ihm Plätze, so von Gefässen um-
schrieben worden, und Grundflächen von weissen Pira-
miden, so von dem Umkreise der Niere zum Wärzchen,
als zu einer Kegelspitze, zusammen laufen.

Die Natur sondert Harn von verschiedener Art ab,
nicht weil das Werkzeug dazu verschieden ist, sondern we-
gen der verschiednen Menge des Wassers im Harne.
Derjenige Harn, welchen man sogleich nach dem Was-
sertrinken weggiebt, ist allezeit dünne, und hat keine
Merkmale von einem starken und Drüsenhaften Harne.
Derjenige aber, welcher längere Zeit nach dem Trinken,
oder nach dem Schwizzen weggelassen wird, ist feuerroth,
scharf, und hat keine Spuren von einem klaren Urin
in sich.

Alle menschliche Säfte haben dieses mit einander ge-
mein, daß sie dünne sind, wenn sie sogleich nach der Ab-
sonderung weggehen, und dikke, wenn sie sich einige
Zeit im Körper verweilen.

Die Drüsen des vortreflichen Bertins habe ich selbst
sowol im Menschen als in Thieren gesehen, ich halte sie
aber für abgerissene (l) Gefässe, die sich zurücke ziehen,
und zu Knäuel bilden (m): daher erscheinen keine, wenn
man die Niere mit einem Messer zerschneidet. Es sind
auch die Theilchen viel zu gros, und zu derbe, sie haben

keine
(h) [Spaltenumbruch] p. 148. 149.
(i) Auch bei dem BEUDT l. c.
p. 12. LEISTER | de secret p.
10.
(k) FERREIN l. c. p. 502. 503.
(l) Auch DROYSEN. p. 26. 29.
(m) Idem ibid.

I. Abſchn. Die Nieren, und deren Bau.
von Schlagadern ſind, die ſich durch keine Bekleidung
endigten, und durch bloſſe Bewegung im Waſſer aufge-
loͤſet wuͤrden. Es ſind die Verſuche des Vieuſſen von
eben dieſem Erfolge(h). Albin wollte vormals nicht,
daß man dieſe Knaͤuel (i) an friſchen Nieren finde, und
ſie entſtuͤnden erſt, wenn ſich die Gefaͤſſe im Kornbrant-
weine zuſammenzoͤgen, und das Wachs von ſich ſtieſſen.
Ein andrer beruͤhmter Mann beſchreibt es etwas anders
[Spaltenumbruch] (k), und es ſind nach ihm Plaͤtze, ſo von Gefaͤſſen um-
ſchrieben worden, und Grundflaͤchen von weiſſen Pira-
miden, ſo von dem Umkreiſe der Niere zum Waͤrzchen,
als zu einer Kegelſpitze, zuſammen laufen.

Die Natur ſondert Harn von verſchiedener Art ab,
nicht weil das Werkzeug dazu verſchieden iſt, ſondern we-
gen der verſchiednen Menge des Waſſers im Harne.
Derjenige Harn, welchen man ſogleich nach dem Waſ-
ſertrinken weggiebt, iſt allezeit duͤnne, und hat keine
Merkmale von einem ſtarken und Druͤſenhaften Harne.
Derjenige aber, welcher laͤngere Zeit nach dem Trinken,
oder nach dem Schwizzen weggelaſſen wird, iſt feuerroth,
ſcharf, und hat keine Spuren von einem klaren Urin
in ſich.

Alle menſchliche Saͤfte haben dieſes mit einander ge-
mein, daß ſie duͤnne ſind, wenn ſie ſogleich nach der Ab-
ſonderung weggehen, und dikke, wenn ſie ſich einige
Zeit im Koͤrper verweilen.

Die Druͤſen des vortreflichen Bertins habe ich ſelbſt
ſowol im Menſchen als in Thieren geſehen, ich halte ſie
aber fuͤr abgeriſſene (l) Gefaͤſſe, die ſich zuruͤcke ziehen,
und zu Knaͤuel bilden (m): daher erſcheinen keine, wenn
man die Niere mit einem Meſſer zerſchneidet. Es ſind
auch die Theilchen viel zu gros, und zu derbe, ſie haben

keine
(h) [Spaltenumbruch] p. 148. 149.
(i) Auch bei dem BEUDT l. c.
p. 12. LEISTER | de ſecret p.
10.
(k) FERREIN l. c. p. 502. 503.
(l) Auch DROYSEN. p. 26. 29.
(m) Idem ibid.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0451" n="415"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Nieren, und deren Bau.</hi></fw><lb/>
von Schlagadern &#x017F;ind, die &#x017F;ich durch keine Bekleidung<lb/>
endigten, und durch blo&#x017F;&#x017F;e Bewegung im Wa&#x017F;&#x017F;er aufge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;et wu&#x0364;rden. Es &#x017F;ind die Ver&#x017F;uche des <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;en</hi> von<lb/>
eben die&#x017F;em Erfolge<note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 148. 149.</note>. <hi rendition="#fr">Albin</hi> wollte vormals nicht,<lb/>
daß man die&#x017F;e Kna&#x0364;uel <note place="foot" n="(i)">Auch bei dem <hi rendition="#aq">BEUDT l. c.<lb/>
p. 12. LEISTER | de &#x017F;ecret p.</hi> 10.</note> an fri&#x017F;chen Nieren finde, und<lb/>
&#x017F;ie ent&#x017F;tu&#x0364;nden er&#x017F;t, wenn &#x017F;ich die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e im Kornbrant-<lb/>
weine zu&#x017F;ammenzo&#x0364;gen, und das Wachs von &#x017F;ich &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Ein andrer beru&#x0364;hmter Mann be&#x017F;chreibt es etwas anders<lb/><cb/>
<note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">FERREIN l. c. p.</hi> 502. 503.</note>, und es &#x017F;ind nach ihm Pla&#x0364;tze, &#x017F;o von Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en um-<lb/>
&#x017F;chrieben worden, und Grundfla&#x0364;chen von wei&#x017F;&#x017F;en Pira-<lb/>
miden, &#x017F;o von dem Umkrei&#x017F;e der Niere zum Wa&#x0364;rzchen,<lb/>
als zu einer Kegel&#x017F;pitze, zu&#x017F;ammen laufen.</p><lb/>
              <p>Die Natur &#x017F;ondert Harn von ver&#x017F;chiedener Art ab,<lb/>
nicht weil das Werkzeug dazu ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, &#x017F;ondern we-<lb/>
gen der ver&#x017F;chiednen Menge des Wa&#x017F;&#x017F;ers im Harne.<lb/>
Derjenige Harn, welchen man &#x017F;ogleich nach dem Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ertrinken weggiebt, i&#x017F;t allezeit du&#x0364;nne, und hat keine<lb/>
Merkmale von einem &#x017F;tarken und Dru&#x0364;&#x017F;enhaften Harne.<lb/>
Derjenige aber, welcher la&#x0364;ngere Zeit nach dem Trinken,<lb/>
oder nach dem Schwizzen weggela&#x017F;&#x017F;en wird, i&#x017F;t feuerroth,<lb/>
&#x017F;charf, und hat keine Spuren von einem klaren Urin<lb/>
in &#x017F;ich.</p><lb/>
              <p>Alle men&#x017F;chliche Sa&#x0364;fte haben die&#x017F;es mit einander ge-<lb/>
mein, daß &#x017F;ie du&#x0364;nne &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie &#x017F;ogleich nach der Ab-<lb/>
&#x017F;onderung weggehen, und dikke, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich einige<lb/>
Zeit im Ko&#x0364;rper verweilen.</p><lb/>
              <p>Die Dru&#x0364;&#x017F;en des vortreflichen <hi rendition="#fr">Bertins</hi> habe ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;owol im Men&#x017F;chen als in Thieren ge&#x017F;ehen, ich halte &#x017F;ie<lb/>
aber fu&#x0364;r abgeri&#x017F;&#x017F;ene <note place="foot" n="(l)">Auch <hi rendition="#aq">DROYSEN. p.</hi> 26. 29.</note> Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die &#x017F;ich zuru&#x0364;cke ziehen,<lb/>
und zu Kna&#x0364;uel bilden <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Idem</hi> ibid.</hi></note>: daher er&#x017F;cheinen keine, wenn<lb/>
man die Niere mit einem Me&#x017F;&#x017F;er zer&#x017F;chneidet. Es &#x017F;ind<lb/>
auch die Theilchen viel zu gros, und zu derbe, &#x017F;ie haben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keine</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0451] I. Abſchn. Die Nieren, und deren Bau. von Schlagadern ſind, die ſich durch keine Bekleidung endigten, und durch bloſſe Bewegung im Waſſer aufge- loͤſet wuͤrden. Es ſind die Verſuche des Vieuſſen von eben dieſem Erfolge (h). Albin wollte vormals nicht, daß man dieſe Knaͤuel (i) an friſchen Nieren finde, und ſie entſtuͤnden erſt, wenn ſich die Gefaͤſſe im Kornbrant- weine zuſammenzoͤgen, und das Wachs von ſich ſtieſſen. Ein andrer beruͤhmter Mann beſchreibt es etwas anders (k), und es ſind nach ihm Plaͤtze, ſo von Gefaͤſſen um- ſchrieben worden, und Grundflaͤchen von weiſſen Pira- miden, ſo von dem Umkreiſe der Niere zum Waͤrzchen, als zu einer Kegelſpitze, zuſammen laufen. Die Natur ſondert Harn von verſchiedener Art ab, nicht weil das Werkzeug dazu verſchieden iſt, ſondern we- gen der verſchiednen Menge des Waſſers im Harne. Derjenige Harn, welchen man ſogleich nach dem Waſ- ſertrinken weggiebt, iſt allezeit duͤnne, und hat keine Merkmale von einem ſtarken und Druͤſenhaften Harne. Derjenige aber, welcher laͤngere Zeit nach dem Trinken, oder nach dem Schwizzen weggelaſſen wird, iſt feuerroth, ſcharf, und hat keine Spuren von einem klaren Urin in ſich. Alle menſchliche Saͤfte haben dieſes mit einander ge- mein, daß ſie duͤnne ſind, wenn ſie ſogleich nach der Ab- ſonderung weggehen, und dikke, wenn ſie ſich einige Zeit im Koͤrper verweilen. Die Druͤſen des vortreflichen Bertins habe ich ſelbſt ſowol im Menſchen als in Thieren geſehen, ich halte ſie aber fuͤr abgeriſſene (l) Gefaͤſſe, die ſich zuruͤcke ziehen, und zu Knaͤuel bilden (m): daher erſcheinen keine, wenn man die Niere mit einem Meſſer zerſchneidet. Es ſind auch die Theilchen viel zu gros, und zu derbe, ſie haben keine (h) p. 148. 149. (i) Auch bei dem BEUDT l. c. p. 12. LEISTER | de ſecret p. 10. (k) FERREIN l. c. p. 502. 503. (l) Auch DROYSEN. p. 26. 29. (m) Idem ibid.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/451
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/451>, abgerufen am 22.11.2024.