einen ganz bleichen und wässrigen Urin bei sich führen: und der Schrekken, und eine grosse Kümmerniß eben diese Gewalt äussern, dem Harn seine Farbe zu beneh- men. Er wird endlich bleich von einer Menge Geträn- kes, von zurükkgetretener Ausdünstung, von der Kälte, und bei schwächlichen Personen, auch von den rohen Speisetheilen, die ein Magen ohne Verdauung zurükke behält. Man muß sich indessen erinnern, daß wir von allem diesem weiter nichts, als die erste Grundzüge ent- werfen.
Das Gegentheil davon, und einen goldgelben flam- menfarbigen und beinahe rothen Harn macht ein öfterer Pulsschlag, ein starker Puls, es mag derselbe nun von einer Leibesübung, oder vom Fieber, oder von andern Ursachen herrühren: sonst auch die Hizze, der Schweis, das wenige Trinken, und folglich eine verminderte Men- ge des Wassers.
Jch kann nicht glauben, daß diese starke Farbe alle- zeit von der Galle(b) herrühren sollte, ob dieselbe gleich den Urin in der Gelbesucht färbt (c). Es hat wenig- stens Bellin(d) durch einen offenbaren und leichten Ver- such gezeigt, daß man den rothen und einen fieberhaften Urin blos durch Hinzugiessung des Wassers zu einem solchen Urine, wie er bei gesunden Leuten ist, machen könne; daß er sich endlich in ein rohes und wäßriges Wesen verwandele: daß man im Bodensazze nichts bit- teres (e) finde, und daß man im Gegentheile aus einem gesunden Urine (f) nach Fortschaffung des Wassers, der- gleichen Verstärkung der gelben Farbe, und eine höchste
Röthe
(b)[Spaltenumbruch]
Die Alten leiteten es daher, Neuere FR. de la BOE. PRAX. app. Tract V. n. 35 F. HOFMAN. med. system. I. pag. 214. ROBIN- SON. Ess. on animal oeconomy II p. 428. LOBB. fevers. p. 55
(c) Sehr bitter und stechend im Melancholischen WOODWARD. [Spaltenumbruch]
p. 347. sehr scharf, zerfras Linnen SALMUTH. Cent. II. n. 4.
(d)Dec. urin. et puls. p. 17. fer- ner HELMONT. de febrib Cent. XI. p 771
(e)HELMONT. BELLIN.
(f)BOERHAAV. Elem. Chem. T. II. proc. 93.
J i 3
III. Abſchn. Der Harn.
einen ganz bleichen und waͤſſrigen Urin bei ſich fuͤhren: und der Schrekken, und eine groſſe Kuͤmmerniß eben dieſe Gewalt aͤuſſern, dem Harn ſeine Farbe zu beneh- men. Er wird endlich bleich von einer Menge Getraͤn- kes, von zuruͤkkgetretener Ausduͤnſtung, von der Kaͤlte, und bei ſchwaͤchlichen Perſonen, auch von den rohen Speiſetheilen, die ein Magen ohne Verdauung zuruͤkke behaͤlt. Man muß ſich indeſſen erinnern, daß wir von allem dieſem weiter nichts, als die erſte Grundzuͤge ent- werfen.
Das Gegentheil davon, und einen goldgelben flam- menfarbigen und beinahe rothen Harn macht ein oͤfterer Pulsſchlag, ein ſtarker Puls, es mag derſelbe nun von einer Leibesuͤbung, oder vom Fieber, oder von andern Urſachen herruͤhren: ſonſt auch die Hizze, der Schweis, das wenige Trinken, und folglich eine verminderte Men- ge des Waſſers.
Jch kann nicht glauben, daß dieſe ſtarke Farbe alle- zeit von der Galle(b) herruͤhren ſollte, ob dieſelbe gleich den Urin in der Gelbeſucht faͤrbt (c). Es hat wenig- ſtens Bellin(d) durch einen offenbaren und leichten Ver- ſuch gezeigt, daß man den rothen und einen fieberhaften Urin blos durch Hinzugieſſung des Waſſers zu einem ſolchen Urine, wie er bei geſunden Leuten iſt, machen koͤnne; daß er ſich endlich in ein rohes und waͤßriges Weſen verwandele: daß man im Bodenſazze nichts bit- teres (e) finde, und daß man im Gegentheile aus einem geſunden Urine (f) nach Fortſchaffung des Waſſers, der- gleichen Verſtaͤrkung der gelben Farbe, und eine hoͤchſte
Roͤthe
(b)[Spaltenumbruch]
Die Alten leiteten es daher, Neuere FR. de la BOE. PRAX. app. Tract V. n. 35 F. HOFMAN. med. ſyſtem. I. pag. 214. ROBIN- SON. Eſſ. on animal oeconomy II p. 428. LOBB. feverſ. p. 55
(c) Sehr bitter und ſtechend im Melancholiſchen WOODWARD. [Spaltenumbruch]
p. 347. ſehr ſcharf, zerfras Linnen SALMUTH. Cent. II. n. 4.
(d)Dec. urin. et pulſ. p. 17. fer- ner HELMONT. de febrib Cent. XI. p 771
(e)HELMONT. BELLIN.
(f)BOERHAAV. Elem. Chem. T. II. proc. 93.
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III. Abſchn. Der Harn.
einen ganz bleichen und waͤſſrigen Urin bei ſich fuͤhren:
und der Schrekken, und eine groſſe Kuͤmmerniß eben
dieſe Gewalt aͤuſſern, dem Harn ſeine Farbe zu beneh-
men. Er wird endlich bleich von einer Menge Getraͤn-
kes, von zuruͤkkgetretener Ausduͤnſtung, von der Kaͤlte,
und bei ſchwaͤchlichen Perſonen, auch von den rohen
Speiſetheilen, die ein Magen ohne Verdauung zuruͤkke
behaͤlt. Man muß ſich indeſſen erinnern, daß wir von
allem dieſem weiter nichts, als die erſte Grundzuͤge ent-
werfen.
Das Gegentheil davon, und einen goldgelben flam-
menfarbigen und beinahe rothen Harn macht ein oͤfterer
Pulsſchlag, ein ſtarker Puls, es mag derſelbe nun von
einer Leibesuͤbung, oder vom Fieber, oder von andern
Urſachen herruͤhren: ſonſt auch die Hizze, der Schweis,
das wenige Trinken, und folglich eine verminderte Men-
ge des Waſſers.
Jch kann nicht glauben, daß dieſe ſtarke Farbe alle-
zeit von der Galle (b) herruͤhren ſollte, ob dieſelbe gleich
den Urin in der Gelbeſucht faͤrbt (c). Es hat wenig-
ſtens Bellin (d) durch einen offenbaren und leichten Ver-
ſuch gezeigt, daß man den rothen und einen fieberhaften
Urin blos durch Hinzugieſſung des Waſſers zu einem
ſolchen Urine, wie er bei geſunden Leuten iſt, machen
koͤnne; daß er ſich endlich in ein rohes und waͤßriges
Weſen verwandele: daß man im Bodenſazze nichts bit-
teres (e) finde, und daß man im Gegentheile aus einem
geſunden Urine (f) nach Fortſchaffung des Waſſers, der-
gleichen Verſtaͤrkung der gelben Farbe, und eine hoͤchſte
Roͤthe
(b)
Die Alten leiteten es daher,
Neuere FR. de la BOE. PRAX.
app. Tract V. n. 35 F. HOFMAN.
med. ſyſtem. I. pag. 214. ROBIN-
SON. Eſſ. on animal oeconomy
II p. 428. LOBB. feverſ. p. 55
(c) Sehr bitter und ſtechend im
Melancholiſchen WOODWARD.
p. 347. ſehr ſcharf, zerfras Linnen
SALMUTH. Cent. II. n. 4.
(d) Dec. urin. et pulſ. p. 17. fer-
ner HELMONT. de febrib Cent.
XI. p 771
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T. II. proc. 93.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/537>, abgerufen am 22.11.2024.
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