könne. Man hat indessen doch noch besondere Exempel, daß dieses Gewichte höher gestiegen. Es schreibt ein be- rühmter Schriftsteller(i), daß ausser dem, welches aus- gesogen worden, aus den Brüsten drey Flaschen voll ge- füllet worden. Eine Frau, welche sechs Pfunde Ziegen- milch getrunken hatte, bekam einen solchen Zufluß in die Brüste, daß diese fast zerrissen wären, wofern man nicht eine Menge Kinder angelegt hätte (k). Stahl merket bey dieser Gelegenheit an, daß solche Frauens Empfin- dungen haben, als würde die Milch (l) von den Achseln gleichsam vermittelst eines Strikkes herbei gepumpet.
Jch bin eben nicht dawider, daß die Milch kein voll- kommener Chilus sey (m), und daß zu einem Nahrungs- mittel noch etwas gehöre, welches mehr thierisch sey. So mische ich wenigstens bey Menschen das Fett unter die Milch(n), und dieses läßt sich auch von der Limphe ver- muthen (o), welche ohnedem schon den Chilus nahe kömmt, und eben so muthmaßlich nähert sich die Milch, welche vom Blute verschwindet, nicht plözzlich, sondern stufenweise der Natur der Lymphe immer mehr und mehr: sie kömmt also dieser Natur immer näher, je später sie von der lezzten Speise in den Brüsten durchgeseihet wird, bis endlich der Augenblikk da ist, daß sich die Amme, welche sich der Speisen enthalten hat, die ranzig und bit- ter und dem Kinde zum Ekkel gewordene Milch, die nun- mehro schon halbalkalisch schmekkt, ausmelkt. Jn Jn- dien bekommen die europäischen Frauenzimmer eine sal- zige Milch, welche die Kinder nicht nehmen wollen, und
in
(i)[Spaltenumbruch]Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. 5. app. p. 475.
(k)BIKKER. p. 111.
(l)P. MARTIANUS in hipp. p. 34.
(m) Dieses ist der Weg der vor- nehmsten Brüstenschlagadern.
(n)[Spaltenumbruch]DOSSIE I. p. 450. man lese nach MENIOT. pysthum. p. 74.
(o) Der schleimige Theil der Milch ist einer gerinnbaren Lim- phe gleich YOUNG. p. 21. daher gerinnt die ganze Milch von Säure, steht, und die Emulsion thut es nicht.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
koͤnne. Man hat indeſſen doch noch beſondere Exempel, daß dieſes Gewichte hoͤher geſtiegen. Es ſchreibt ein be- ruͤhmter Schriftſteller(i), daß auſſer dem, welches aus- geſogen worden, aus den Bruͤſten drey Flaſchen voll ge- fuͤllet worden. Eine Frau, welche ſechs Pfunde Ziegen- milch getrunken hatte, bekam einen ſolchen Zufluß in die Bruͤſte, daß dieſe faſt zerriſſen waͤren, wofern man nicht eine Menge Kinder angelegt haͤtte (k). Stahl merket bey dieſer Gelegenheit an, daß ſolche Frauens Empfin- dungen haben, als wuͤrde die Milch (l) von den Achſeln gleichſam vermittelſt eines Strikkes herbei gepumpet.
Jch bin eben nicht dawider, daß die Milch kein voll- kommener Chilus ſey (m), und daß zu einem Nahrungs- mittel noch etwas gehoͤre, welches mehr thieriſch ſey. So miſche ich wenigſtens bey Menſchen das Fett unter die Milch(n), und dieſes laͤßt ſich auch von der Limphe ver- muthen (o), welche ohnedem ſchon den Chilus nahe koͤmmt, und eben ſo muthmaßlich naͤhert ſich die Milch, welche vom Blute verſchwindet, nicht ploͤzzlich, ſondern ſtufenweiſe der Natur der Lymphe immer mehr und mehr: ſie koͤmmt alſo dieſer Natur immer naͤher, je ſpaͤter ſie von der lezzten Speiſe in den Bruͤſten durchgeſeihet wird, bis endlich der Augenblikk da iſt, daß ſich die Amme, welche ſich der Speiſen enthalten hat, die ranzig und bit- ter und dem Kinde zum Ekkel gewordene Milch, die nun- mehro ſchon halbalkaliſch ſchmekkt, ausmelkt. Jn Jn- dien bekommen die europaͤiſchen Frauenzimmer eine ſal- zige Milch, welche die Kinder nicht nehmen wollen, und
in
(i)[Spaltenumbruch]Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann. 5. app. p. 475.
(k)BIKKER. p. 111.
(l)P. MARTIANUS in hipp. p. 34.
(m) Dieſes iſt der Weg der vor- nehmſten Bruͤſtenſchlagadern.
(n)[Spaltenumbruch]DOSSIE I. p. 450. man leſe nach MENIOT. pyſthum. p. 74.
(o) Der ſchleimige Theil der Milch iſt einer gerinnbaren Lim- phe gleich YOUNG. p. 21. daher gerinnt die ganze Milch von Saͤure, ſteht, und die Emulſion thut es nicht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0924"n="888"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Weibliche Theile. <hirendition="#aq">XXVIII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
koͤnne. Man hat indeſſen doch noch beſondere Exempel,<lb/>
daß dieſes Gewichte hoͤher geſtiegen. Es ſchreibt ein be-<lb/>
ruͤhmter Schriftſteller<noteplace="foot"n="(i)"><cb/><hirendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann.<lb/>
5. app. p.</hi> 475.</note>, daß auſſer dem, welches aus-<lb/>
geſogen worden, aus den Bruͤſten drey Flaſchen voll ge-<lb/>
fuͤllet worden. Eine Frau, welche ſechs Pfunde Ziegen-<lb/>
milch getrunken hatte, bekam einen ſolchen Zufluß in die<lb/>
Bruͤſte, daß dieſe faſt zerriſſen waͤren, wofern man nicht<lb/>
eine Menge Kinder angelegt haͤtte <noteplace="foot"n="(k)"><hirendition="#aq">BIKKER. p.</hi> 111.</note>. <hirendition="#fr">Stahl</hi> merket<lb/>
bey dieſer Gelegenheit an, daß ſolche Frauens Empfin-<lb/>
dungen haben, als wuͤrde die Milch <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">P. MARTIANUS in hipp.<lb/>
p.</hi> 34.</note> von den Achſeln<lb/>
gleichſam vermittelſt eines Strikkes herbei gepumpet.</p><lb/><p>Jch bin eben nicht dawider, daß die Milch kein voll-<lb/>
kommener Chilus ſey <noteplace="foot"n="(m)">Dieſes iſt der Weg der vor-<lb/>
nehmſten Bruͤſtenſchlagadern.</note>, und daß zu einem Nahrungs-<lb/>
mittel noch etwas gehoͤre, welches mehr thieriſch ſey. So<lb/>
miſche ich wenigſtens bey Menſchen das Fett unter die<lb/>
Milch<noteplace="foot"n="(n)"><cb/><hirendition="#aq">DOSSIE I. p.</hi> 450. man<lb/>
leſe nach <hirendition="#aq">MENIOT. pyſthum. p.</hi> 74.</note>, und dieſes laͤßt ſich auch von der Limphe ver-<lb/>
muthen <noteplace="foot"n="(o)">Der ſchleimige Theil der<lb/>
Milch iſt einer gerinnbaren Lim-<lb/>
phe gleich <hirendition="#aq">YOUNG. p.</hi> 21. daher<lb/>
gerinnt die ganze Milch von Saͤure,<lb/>ſteht, und die Emulſion thut es<lb/>
nicht.</note>, welche ohnedem ſchon den Chilus nahe<lb/>
koͤmmt, und eben ſo muthmaßlich naͤhert ſich die Milch,<lb/>
welche vom Blute verſchwindet, nicht ploͤzzlich, ſondern<lb/>ſtufenweiſe der Natur der Lymphe immer mehr und mehr:<lb/>ſie koͤmmt alſo dieſer Natur immer naͤher, je ſpaͤter ſie<lb/>
von der lezzten Speiſe in den Bruͤſten durchgeſeihet wird,<lb/>
bis endlich der Augenblikk da iſt, daß ſich die Amme,<lb/>
welche ſich der Speiſen enthalten hat, die ranzig und bit-<lb/>
ter und dem Kinde zum Ekkel gewordene Milch, die nun-<lb/>
mehro ſchon halbalkaliſch ſchmekkt, ausmelkt. Jn Jn-<lb/>
dien bekommen die europaͤiſchen Frauenzimmer eine ſal-<lb/>
zige Milch, welche die Kinder nicht nehmen wollen, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[888/0924]
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
koͤnne. Man hat indeſſen doch noch beſondere Exempel,
daß dieſes Gewichte hoͤher geſtiegen. Es ſchreibt ein be-
ruͤhmter Schriftſteller (i), daß auſſer dem, welches aus-
geſogen worden, aus den Bruͤſten drey Flaſchen voll ge-
fuͤllet worden. Eine Frau, welche ſechs Pfunde Ziegen-
milch getrunken hatte, bekam einen ſolchen Zufluß in die
Bruͤſte, daß dieſe faſt zerriſſen waͤren, wofern man nicht
eine Menge Kinder angelegt haͤtte (k). Stahl merket
bey dieſer Gelegenheit an, daß ſolche Frauens Empfin-
dungen haben, als wuͤrde die Milch (l) von den Achſeln
gleichſam vermittelſt eines Strikkes herbei gepumpet.
Jch bin eben nicht dawider, daß die Milch kein voll-
kommener Chilus ſey (m), und daß zu einem Nahrungs-
mittel noch etwas gehoͤre, welches mehr thieriſch ſey. So
miſche ich wenigſtens bey Menſchen das Fett unter die
Milch (n), und dieſes laͤßt ſich auch von der Limphe ver-
muthen (o), welche ohnedem ſchon den Chilus nahe
koͤmmt, und eben ſo muthmaßlich naͤhert ſich die Milch,
welche vom Blute verſchwindet, nicht ploͤzzlich, ſondern
ſtufenweiſe der Natur der Lymphe immer mehr und mehr:
ſie koͤmmt alſo dieſer Natur immer naͤher, je ſpaͤter ſie
von der lezzten Speiſe in den Bruͤſten durchgeſeihet wird,
bis endlich der Augenblikk da iſt, daß ſich die Amme,
welche ſich der Speiſen enthalten hat, die ranzig und bit-
ter und dem Kinde zum Ekkel gewordene Milch, die nun-
mehro ſchon halbalkaliſch ſchmekkt, ausmelkt. Jn Jn-
dien bekommen die europaͤiſchen Frauenzimmer eine ſal-
zige Milch, welche die Kinder nicht nehmen wollen, und
in
(i)
Eph. Nat. Cur. Dec. II. ann.
5. app. p. 475.
(k) BIKKER. p. 111.
(l) P. MARTIANUS in hipp.
p. 34.
(m) Dieſes iſt der Weg der vor-
nehmſten Bruͤſtenſchlagadern.
(n)
DOSSIE I. p. 450. man
leſe nach MENIOT. pyſthum. p. 74.
(o) Der ſchleimige Theil der
Milch iſt einer gerinnbaren Lim-
phe gleich YOUNG. p. 21. daher
gerinnt die ganze Milch von Saͤure,
ſteht, und die Emulſion thut es
nicht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 888. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/924>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.