Jch mag nicht das Maaß von der Grösse(e) der Mut- ter erwehnen: man siehet leicht ein, daß sie in einer Jung- fer sehr klein seyn müsse, daß sie mit der Schwangerschaft wachse, und daß sie nach der Geburt ihre vorige Grösse wieder annehmen müsse. Doch ich werde von allem die- sen künftig mit mehrerer Genauigkeit reden. Jndessen bekömmt die Gebärmutter, welche einmal befruchtet ge- wesen, niemals die schlanke Figur einer jungfräulichen Mutter wieder (g).
§. 7. Die Höhlung der Mutter.
Jch glaube zwar nicht, daß zwischen den gegen über- liegenden Wänden der Mutter ein leerer Raum (a) statt finde (b), so wenig als ich dieses von den Gehirnkam- mern, und von irgend einer andern Höhlung im mensch- lichen Körper zu geben kann. Das vermuthe ich aber, daß die Wände ein wenig von einander abstehen müssen. Man wird es ohne Mühe einsehen, daß wenn wir die- selbe als leer oder als voll von einer nachgebenden Flüßig- keit annehmen, sie sogleich von dem Drukke der übrigen Körpertheile verdrengt werden müsse. Jndessen bleibet doch zwischen denen gegenüber stehenden Wänden der Mutter einiger Raum, den eine zarte Flüßigkeit anfüllt, in welchem das Blut der Reinigung einfließt, und die Frucht angefangen werden kann.
(a) Schon längst beklagte sich SCHLICHTING. p. 39. daß man einen Raum zwischen der Mutter und Frucht zeichne. Es ist fast kei- [Spaltenumbruch]
ner SMELLIE t. 5. f. 2. auch GUNZ. p. 11. ist kaum merklich ROEDERER. uter. grav. p. 35. vergl. STENON. Act. hafn. II. obs. 89. WINSL. p. 592. PAR- SONS. mot musc. p. 71. t. 2. f. 2. 3.
(b) Zu groß zeichnen denselben VESALIUS L. V. p. 27. und so auch GRAAF. t. 8. p. 10.
(f)RUYSCH. mus. p. 184. HARVEY gener. p. 272.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
Jch mag nicht das Maaß von der Groͤſſe(e) der Mut- ter erwehnen: man ſiehet leicht ein, daß ſie in einer Jung- fer ſehr klein ſeyn muͤſſe, daß ſie mit der Schwangerſchaft wachſe, und daß ſie nach der Geburt ihre vorige Groͤſſe wieder annehmen muͤſſe. Doch ich werde von allem die- ſen kuͤnftig mit mehrerer Genauigkeit reden. Jndeſſen bekoͤmmt die Gebaͤrmutter, welche einmal befruchtet ge- weſen, niemals die ſchlanke Figur einer jungfraͤulichen Mutter wieder (g).
§. 7. Die Hoͤhlung der Mutter.
Jch glaube zwar nicht, daß zwiſchen den gegen uͤber- liegenden Waͤnden der Mutter ein leerer Raum (a) ſtatt finde (b), ſo wenig als ich dieſes von den Gehirnkam- mern, und von irgend einer andern Hoͤhlung im menſch- lichen Koͤrper zu geben kann. Das vermuthe ich aber, daß die Waͤnde ein wenig von einander abſtehen muͤſſen. Man wird es ohne Muͤhe einſehen, daß wenn wir die- ſelbe als leer oder als voll von einer nachgebenden Fluͤßig- keit annehmen, ſie ſogleich von dem Drukke der uͤbrigen Koͤrpertheile verdrengt werden muͤſſe. Jndeſſen bleibet doch zwiſchen denen gegenuͤber ſtehenden Waͤnden der Mutter einiger Raum, den eine zarte Fluͤßigkeit anfuͤllt, in welchem das Blut der Reinigung einfließt, und die Frucht angefangen werden kann.
(a) Schon laͤngſt beklagte ſich SCHLICHTING. p. 39. daß man einen Raum zwiſchen der Mutter und Frucht zeichne. Es iſt faſt kei- [Spaltenumbruch]
ner SMELLIE t. 5. f. 2. auch GUNZ. p. 11. iſt kaum merklich ROEDERER. uter. grav. p. 35. vergl. STENON. Act. hafn. II. obſ. 89. WINSL. p. 592. PAR- SONS. mot muſc. p. 71. t. 2. f. 2. 3.
(b) Zu groß zeichnen denſelben VESALIUS L. V. p. 27. und ſo auch GRAAF. t. 8. p. 10.
(f)RUYSCH. muſ. p. 184. HARVEY gener. p. 272.
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Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
Jch mag nicht das Maaß von der Groͤſſe (e) der Mut-
ter erwehnen: man ſiehet leicht ein, daß ſie in einer Jung-
fer ſehr klein ſeyn muͤſſe, daß ſie mit der Schwangerſchaft
wachſe, und daß ſie nach der Geburt ihre vorige Groͤſſe
wieder annehmen muͤſſe. Doch ich werde von allem die-
ſen kuͤnftig mit mehrerer Genauigkeit reden. Jndeſſen
bekoͤmmt die Gebaͤrmutter, welche einmal befruchtet ge-
weſen, niemals die ſchlanke Figur einer jungfraͤulichen
Mutter wieder (g).
§. 7.
Die Hoͤhlung der Mutter.
Jch glaube zwar nicht, daß zwiſchen den gegen uͤber-
liegenden Waͤnden der Mutter ein leerer Raum (a) ſtatt
finde (b), ſo wenig als ich dieſes von den Gehirnkam-
mern, und von irgend einer andern Hoͤhlung im menſch-
lichen Koͤrper zu geben kann. Das vermuthe ich aber,
daß die Waͤnde ein wenig von einander abſtehen muͤſſen.
Man wird es ohne Muͤhe einſehen, daß wenn wir die-
ſelbe als leer oder als voll von einer nachgebenden Fluͤßig-
keit annehmen, ſie ſogleich von dem Drukke der uͤbrigen
Koͤrpertheile verdrengt werden muͤſſe. Jndeſſen bleibet
doch zwiſchen denen gegenuͤber ſtehenden Waͤnden der
Mutter einiger Raum, den eine zarte Fluͤßigkeit anfuͤllt,
in welchem das Blut der Reinigung einfließt, und die
Frucht angefangen werden kann.
Es
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(e)
Weitlaͤuftig ROEDERERUS
uter. grav.
(g) RUYSCH. muſ. p. 184. 185.
(a) Schon laͤngſt beklagte ſich
SCHLICHTING. p. 39. daß man
einen Raum zwiſchen der Mutter
und Frucht zeichne. Es iſt faſt kei-
ner SMELLIE t. 5. f. 2. auch
GUNZ. p. 11. iſt kaum merklich
ROEDERER. uter. grav. p. 35.
vergl. STENON. Act. hafn. II.
obſ. 89. WINSL. p. 592. PAR-
SONS. mot muſc. p. 71. t. 2. f. 2. 3.
(b) Zu groß zeichnen denſelben
VESALIUS L. V. p. 27. und ſo
auch GRAAF. t. 8. p. 10.
(f) RUYSCH. muſ. p. 184.
HARVEY gener. p. 272.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/970>, abgerufen am 25.11.2024.
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