Eine bejahrte Person, bei der bereits die Pulsschläge weniger werden, und die Reizbarkeit des Herzens abzu- nehmen anfängt, würde glükklich seyn, wenn sie eine wärmere Gegend zwischen dem dreißigsten und vierzig- sten Grade, vielleicht auch wohl noch näher am Aequa- tor bewohnen, und sich daselbst auf dem Lande an einem trokkenen Orte niederlassen könnte, wo sie dennoch den Schatten, die Kälte und eine offene Sonne in ihrer Ge- walt hätte. Es sind nemlich die Winter in den nord- lichen Gegenden, für die Brust und für ein langes Leben sehr nachtheilig, hingegen ermuntert die wohlthätige Sonne den mattwerdenden Reiz des Herzens (b); und selbst diejenigen Pflanzen, welche alle Jahre in Europa sterben, perenniren in Brasilien (c), und werden höl- zern. Jn warmen Ländern werden kränkliche Personen gesund (c*). Und D. Poincy verlor auf den Antillen die Gicht und seine Schwächlichkeiten (c**).
Was die Glükksgüter betrift, so wünschte ich diesel- ben so beschaffen zu seyn, daß man nicht nöthig hätte, sich darum ängstlich zu bemühen; mit einem Worte, so viel Glükksgüter müste man haben, als man verlangt, und ich würde von diesem Verlangen lieber etwas ab- nehmen, als den Glükksgütern zugeben wollen.
Jn uns liegt die erste Anlage zu einem gesunden Kör- per, von einem gesunden Vater und einer gesunden Mut- ter, und diese spricht uns von grossen Krankheiten frey, dergleichen die Gicht, der Schlagfluß, die Wassersucht und Schwindsucht sind, und wir sehen mit der grösten Zuverläßigkeit, daß diese Uebel, ohngeachtet man sich alle mögliche Mühe giebt, ihnen zuvor zu kommen, und
solchen
(b)[Spaltenumbruch]
Dahin gehört also das lange Alter der Brasilier PISO de re natur. Ind. L. I. p. 12. un[d] der Jnsulaner von Hispaniola. CHAR- LEVOIX.
(c)[Spaltenumbruch]MONTANUS p. 363. PISO l. c. L. I. p 10.
(c*)ROUPPE morb. vavig. p. 61.
(c**)SEGEAISJAN p. p. 121
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
Eine bejahrte Perſon, bei der bereits die Pulsſchlaͤge weniger werden, und die Reizbarkeit des Herzens abzu- nehmen anfaͤngt, wuͤrde gluͤkklich ſeyn, wenn ſie eine waͤrmere Gegend zwiſchen dem dreißigſten und vierzig- ſten Grade, vielleicht auch wohl noch naͤher am Aequa- tor bewohnen, und ſich daſelbſt auf dem Lande an einem trokkenen Orte niederlaſſen koͤnnte, wo ſie dennoch den Schatten, die Kaͤlte und eine offene Sonne in ihrer Ge- walt haͤtte. Es ſind nemlich die Winter in den nord- lichen Gegenden, fuͤr die Bruſt und fuͤr ein langes Leben ſehr nachtheilig, hingegen ermuntert die wohlthaͤtige Sonne den mattwerdenden Reiz des Herzens (b); und ſelbſt diejenigen Pflanzen, welche alle Jahre in Europa ſterben, perenniren in Braſilien (c), und werden hoͤl- zern. Jn warmen Laͤndern werden kraͤnkliche Perſonen geſund (c*). Und D. Poincy verlor auf den Antillen die Gicht und ſeine Schwaͤchlichkeiten (c**).
Was die Gluͤkksguͤter betrift, ſo wuͤnſchte ich dieſel- ben ſo beſchaffen zu ſeyn, daß man nicht noͤthig haͤtte, ſich darum aͤngſtlich zu bemuͤhen; mit einem Worte, ſo viel Gluͤkksguͤter muͤſte man haben, als man verlangt, und ich wuͤrde von dieſem Verlangen lieber etwas ab- nehmen, als den Gluͤkksguͤtern zugeben wollen.
Jn uns liegt die erſte Anlage zu einem geſunden Koͤr- per, von einem geſunden Vater und einer geſunden Mut- ter, und dieſe ſpricht uns von groſſen Krankheiten frey, dergleichen die Gicht, der Schlagfluß, die Waſſerſucht und Schwindſucht ſind, und wir ſehen mit der groͤſten Zuverlaͤßigkeit, daß dieſe Uebel, ohngeachtet man ſich alle moͤgliche Muͤhe giebt, ihnen zuvor zu kommen, und
ſolchen
(b)[Spaltenumbruch]
Dahin gehoͤrt alſo das lange Alter der Braſilier PISO de re natur. Ind. L. I. p. 12. un[d] der Jnſulaner von Hiſpaniola. CHAR- LEVOIX.
(c)[Spaltenumbruch]MONTANUS p. 363. PISO l. c. L. I. p 10.
(c*)ROUPPE morb. vavig. p. 61.
(c**)SEGEAISJAN p. p. 121
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[974[976]/1028]
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
Eine bejahrte Perſon, bei der bereits die Pulsſchlaͤge
weniger werden, und die Reizbarkeit des Herzens abzu-
nehmen anfaͤngt, wuͤrde gluͤkklich ſeyn, wenn ſie eine
waͤrmere Gegend zwiſchen dem dreißigſten und vierzig-
ſten Grade, vielleicht auch wohl noch naͤher am Aequa-
tor bewohnen, und ſich daſelbſt auf dem Lande an einem
trokkenen Orte niederlaſſen koͤnnte, wo ſie dennoch den
Schatten, die Kaͤlte und eine offene Sonne in ihrer Ge-
walt haͤtte. Es ſind nemlich die Winter in den nord-
lichen Gegenden, fuͤr die Bruſt und fuͤr ein langes Leben
ſehr nachtheilig, hingegen ermuntert die wohlthaͤtige
Sonne den mattwerdenden Reiz des Herzens (b); und
ſelbſt diejenigen Pflanzen, welche alle Jahre in Europa
ſterben, perenniren in Braſilien (c), und werden hoͤl-
zern. Jn warmen Laͤndern werden kraͤnkliche Perſonen
geſund (c*). Und D. Poincy verlor auf den Antillen
die Gicht und ſeine Schwaͤchlichkeiten (c**).
Was die Gluͤkksguͤter betrift, ſo wuͤnſchte ich dieſel-
ben ſo beſchaffen zu ſeyn, daß man nicht noͤthig haͤtte,
ſich darum aͤngſtlich zu bemuͤhen; mit einem Worte, ſo
viel Gluͤkksguͤter muͤſte man haben, als man verlangt,
und ich wuͤrde von dieſem Verlangen lieber etwas ab-
nehmen, als den Gluͤkksguͤtern zugeben wollen.
Jn uns liegt die erſte Anlage zu einem geſunden Koͤr-
per, von einem geſunden Vater und einer geſunden Mut-
ter, und dieſe ſpricht uns von groſſen Krankheiten frey,
dergleichen die Gicht, der Schlagfluß, die Waſſerſucht
und Schwindſucht ſind, und wir ſehen mit der groͤſten
Zuverlaͤßigkeit, daß dieſe Uebel, ohngeachtet man ſich
alle moͤgliche Muͤhe giebt, ihnen zuvor zu kommen, und
ſolchen
(b)
Dahin gehoͤrt alſo das lange
Alter der Braſilier PISO de re
natur. Ind. L. I. p. 12. und der
Jnſulaner von Hiſpaniola. CHAR-
LEVOIX.
(c)
MONTANUS p. 363. PISO
l. c. L. I. p 10.
(c*) ROUPPE morb. vavig.
p. 61.
(c**) SEGEAISJAN p. p. 121
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 974[976]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1028>, abgerufen am 22.11.2024.
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