solchen durch eine andere Lebensart auszuweichen, von den Vätern auf die Kinder fortgepflanzt werde.
Jn der That würde ich ein weniger reizbares Herz, mäßige Pulse langsame Absäzze in dem ortgange des Lebens vorzüglich empfehlen müssen indem alle diese Din- ge eine langsame Verhärtung der festen Theile erwarten lassen. Auch dasjenige Holz, welches langsam wächst, behält seine ausdehnende Kraft länger (d).
Was die Speisen betrift, so möchte ich gern, daß die jungen Leute keinen Wein trinken, weil der Wein an sich eine Art von Arzenei ist, nnd die Natur das Wasser zu unserem Gebrauche gemischt hat. Jch würde bei we- nigem Fleische viel Pflanzenspeisen, wenig Salz (e), wenig Gewürze, und keine kresartige vierblättrige Pflan- zen, so hingegen überhaupt eine mäßige Nahrung, wel- che wohl verdauet wird, weder verdirbt, noch das Blut anstekkt, anrathen, und ich verlange, daß dasselbe ge- linde fliessen, und dem Blute in den kleinen Kindern gleich seyn soll.
Bei dem Alter der Greise würde ich schon mehr Fleisch zu essen verstatten.
Jch würde ein hizziges Temperament einen reizbaren Geist von mir verweisen, welcher die erlittene Beschim- pfungen eben so schmerzhaft empfinden muß, als die Nerven des Fusses von der Materie der Gicht leiden. Zu wünschen wäre es, alles mittelmäßig zu haben und zu geniessen, man müste eine Neigung zur Frölichkeit bei sich verspüren (e*), ohne jedoch einer einzigen Art von Wollust nachzuhängen; man müsse sich der Speise fer- ner dergestalt bedienen, daß die Natur noch immer ei-
nen
(d)[Spaltenumbruch]Du HAMEL Physiq. des Arbres T. II. p. 51.
(e) Härter sind die Fasern, wel- che mehr Salz enthalten. NEED- [Spaltenumbruch]
HAM nouv. observat. p. 284.
(e*) Die Nonne von 117 Jah- ren war aufgeräumtes Gemüthes SEGRAIS.
H. Phisiol. 8 B. Q q q
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
ſolchen durch eine andere Lebensart auszuweichen, von den Vaͤtern auf die Kinder fortgepflanzt werde.
Jn der That wuͤrde ich ein weniger reizbares Herz, maͤßige Pulſe langſame Abſaͤzze in dem ortgange des Lebens vorzuͤglich empfehlen muͤſſen indem alle dieſe Din- ge eine langſame Verhaͤrtung der feſten Theile erwarten laſſen. Auch dasjenige Holz, welches langſam waͤchſt, behaͤlt ſeine ausdehnende Kraft laͤnger (d).
Was die Speiſen betrift, ſo moͤchte ich gern, daß die jungen Leute keinen Wein trinken, weil der Wein an ſich eine Art von Arzenei iſt, nnd die Natur das Waſſer zu unſerem Gebrauche gemiſcht hat. Jch wuͤrde bei we- nigem Fleiſche viel Pflanzenſpeiſen, wenig Salz (e), wenig Gewuͤrze, und keine kresartige vierblaͤttrige Pflan- zen, ſo hingegen uͤberhaupt eine maͤßige Nahrung, wel- che wohl verdauet wird, weder verdirbt, noch das Blut anſtekkt, anrathen, und ich verlange, daß daſſelbe ge- linde flieſſen, und dem Blute in den kleinen Kindern gleich ſeyn ſoll.
Bei dem Alter der Greiſe wuͤrde ich ſchon mehr Fleiſch zu eſſen verſtatten.
Jch wuͤrde ein hizziges Temperament einen reizbaren Geiſt von mir verweiſen, welcher die erlittene Beſchim- pfungen eben ſo ſchmerzhaft empfinden muß, als die Nerven des Fuſſes von der Materie der Gicht leiden. Zu wuͤnſchen waͤre es, alles mittelmaͤßig zu haben und zu genieſſen, man muͤſte eine Neigung zur Froͤlichkeit bei ſich verſpuͤren (e*), ohne jedoch einer einzigen Art von Wolluſt nachzuhaͤngen; man muͤſſe ſich der Speiſe fer- ner dergeſtalt bedienen, daß die Natur noch immer ei-
nen
(d)[Spaltenumbruch]Du HAMEL Phyſiq. des Arbres T. II. p. 51.
(e) Haͤrter ſind die Faſern, wel- che mehr Salz enthalten. NEED- [Spaltenumbruch]
HAM nouv. obſervat. p. 284.
(e*) Die Nonne von 117 Jah- ren war aufgeraͤumtes Gemuͤthes SEGRAIS.
H. Phiſiol. 8 B. Q q q
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[975[977]/1029]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
ſolchen durch eine andere Lebensart auszuweichen, von
den Vaͤtern auf die Kinder fortgepflanzt werde.
Jn der That wuͤrde ich ein weniger reizbares Herz,
maͤßige Pulſe langſame Abſaͤzze in dem ortgange des
Lebens vorzuͤglich empfehlen muͤſſen indem alle dieſe Din-
ge eine langſame Verhaͤrtung der feſten Theile erwarten
laſſen. Auch dasjenige Holz, welches langſam waͤchſt,
behaͤlt ſeine ausdehnende Kraft laͤnger (d).
Was die Speiſen betrift, ſo moͤchte ich gern, daß
die jungen Leute keinen Wein trinken, weil der Wein an
ſich eine Art von Arzenei iſt, nnd die Natur das Waſſer
zu unſerem Gebrauche gemiſcht hat. Jch wuͤrde bei we-
nigem Fleiſche viel Pflanzenſpeiſen, wenig Salz (e),
wenig Gewuͤrze, und keine kresartige vierblaͤttrige Pflan-
zen, ſo hingegen uͤberhaupt eine maͤßige Nahrung, wel-
che wohl verdauet wird, weder verdirbt, noch das Blut
anſtekkt, anrathen, und ich verlange, daß daſſelbe ge-
linde flieſſen, und dem Blute in den kleinen Kindern
gleich ſeyn ſoll.
Bei dem Alter der Greiſe wuͤrde ich ſchon mehr Fleiſch
zu eſſen verſtatten.
Jch wuͤrde ein hizziges Temperament einen reizbaren
Geiſt von mir verweiſen, welcher die erlittene Beſchim-
pfungen eben ſo ſchmerzhaft empfinden muß, als die
Nerven des Fuſſes von der Materie der Gicht leiden.
Zu wuͤnſchen waͤre es, alles mittelmaͤßig zu haben und
zu genieſſen, man muͤſte eine Neigung zur Froͤlichkeit
bei ſich verſpuͤren (e*), ohne jedoch einer einzigen Art von
Wolluſt nachzuhaͤngen; man muͤſſe ſich der Speiſe fer-
ner dergeſtalt bedienen, daß die Natur noch immer ei-
nen
(d)
Du HAMEL Phyſiq. des
Arbres T. II. p. 51.
(e) Haͤrter ſind die Faſern, wel-
che mehr Salz enthalten. NEED-
HAM nouv. obſervat. p. 284.
(e*) Die Nonne von 117 Jah-
ren war aufgeraͤumtes Gemuͤthes
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 975[977]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1029>, abgerufen am 22.11.2024.
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