Schlage gerühret worden, und bei den Ertrunkenen in so grossem Maasse vorhanden gewesen, daß nicht einmal ein Tobakkskliestier etwas auszurichten vermocht. Die reizbare Kraft des Herzens dauert länger, als die Kraft einiger Muskeln (f). Umgekehrt, so reizen auch nach einem wirklichen Tode noch chymische Gifte (g) die- jenige Theile, welche sie verbrennen, sich zu bewegen (g*), sie füllen das Fadengewebe (g**) mu wäßrigen Säften an, und pressen aus dem Zwischenraume eines Nerven eine Flüßigkeit heraus (h).
Jch lasse nicht einmal den Anfang der Fäulniß (i) als ein gewisses Zeichen des Todes gelten, und diese Fäulniß ist nicht nur bei lebendigen, sondern auch ster- benden Personen nicht selten so heftig, daß mein Buch- händler Vandenhöck versicherte, er rieche bereits seinen eigenen Tod, und er hatte Recht, dieses zu versichern, da er an einem schlimmen Frieselfieber lag. Dahingegen lesen wir, daß die Zorzolaken(k) oder Vampirs ei- nige Tage lang ohne Fäulniß bleiben, und den Mund voller Blut haben sollen.
Mit der Todeskälte hat es eben die Beschaffenheit wie mit dem Pulse, und auch dieser Grund besteht nicht. So frieren öfters histerische Frauenspersonen bei einem, wiewohl nur sehr geringen Pulse.
Ein erstarrender Körper (m) kann in der That für todt gehalten werden, wofern die übrigen Umstände da- (e) (l)
mit
(f)Oper. min. T. I. p. 169.
(g)Oper. min. p. 403.
(g*)PETIT ad. PALFIN. p. 402. u. s. w.
(g**) Vom Lapis infernalis. dieser brennt die Haut langsam aus. Mem. de l'Acad. ann. 1732. p. 295. 236.
(h)ibid.
(i) Sei das einzige Zeichen, nach der Meinung des WINSLOW. [Spaltenumbruch]
BRUHIER sagt, es sey kein Beweis vom Tode sonst richtig, als wenn die Oberhaut losgeht. AULBER praegr. fetus cap.
(k)THEVENOT. Voyag. au Levant. T I. P. I. c. 63. &c.
(m)Hamburg. Magaz. T. X. p. 534. Von dem Sternseher KIR- CHIO ist es eine bekannte Sache.
(e)[Spaltenumbruch]
Ein Niesemittel vergebens angewandt LOSS. I. c.
(l)ASTRUC. morb mulier. IV. p. 80. ESCHENBACH obs. rar. p. 21. BRUHIER T. II. p. 500.
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III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Schlage geruͤhret worden, und bei den Ertrunkenen in ſo groſſem Maaſſe vorhanden geweſen, daß nicht einmal ein Tobakksklieſtier etwas auszurichten vermocht. Die reizbare Kraft des Herzens dauert laͤnger, als die Kraft einiger Muskeln (f). Umgekehrt, ſo reizen auch nach einem wirklichen Tode noch chymiſche Gifte (g) die- jenige Theile, welche ſie verbrennen, ſich zu bewegen (g*), ſie fuͤllen das Fadengewebe (g**) mu waͤßrigen Saͤften an, und preſſen aus dem Zwiſchenraume eines Nerven eine Fluͤßigkeit heraus (h).
Jch laſſe nicht einmal den Anfang der Faͤulniß (i) als ein gewiſſes Zeichen des Todes gelten, und dieſe Faͤulniß iſt nicht nur bei lebendigen, ſondern auch ſter- benden Perſonen nicht ſelten ſo heftig, daß mein Buch- haͤndler Vandenhoͤck verſicherte, er rieche bereits ſeinen eigenen Tod, und er hatte Recht, dieſes zu verſichern, da er an einem ſchlimmen Frieſelfieber lag. Dahingegen leſen wir, daß die Zorzolaken(k) oder Vampirs ei- nige Tage lang ohne Faͤulniß bleiben, und den Mund voller Blut haben ſollen.
Mit der Todeskaͤlte hat es eben die Beſchaffenheit wie mit dem Pulſe, und auch dieſer Grund beſteht nicht. So frieren oͤfters hiſteriſche Frauensperſonen bei einem, wiewohl nur ſehr geringen Pulſe.
Ein erſtarrender Koͤrper (m) kann in der That fuͤr todt gehalten werden, wofern die uͤbrigen Umſtaͤnde da- (e) (l)
mit
(f)Oper. min. T. I. p. 169.
(g)Oper. min. p. 403.
(g*)PETIT ad. PALFIN. p. 402. u. ſ. w.
(g**) Vom Lapis infernalis. dieſer brennt die Haut langſam aus. Mem. de l’Acad. ann. 1732. p. 295. 236.
(h)ibid.
(i) Sei das einzige Zeichen, nach der Meinung des WINSLOW. [Spaltenumbruch]
BRUHIER ſagt, es ſey kein Beweis vom Tode ſonſt richtig, als wenn die Oberhaut losgeht. AULBER praegr. fetus cap.
(k)THEVENOT. Voyag. au Levant. T I. P. I. c. 63. &c.
(m)Hamburg. Magaz. T. X. p. 534. Von dem Sternſeher KIR- CHIO iſt es eine bekannte Sache.
(e)[Spaltenumbruch]
Ein Nieſemittel vergebens angewandt LOSS. I. c.
(l)ASTRUC. morb mulier. IV. p. 80. ESCHENBACH obſ. rar. p. 21. BRUHIER T. II. p. 500.
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III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
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in ſo groſſem Maaſſe vorhanden geweſen, daß nicht
einmal ein Tobakksklieſtier etwas auszurichten vermocht.
Die reizbare Kraft des Herzens dauert laͤnger, als die
Kraft einiger Muskeln (f). Umgekehrt, ſo reizen auch
nach einem wirklichen Tode noch chymiſche Gifte (g) die-
jenige Theile, welche ſie verbrennen, ſich zu bewegen (g*),
ſie fuͤllen das Fadengewebe (g**) mu waͤßrigen Saͤften
an, und preſſen aus dem Zwiſchenraume eines Nerven
eine Fluͤßigkeit heraus (h).
Jch laſſe nicht einmal den Anfang der Faͤulniß (i)
als ein gewiſſes Zeichen des Todes gelten, und dieſe
Faͤulniß iſt nicht nur bei lebendigen, ſondern auch ſter-
benden Perſonen nicht ſelten ſo heftig, daß mein Buch-
haͤndler Vandenhoͤck verſicherte, er rieche bereits ſeinen
eigenen Tod, und er hatte Recht, dieſes zu verſichern,
da er an einem ſchlimmen Frieſelfieber lag. Dahingegen
leſen wir, daß die Zorzolaken (k) oder Vampirs ei-
nige Tage lang ohne Faͤulniß bleiben, und den Mund
voller Blut haben ſollen.
Mit der Todeskaͤlte hat es eben die Beſchaffenheit
wie mit dem Pulſe, und auch dieſer Grund beſteht nicht.
So frieren oͤfters hiſteriſche Frauensperſonen bei einem,
wiewohl nur ſehr geringen Pulſe.
Ein erſtarrender Koͤrper (m) kann in der That fuͤr
todt gehalten werden, wofern die uͤbrigen Umſtaͤnde da-
mit
(e)
(l)
(f) Oper. min. T. I. p. 169.
(g) Oper. min. p. 403.
(g*) PETIT ad. PALFIN. p.
402. u. ſ. w.
(g**) Vom Lapis infernalis.
dieſer brennt die Haut langſam aus.
Mem. de l’Acad. ann. 1732. p. 295.
236.
(h) ibid.
(i) Sei das einzige Zeichen, nach
der Meinung des WINSLOW.
BRUHIER ſagt, es ſey kein Beweis
vom Tode ſonſt richtig, als wenn
die Oberhaut losgeht. AULBER
praegr. fetus cap.
(k) THEVENOT. Voyag. au
Levant. T I. P. I. c. 63. &c.
(m) Hamburg. Magaz. T. X.
p. 534. Von dem Sternſeher KIR-
CHIO iſt es eine bekannte Sache.
(e)
Ein Nieſemittel vergebens
angewandt LOSS. I. c.
(l) ASTRUC. morb mulier. IV.
p. 80. ESCHENBACH obſ. rar.
p. 21. BRUHIER T. II. p. 500.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 983[985]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1037>, abgerufen am 22.11.2024.
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