Wenn sich bey diesem langen Werke Fehler befinden sollten, und warum sollten diese nicht drinnen liegen, so gestehe ich es, daß sie mir nicht zu Gesichte gekommen, und ich würde sie nie- mals in der Absicht darinnen gelassen haben, um mit Wissen und Willen den Leser zu hinterge- hen, für den ich doch diese so grosse Arbeit auf mich genommen habe.
Vielleicht konnte ich mir auf dasjenige un- schuldige Vergnügen Hoffnung machen, welches wir bey Endigung eines Werkes empfinden, und welches ein Mensch der die Wahrheit liebt, auch wirklich empfindet, wofern er sich bewußt ist, daß er dieser Wahrheit allein zu dienen die Ab- sicht gehabt. Jch habe keine Hypothesen ange- nommen, und ich wundre mich oft, daß man des Hallerschen Systems Erwehnung thut, da ich doch blos gesagt, daß diejenigen Theile em- pfinden, oder sich bewegen, die ich sie empfinden oder bewegen sahe: so wie ich diejenige für un- empfindlich oder unbeweglich ausgegeben, denen ich weder ein Gefühl noch eine angebohrne Be- wegung wahrgenommen. Jn der That konnte in dem Versuche selbst ein Jrrthum liegen, doch
ist
a 4
Vorrede.
Wenn ſich bey dieſem langen Werke Fehler befinden ſollten, und warum ſollten dieſe nicht drinnen liegen, ſo geſtehe ich es, daß ſie mir nicht zu Geſichte gekommen, und ich wuͤrde ſie nie- mals in der Abſicht darinnen gelaſſen haben, um mit Wiſſen und Willen den Leſer zu hinterge- hen, fuͤr den ich doch dieſe ſo groſſe Arbeit auf mich genommen habe.
Vielleicht konnte ich mir auf dasjenige un- ſchuldige Vergnuͤgen Hoffnung machen, welches wir bey Endigung eines Werkes empfinden, und welches ein Menſch der die Wahrheit liebt, auch wirklich empfindet, wofern er ſich bewußt iſt, daß er dieſer Wahrheit allein zu dienen die Ab- ſicht gehabt. Jch habe keine Hypotheſen ange- nommen, und ich wundre mich oft, daß man des Hallerſchen Syſtems Erwehnung thut, da ich doch blos geſagt, daß diejenigen Theile em- pfinden, oder ſich bewegen, die ich ſie empfinden oder bewegen ſahe: ſo wie ich diejenige fuͤr un- empfindlich oder unbeweglich ausgegeben, denen ich weder ein Gefuͤhl noch eine angebohrne Be- wegung wahrgenommen. Jn der That konnte in dem Verſuche ſelbſt ein Jrrthum liegen, doch
iſt
a 4
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><pbfacs="#f0011"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede.</hi></hi></fw><lb/><p>Wenn ſich bey dieſem langen Werke Fehler<lb/>
befinden ſollten, und warum ſollten dieſe nicht<lb/>
drinnen liegen, ſo geſtehe ich es, daß ſie mir nicht<lb/>
zu Geſichte gekommen, und ich wuͤrde ſie nie-<lb/>
mals in der Abſicht darinnen gelaſſen haben, um<lb/>
mit Wiſſen und Willen den Leſer zu hinterge-<lb/>
hen, fuͤr den ich doch dieſe ſo groſſe Arbeit auf<lb/>
mich genommen habe.</p><lb/><p>Vielleicht konnte ich mir auf dasjenige un-<lb/>ſchuldige Vergnuͤgen Hoffnung machen, welches<lb/>
wir bey Endigung eines Werkes empfinden, und<lb/>
welches ein Menſch der die Wahrheit liebt, auch<lb/>
wirklich empfindet, wofern er ſich bewußt iſt,<lb/>
daß er dieſer Wahrheit allein zu dienen die Ab-<lb/>ſicht gehabt. Jch habe keine Hypotheſen ange-<lb/>
nommen, und ich wundre mich oft, daß man<lb/>
des <hirendition="#fr">Hallerſchen</hi> Syſtems Erwehnung thut, da<lb/>
ich doch blos geſagt, daß diejenigen Theile em-<lb/>
pfinden, oder ſich bewegen, die ich ſie empfinden<lb/>
oder bewegen ſahe: ſo wie ich diejenige fuͤr un-<lb/>
empfindlich oder unbeweglich ausgegeben, denen<lb/>
ich weder ein Gefuͤhl noch eine angebohrne Be-<lb/>
wegung wahrgenommen. Jn der That konnte<lb/>
in dem Verſuche ſelbſt ein Jrrthum liegen, doch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">a 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">iſt</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0011]
Vorrede.
Wenn ſich bey dieſem langen Werke Fehler
befinden ſollten, und warum ſollten dieſe nicht
drinnen liegen, ſo geſtehe ich es, daß ſie mir nicht
zu Geſichte gekommen, und ich wuͤrde ſie nie-
mals in der Abſicht darinnen gelaſſen haben, um
mit Wiſſen und Willen den Leſer zu hinterge-
hen, fuͤr den ich doch dieſe ſo groſſe Arbeit auf
mich genommen habe.
Vielleicht konnte ich mir auf dasjenige un-
ſchuldige Vergnuͤgen Hoffnung machen, welches
wir bey Endigung eines Werkes empfinden, und
welches ein Menſch der die Wahrheit liebt, auch
wirklich empfindet, wofern er ſich bewußt iſt,
daß er dieſer Wahrheit allein zu dienen die Ab-
ſicht gehabt. Jch habe keine Hypotheſen ange-
nommen, und ich wundre mich oft, daß man
des Hallerſchen Syſtems Erwehnung thut, da
ich doch blos geſagt, daß diejenigen Theile em-
pfinden, oder ſich bewegen, die ich ſie empfinden
oder bewegen ſahe: ſo wie ich diejenige fuͤr un-
empfindlich oder unbeweglich ausgegeben, denen
ich weder ein Gefuͤhl noch eine angebohrne Be-
wegung wahrgenommen. Jn der That konnte
in dem Verſuche ſelbſt ein Jrrthum liegen, doch
iſt
a 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/11>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.