Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
bei ihnen unter dem Namen der Zoophiten, oder Thier-
pflanzen vorkam.

Jch finde Thierchen, gleichsam als vier Schnekken
ohne Häuser zu einer Art von Blumen vereinigt, welche
aus einem einzigen Stengel hervorkam, und ein Gefühl,
nebst dem Vermögen besaß, sich zurükke zu ziehen (a)
beschrieben.

So wurde ohnlängst auf den Antillischen Jnseln
eine Thierblume (b) ein grosses, und schönes Thier be-
kannt, welches aus einem gemeinschaftlichen Stamme
überall gegen den Umkreis zu eine unzählige Menge
lebendiger und beweglicher Aerme von sich strekkt.

Von diesem Thiere führet die in eins fortgehende
Analogie, zu dem Geschlechte der Meersterne, und zu
demjenigen einstengligen, und nach Art der Polipen
strahlenförmig ausgestrekkten Thiere, so im Nordmeere
wohnt, und welches der unglükkliche Mylius beschrie-
ben (c).

Jch kann also an diesem Orte nicht das weite Ge-
biete der verwanten Polipengeschlechter übergehen, wel-
che unter sich dieses gemein haben, daß ein gemeinschaft-
licher Thierstamm, welcher die Bewegungen seiner gan-
zen Familie dirigirt, und wenn er sich zurükkezieht, alle
seine Kinder, zugleich zum Rükkzuge aufbietet in einer
holen Pflanze wohnet, und aus deren äussersten Aesten

unzäh-
(a) [Spaltenumbruch] Journ. de Trevoax ann.
1701. m Mai.
(b) HUGHES GRIFFITH na-
tural. hist. of Barbados L. IX.
am
Ende.
(c) Jn einem eigenen Schrei-
ben an mich. Da sich selbiger zu
der Reise in die Antillen erbot, oder
wenigstens nach Amerika, so ver-
sahe ich selbigen durch die Güte
[Spaltenumbruch] einiger Liebhaber der Gelehrsam-
keit, mit den nöthigen Geldern zu
dieser Reise, um nach Amerika
zu gehen; es hielte ihn aber eine
gewisse unglükkliche Gewohnheit zu
London auf, und der Kummer ver-
zehrte ihn, ohngeachtet er Nie-
manden die Ursache davon zuschrei-
ben konnte. Das Thier zeichnet
auch der bekannte ELLIS t. 37.

Die Frucht. XXIX. B.
bei ihnen unter dem Namen der Zoophiten, oder Thier-
pflanzen vorkam.

Jch finde Thierchen, gleichſam als vier Schnekken
ohne Haͤuſer zu einer Art von Blumen vereinigt, welche
aus einem einzigen Stengel hervorkam, und ein Gefuͤhl,
nebſt dem Vermoͤgen beſaß, ſich zuruͤkke zu ziehen (a)
beſchrieben.

So wurde ohnlaͤngſt auf den Antilliſchen Jnſeln
eine Thierblume (b) ein groſſes, und ſchoͤnes Thier be-
kannt, welches aus einem gemeinſchaftlichen Stamme
uͤberall gegen den Umkreis zu eine unzaͤhlige Menge
lebendiger und beweglicher Aerme von ſich ſtrekkt.

Von dieſem Thiere fuͤhret die in eins fortgehende
Analogie, zu dem Geſchlechte der Meerſterne, und zu
demjenigen einſtengligen, und nach Art der Polipen
ſtrahlenfoͤrmig ausgeſtrekkten Thiere, ſo im Nordmeere
wohnt, und welches der ungluͤkkliche Mylius beſchrie-
ben (c).

Jch kann alſo an dieſem Orte nicht das weite Ge-
biete der verwanten Polipengeſchlechter uͤbergehen, wel-
che unter ſich dieſes gemein haben, daß ein gemeinſchaft-
licher Thierſtamm, welcher die Bewegungen ſeiner gan-
zen Familie dirigirt, und wenn er ſich zuruͤkkezieht, alle
ſeine Kinder, zugleich zum Ruͤkkzuge aufbietet in einer
holen Pflanze wohnet, und aus deren aͤuſſerſten Aeſten

unzaͤh-
(a) [Spaltenumbruch] Journ. de Trèvoax ann.
1701. m Mai.
(b) HUGHES GRIFFITH na-
tural. hiſt. of Barbados L. IX.
am
Ende.
(c) Jn einem eigenen Schrei-
ben an mich. Da ſich ſelbiger zu
der Reiſe in die Antillen erbot, oder
wenigſtens nach Amerika, ſo ver-
ſahe ich ſelbigen durch die Guͤte
[Spaltenumbruch] einiger Liebhaber der Gelehrſam-
keit, mit den noͤthigen Geldern zu
dieſer Reiſe, um nach Amerika
zu gehen; es hielte ihn aber eine
gewiſſe ungluͤkkliche Gewohnheit zu
London auf, und der Kummer ver-
zehrte ihn, ohngeachtet er Nie-
manden die Urſache davon zuſchrei-
ben konnte. Das Thier zeichnet
auch der bekannte ELLIS t. 37.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0338" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
bei ihnen unter dem Namen der Zoophiten, oder Thier-<lb/>
pflanzen vorkam.</p><lb/>
              <p>Jch finde Thierchen, gleich&#x017F;am als vier Schnekken<lb/>
ohne Ha&#x0364;u&#x017F;er zu einer Art von Blumen vereinigt, welche<lb/>
aus einem einzigen Stengel hervorkam, und ein Gefu&#x0364;hl,<lb/>
neb&#x017F;t dem Vermo&#x0364;gen be&#x017F;aß, &#x017F;ich zuru&#x0364;kke zu ziehen <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">Journ. de Trèvoax ann.<lb/>
1701. m Mai.</hi></note><lb/>
be&#x017F;chrieben.</p><lb/>
              <p>So wurde ohnla&#x0364;ng&#x017F;t auf den Antilli&#x017F;chen Jn&#x017F;eln<lb/>
eine Thierblume <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">HUGHES GRIFFITH na-<lb/>
tural. hi&#x017F;t. of Barbados L. IX.</hi> am<lb/>
Ende.</note> ein gro&#x017F;&#x017F;es, und &#x017F;cho&#x0364;nes Thier be-<lb/>
kannt, welches aus einem gemein&#x017F;chaftlichen Stamme<lb/>
u&#x0364;berall gegen den Umkreis zu eine unza&#x0364;hlige Menge<lb/>
lebendiger und beweglicher Aerme von &#x017F;ich &#x017F;trekkt.</p><lb/>
              <p>Von die&#x017F;em Thiere fu&#x0364;hret die in eins fortgehende<lb/>
Analogie, zu dem Ge&#x017F;chlechte der Meer&#x017F;terne, und zu<lb/>
demjenigen ein&#x017F;tengligen, und nach Art der Polipen<lb/>
&#x017F;trahlenfo&#x0364;rmig ausge&#x017F;trekkten Thiere, &#x017F;o im Nordmeere<lb/>
wohnt, und welches der unglu&#x0364;kkliche <hi rendition="#fr">Mylius</hi> be&#x017F;chrie-<lb/>
ben <note place="foot" n="(c)">Jn einem eigenen Schrei-<lb/>
ben an mich. Da &#x017F;ich &#x017F;elbiger zu<lb/>
der Rei&#x017F;e in die Antillen erbot, oder<lb/>
wenig&#x017F;tens nach Amerika, &#x017F;o ver-<lb/>
&#x017F;ahe ich &#x017F;elbigen durch die Gu&#x0364;te<lb/><cb/>
einiger Liebhaber der Gelehr&#x017F;am-<lb/>
keit, mit den no&#x0364;thigen Geldern zu<lb/>
die&#x017F;er Rei&#x017F;e, um nach Amerika<lb/>
zu gehen; es hielte ihn aber eine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e unglu&#x0364;kkliche Gewohnheit zu<lb/>
London auf, und der Kummer ver-<lb/>
zehrte ihn, ohngeachtet er Nie-<lb/>
manden die Ur&#x017F;ache davon zu&#x017F;chrei-<lb/>
ben konnte. Das Thier zeichnet<lb/>
auch der bekannte <hi rendition="#aq">ELLIS t.</hi> 37.</note>.</p><lb/>
              <p>Jch kann al&#x017F;o an die&#x017F;em Orte nicht das weite Ge-<lb/>
biete der verwanten Polipenge&#x017F;chlechter u&#x0364;bergehen, wel-<lb/>
che unter &#x017F;ich die&#x017F;es gemein haben, daß ein gemein&#x017F;chaft-<lb/>
licher Thier&#x017F;tamm, welcher die Bewegungen &#x017F;einer gan-<lb/>
zen Familie dirigirt, und wenn er &#x017F;ich zuru&#x0364;kkezieht, alle<lb/>
&#x017F;eine Kinder, zugleich zum Ru&#x0364;kkzuge aufbietet in einer<lb/>
holen Pflanze wohnet, und aus deren a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Ae&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unza&#x0364;h-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0338] Die Frucht. XXIX. B. bei ihnen unter dem Namen der Zoophiten, oder Thier- pflanzen vorkam. Jch finde Thierchen, gleichſam als vier Schnekken ohne Haͤuſer zu einer Art von Blumen vereinigt, welche aus einem einzigen Stengel hervorkam, und ein Gefuͤhl, nebſt dem Vermoͤgen beſaß, ſich zuruͤkke zu ziehen (a) beſchrieben. So wurde ohnlaͤngſt auf den Antilliſchen Jnſeln eine Thierblume (b) ein groſſes, und ſchoͤnes Thier be- kannt, welches aus einem gemeinſchaftlichen Stamme uͤberall gegen den Umkreis zu eine unzaͤhlige Menge lebendiger und beweglicher Aerme von ſich ſtrekkt. Von dieſem Thiere fuͤhret die in eins fortgehende Analogie, zu dem Geſchlechte der Meerſterne, und zu demjenigen einſtengligen, und nach Art der Polipen ſtrahlenfoͤrmig ausgeſtrekkten Thiere, ſo im Nordmeere wohnt, und welches der ungluͤkkliche Mylius beſchrie- ben (c). Jch kann alſo an dieſem Orte nicht das weite Ge- biete der verwanten Polipengeſchlechter uͤbergehen, wel- che unter ſich dieſes gemein haben, daß ein gemeinſchaft- licher Thierſtamm, welcher die Bewegungen ſeiner gan- zen Familie dirigirt, und wenn er ſich zuruͤkkezieht, alle ſeine Kinder, zugleich zum Ruͤkkzuge aufbietet in einer holen Pflanze wohnet, und aus deren aͤuſſerſten Aeſten unzaͤh- (a) Journ. de Trèvoax ann. 1701. m Mai. (b) HUGHES GRIFFITH na- tural. hiſt. of Barbados L. IX. am Ende. (c) Jn einem eigenen Schrei- ben an mich. Da ſich ſelbiger zu der Reiſe in die Antillen erbot, oder wenigſtens nach Amerika, ſo ver- ſahe ich ſelbigen durch die Guͤte einiger Liebhaber der Gelehrſam- keit, mit den noͤthigen Geldern zu dieſer Reiſe, um nach Amerika zu gehen; es hielte ihn aber eine gewiſſe ungluͤkkliche Gewohnheit zu London auf, und der Kummer ver- zehrte ihn, ohngeachtet er Nie- manden die Urſache davon zuſchrei- ben konnte. Das Thier zeichnet auch der bekannte ELLIS t. 37.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/338
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/338>, abgerufen am 22.11.2024.