ihrer allmählichen Entwikkelung auf die Spur zu kom- men suchen, und die Ursache von diesen Veränderungen, so viel es Menschen erlaubt ist, aufsuchen.
Das erste und einfachste wird wohl seyn, die Mate- rie zu bestimmen, in welcher der Grund von dieser Ent- wikkelung einer thierischen Form zu suchen ist.
Wir wollen uns hierbei abermals des Exempels der Vögel bedienen, weil wir die ernährende Säfte dersel- ben vor Augen haben: denn es gebraucht schon mehr Mühe, von demjenigen zu reden, was aus der Mutter in die Frucht übergeht, ob man gleich schon daraus schlies- sen kann, es habe, wie bei den Vögeln, ähnliche Grund- stoffe in sich; weil ein vollkommen ähnliches Fleisch und vollkommen ähnliche Knochen davon gebildet werden. Man wird leicht glauben, daß ein Mensch sehr viel von einem gallertartigen Wesen in sich habe.
Bei schwangern Frauenspersonen überziehen sich kei- ne zerbrochene Knochen mit einem callus(c), sie thun es aber, so bald als die Frucht ans Tageslicht gebracht wor- den (d). So bestand der Nahrungssaft aller Thiere aus einem eyweisartigen sanften Wesen, ohne übermäs- sigem Salze, und dieses war auch das erste Futter der Bienen, womit sie ihre junge Brut ernähren (e). Es ist nicht glaublich, daß es verfeinert, und der Fäulnis nahe seyn solte (f), indem ein fauler thierischer Saft seine bindende Leimkräfte verliert (g), und das Eyweis in ei- nem befruchteten Eye nicht faul ist (h).
Die erste Nahrung der Vögel ist das Eyweis, wel- ches sich viel weiter als der Dotter, und durch die meiste
Thier-
(c)[Spaltenumbruch]Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann. 1. obs. 25. HILDAN. Cent. VI. obs. 68. HUNTER 50. Curen p. 177. Phil. trans. n. 494.
(d)Phil. trans. l. c.
(e)SWAMMERDAM p. 400.
(f)NEEDHAM p. 251. LOR- RY alimens p. 104.
(g)[Spaltenumbruch]
Ehedem richtig STAHLIUS man vernachläßige den Leim, wel- cher doch der Grund von der Haut, von den Federn, Haaren, Nägeln u. s. w. sei &c. Zymotechn. p. 49.
(h)MONRO Ess. of a Societ. at Edimb. II. p. 208.
Die Frucht. XXIX. B.
ihrer allmaͤhlichen Entwikkelung auf die Spur zu kom- men ſuchen, und die Urſache von dieſen Veraͤnderungen, ſo viel es Menſchen erlaubt iſt, aufſuchen.
Das erſte und einfachſte wird wohl ſeyn, die Mate- rie zu beſtimmen, in welcher der Grund von dieſer Ent- wikkelung einer thieriſchen Form zu ſuchen iſt.
Wir wollen uns hierbei abermals des Exempels der Voͤgel bedienen, weil wir die ernaͤhrende Saͤfte derſel- ben vor Augen haben: denn es gebraucht ſchon mehr Muͤhe, von demjenigen zu reden, was aus der Mutter in die Frucht uͤbergeht, ob man gleich ſchon daraus ſchlieſ- ſen kann, es habe, wie bei den Voͤgeln, aͤhnliche Grund- ſtoffe in ſich; weil ein vollkommen aͤhnliches Fleiſch und vollkommen aͤhnliche Knochen davon gebildet werden. Man wird leicht glauben, daß ein Menſch ſehr viel von einem gallertartigen Weſen in ſich habe.
Bei ſchwangern Frauensperſonen uͤberziehen ſich kei- ne zerbrochene Knochen mit einem callus(c), ſie thun es aber, ſo bald als die Frucht ans Tageslicht gebracht wor- den (d). So beſtand der Nahrungsſaft aller Thiere aus einem eyweisartigen ſanften Weſen, ohne uͤbermaͤſ- ſigem Salze, und dieſes war auch das erſte Futter der Bienen, womit ſie ihre junge Brut ernaͤhren (e). Es iſt nicht glaublich, daß es verfeinert, und der Faͤulnis nahe ſeyn ſolte (f), indem ein fauler thieriſcher Saft ſeine bindende Leimkraͤfte verliert (g), und das Eyweis in ei- nem befruchteten Eye nicht faul iſt (h).
Die erſte Nahrung der Voͤgel iſt das Eyweis, wel- ches ſich viel weiter als der Dotter, und durch die meiſte
Thier-
(c)[Spaltenumbruch]Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann. 1. obſ. 25. HILDAN. Cent. VI. obſ. 68. HUNTER 50. Curen p. 177. Phil. tranſ. n. 494.
(d)Phil. tranſ. l. c.
(e)SWAMMERDAM p. 400.
(f)NEEDHAM p. 251. LOR- RY alimens p. 104.
(g)[Spaltenumbruch]
Ehedem richtig STAHLIUS man vernachlaͤßige den Leim, wel- cher doch der Grund von der Haut, von den Federn, Haaren, Naͤgeln u. ſ. w. ſei &c. Zymotechn. p. 49.
(h)MONRO Eſſ. of a Societ. at Edimb. II. p. 208.
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[430[432]/0484]
Die Frucht. XXIX. B.
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ſo viel es Menſchen erlaubt iſt, aufſuchen.
Das erſte und einfachſte wird wohl ſeyn, die Mate-
rie zu beſtimmen, in welcher der Grund von dieſer Ent-
wikkelung einer thieriſchen Form zu ſuchen iſt.
Wir wollen uns hierbei abermals des Exempels der
Voͤgel bedienen, weil wir die ernaͤhrende Saͤfte derſel-
ben vor Augen haben: denn es gebraucht ſchon mehr
Muͤhe, von demjenigen zu reden, was aus der Mutter in
die Frucht uͤbergeht, ob man gleich ſchon daraus ſchlieſ-
ſen kann, es habe, wie bei den Voͤgeln, aͤhnliche Grund-
ſtoffe in ſich; weil ein vollkommen aͤhnliches Fleiſch und
vollkommen aͤhnliche Knochen davon gebildet werden.
Man wird leicht glauben, daß ein Menſch ſehr viel von
einem gallertartigen Weſen in ſich habe.
Bei ſchwangern Frauensperſonen uͤberziehen ſich kei-
ne zerbrochene Knochen mit einem callus (c), ſie thun es
aber, ſo bald als die Frucht ans Tageslicht gebracht wor-
den (d). So beſtand der Nahrungsſaft aller Thiere
aus einem eyweisartigen ſanften Weſen, ohne uͤbermaͤſ-
ſigem Salze, und dieſes war auch das erſte Futter der
Bienen, womit ſie ihre junge Brut ernaͤhren (e). Es
iſt nicht glaublich, daß es verfeinert, und der Faͤulnis
nahe ſeyn ſolte (f), indem ein fauler thieriſcher Saft ſeine
bindende Leimkraͤfte verliert (g), und das Eyweis in ei-
nem befruchteten Eye nicht faul iſt (h).
Die erſte Nahrung der Voͤgel iſt das Eyweis, wel-
ches ſich viel weiter als der Dotter, und durch die meiſte
Thier-
(c)
Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann.
1. obſ. 25. HILDAN. Cent. VI.
obſ. 68. HUNTER 50. Curen p.
177. Phil. tranſ. n. 494.
(d) Phil. tranſ. l. c.
(e) SWAMMERDAM p. 400.
(f) NEEDHAM p. 251. LOR-
RY alimens p. 104.
(g)
Ehedem richtig STAHLIUS
man vernachlaͤßige den Leim, wel-
cher doch der Grund von der Haut,
von den Federn, Haaren, Naͤgeln
u. ſ. w. ſei &c. Zymotechn. p. 49.
(h) MONRO Eſſ. of a Societ.
at Edimb. II. p. 208.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 430[432]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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