Die nach und nach vermehrte Festigkeit der Brust- bekleidungen treibt das Herz, welches der Queere nach ausser der Brust hervorhing, nach und nach zurükke in seine rechte Lage, so daß es die Spizze abwärts, und die Schlagadergefässe (c) über sich kehrt.
Das grosse Aufschwellen der Lunge, nachdem sie Luft in sich zu ziehen angefangen, machet die Brust länger, und den Bauch kürzer, so wie es das Wasser der Leber, der Niere, und der Nebenniere, vermindert. Daher kömmt es, daß die Frucht eine sehr kurze Brust, hinge- gen das Kind, und der erwachsene Mensch, eine viel län- gere hat.
Diejenige Muskeln, welche an den Knochen liegen, erlauben an derjenigen Stelle, wo sie oftmals in ihrer Thätigkeit aufschwellen, nicht den Knochen auszuwach- sen, und drükken selbigen von ihrer Gegenwart tiefe Fur- chen ein. So wird der runde Kopf einer Frucht (d), von dem Drukke der Schläfenmuskeln, an den Seiten zu einer geradelinigen Fläche gedrükkt. Solchergestalt verwandeln sich alle lange Knochen aus Cilindern, die sie an der Frucht vorstellen (e), in mehr oder weniger ge- naue dreiseitige Prismata, um desto mehr, je grösser die Muskeln, und je schwächer die Knochen sind: am aller- genauesten an der Schienenröhre, am Schienbeine, an der Spindel, Ellnbogen, an der Mittelhand, Mittelfusse, an den Fingern, Zeen und endlich auch an der Hüfte, und am Ellnbogen. Wo aber Sehnen durchgehen, da- selbst scheinet der weniger gedrukkte Knochen aufzuschwel- len, und es entstehen daselbst die vorragende und breite Knochenansäzze an dem untersten langen Knochen.
End-
(c)[Spaltenumbruch]Form. du poulet. p. 102. 103. so auch WOLFIUS von dem dichtern Fadengewebe. erzeug. p. 215.
(d) So auch MONRO of the bonnes p. 64. & KOLPIN fetus & adult. differ. p. 5. bemerkt, daß [Spaltenumbruch]
die Knochen in der Mitte anfan- gen, zu Knochen zu werden MON- RO p. 33.
(e) Sind bei Erwachsenen in der Mitte zärter, als bei Kindern MONRO p. 33.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Die nach und nach vermehrte Feſtigkeit der Bruſt- bekleidungen treibt das Herz, welches der Queere nach auſſer der Bruſt hervorhing, nach und nach zuruͤkke in ſeine rechte Lage, ſo daß es die Spizze abwaͤrts, und die Schlagadergefaͤſſe (c) uͤber ſich kehrt.
Das groſſe Aufſchwellen der Lunge, nachdem ſie Luft in ſich zu ziehen angefangen, machet die Bruſt laͤnger, und den Bauch kuͤrzer, ſo wie es das Waſſer der Leber, der Niere, und der Nebenniere, vermindert. Daher koͤmmt es, daß die Frucht eine ſehr kurze Bruſt, hinge- gen das Kind, und der erwachſene Menſch, eine viel laͤn- gere hat.
Diejenige Muskeln, welche an den Knochen liegen, erlauben an derjenigen Stelle, wo ſie oftmals in ihrer Thaͤtigkeit aufſchwellen, nicht den Knochen auszuwach- ſen, und druͤkken ſelbigen von ihrer Gegenwart tiefe Fur- chen ein. So wird der runde Kopf einer Frucht (d), von dem Drukke der Schlaͤfenmuskeln, an den Seiten zu einer geradelinigen Flaͤche gedruͤkkt. Solchergeſtalt verwandeln ſich alle lange Knochen aus Cilindern, die ſie an der Frucht vorſtellen (e), in mehr oder weniger ge- naue dreiſeitige Priſmata, um deſto mehr, je groͤſſer die Muskeln, und je ſchwaͤcher die Knochen ſind: am aller- genaueſten an der Schienenroͤhre, am Schienbeine, an der Spindel, Ellnbogen, an der Mittelhand, Mittelfuſſe, an den Fingern, Zeen und endlich auch an der Huͤfte, und am Ellnbogen. Wo aber Sehnen durchgehen, da- ſelbſt ſcheinet der weniger gedrukkte Knochen aufzuſchwel- len, und es entſtehen daſelbſt die vorragende und breite Knochenanſaͤzze an dem unterſten langen Knochen.
End-
(c)[Spaltenumbruch]Form. du poulet. p. 102. 103. ſo auch WOLFIUS von dem dichtern Fadengewebe. erzeug. p. 215.
(d) So auch MONRO of the bonnes p. 64. & KOLPIN fetus & adult. differ. p. 5. bemerkt, daß [Spaltenumbruch]
die Knochen in der Mitte anfan- gen, zu Knochen zu werden MON- RO p. 33.
(e) Sind bei Erwachſenen in der Mitte zaͤrter, als bei Kindern MONRO p. 33.
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[505[507]/0559]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Die nach und nach vermehrte Feſtigkeit der Bruſt-
bekleidungen treibt das Herz, welches der Queere nach
auſſer der Bruſt hervorhing, nach und nach zuruͤkke in
ſeine rechte Lage, ſo daß es die Spizze abwaͤrts, und die
Schlagadergefaͤſſe (c) uͤber ſich kehrt.
Das groſſe Aufſchwellen der Lunge, nachdem ſie Luft
in ſich zu ziehen angefangen, machet die Bruſt laͤnger,
und den Bauch kuͤrzer, ſo wie es das Waſſer der Leber,
der Niere, und der Nebenniere, vermindert. Daher
koͤmmt es, daß die Frucht eine ſehr kurze Bruſt, hinge-
gen das Kind, und der erwachſene Menſch, eine viel laͤn-
gere hat.
Diejenige Muskeln, welche an den Knochen liegen,
erlauben an derjenigen Stelle, wo ſie oftmals in ihrer
Thaͤtigkeit aufſchwellen, nicht den Knochen auszuwach-
ſen, und druͤkken ſelbigen von ihrer Gegenwart tiefe Fur-
chen ein. So wird der runde Kopf einer Frucht (d),
von dem Drukke der Schlaͤfenmuskeln, an den Seiten
zu einer geradelinigen Flaͤche gedruͤkkt. Solchergeſtalt
verwandeln ſich alle lange Knochen aus Cilindern, die ſie
an der Frucht vorſtellen (e), in mehr oder weniger ge-
naue dreiſeitige Priſmata, um deſto mehr, je groͤſſer die
Muskeln, und je ſchwaͤcher die Knochen ſind: am aller-
genaueſten an der Schienenroͤhre, am Schienbeine, an
der Spindel, Ellnbogen, an der Mittelhand, Mittelfuſſe,
an den Fingern, Zeen und endlich auch an der Huͤfte,
und am Ellnbogen. Wo aber Sehnen durchgehen, da-
ſelbſt ſcheinet der weniger gedrukkte Knochen aufzuſchwel-
len, und es entſtehen daſelbſt die vorragende und breite
Knochenanſaͤzze an dem unterſten langen Knochen.
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(c)
Form. du poulet. p. 102.
103. ſo auch WOLFIUS von dem
dichtern Fadengewebe. erzeug. p.
215.
(d) So auch MONRO of the
bonnes p. 64. & KOLPIN fetus
& adult. differ. p. 5. bemerkt, daß
die Knochen in der Mitte anfan-
gen, zu Knochen zu werden MON-
RO p. 33.
(e) Sind bei Erwachſenen in
der Mitte zaͤrter, als bei Kindern
MONRO p. 33.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 505[507]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/559>, abgerufen am 22.11.2024.
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