gemeinen Verstande, für ein jedes Behältnis, worin- nen sich ein künftiges Thier zu allernächst befindet.
Zu dieser Begattung werden alle Thiere durch den Reiz der Wollust begeistert, und dieses war bei den Hei- den der Grund eine Göttin dazu, unter dem Namen der Venus, zu erdichten. Wir haben bereits von den Männchen gezeigt, wie mächtig die Reize sind, welche bei ihnen die Begattung veranlassen (s). Selbige sind bei den Weibchen überhaupt gelinder. Jch muß aber dieses erklären.
Es haben nämlich Thiere, welche keine zweierlei Ge- schlechter haben, entweder mit einem jeden Weibchen ih- rer Art, einen verliebten Umgang, oder sie führen eine Art des ehelichen Lebens, und es verbindet sich ein jedes Männchen mit seinem eignen Weibchen, welches sich blos zu demselben hält, und welches der Mann seiner Seits wieder allein liebt. Zwar sind die Beispiele von Ehen nicht sehr gemein: man trift sie aber dennoch auch unter den Vögeln, und wie Jedermann weiß, bei den Tauben, so wie bei den Schwalben, und vielen andern wirklich an: nur mit dem Unterschiede, daß diese Ehe bei den meisten blos auf den Frühling geschlossen wird, und daß solche hingegen bei den Tauben fast die ganze Lebenszeit hindurch währet. Unter den vierfüßigen Thie- ren ist der Biber der einzige, der sich zu seiner Gattin hält.
Die übrige Thiere begleiten entweder das erste beste Weibchen, welches ihnen vorkömmt, oder sie üben die Vielweiberei aus, und haben mehrere Weiber, welche den Befehlen eines einzigen Mannes gehorchen, der die Mine der orientalischen Prinzen an sich zu nehmen weiß. Unter den Vögeln gehört vorzüglich der diktatorische Haushahn, mit den andern seines Geschlechtes hieher.
Zu
(s)I. XXVII. p. 516. & L. XXIX. p. 11.
B 2
I. Abſchn. Empfaͤngnis.
gemeinen Verſtande, fuͤr ein jedes Behaͤltnis, worin- nen ſich ein kuͤnftiges Thier zu allernaͤchſt befindet.
Zu dieſer Begattung werden alle Thiere durch den Reiz der Wolluſt begeiſtert, und dieſes war bei den Hei- den der Grund eine Goͤttin dazu, unter dem Namen der Venus, zu erdichten. Wir haben bereits von den Maͤnnchen gezeigt, wie maͤchtig die Reize ſind, welche bei ihnen die Begattung veranlaſſen (s). Selbige ſind bei den Weibchen uͤberhaupt gelinder. Jch muß aber dieſes erklaͤren.
Es haben naͤmlich Thiere, welche keine zweierlei Ge- ſchlechter haben, entweder mit einem jeden Weibchen ih- rer Art, einen verliebten Umgang, oder ſie fuͤhren eine Art des ehelichen Lebens, und es verbindet ſich ein jedes Maͤnnchen mit ſeinem eignen Weibchen, welches ſich blos zu demſelben haͤlt, und welches der Mann ſeiner Seits wieder allein liebt. Zwar ſind die Beiſpiele von Ehen nicht ſehr gemein: man trift ſie aber dennoch auch unter den Voͤgeln, und wie Jedermann weiß, bei den Tauben, ſo wie bei den Schwalben, und vielen andern wirklich an: nur mit dem Unterſchiede, daß dieſe Ehe bei den meiſten blos auf den Fruͤhling geſchloſſen wird, und daß ſolche hingegen bei den Tauben faſt die ganze Lebenszeit hindurch waͤhret. Unter den vierfuͤßigen Thie- ren iſt der Biber der einzige, der ſich zu ſeiner Gattin haͤlt.
Die uͤbrige Thiere begleiten entweder das erſte beſte Weibchen, welches ihnen vorkoͤmmt, oder ſie uͤben die Vielweiberei aus, und haben mehrere Weiber, welche den Befehlen eines einzigen Mannes gehorchen, der die Mine der orientaliſchen Prinzen an ſich zu nehmen weiß. Unter den Voͤgeln gehoͤrt vorzuͤglich der diktatoriſche Haushahn, mit den andern ſeines Geſchlechtes hieher.
Zu
(s)I. XXVII. p. 516. & L. XXIX. p. 11.
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I. Abſchn. Empfaͤngnis.
gemeinen Verſtande, fuͤr ein jedes Behaͤltnis, worin-
nen ſich ein kuͤnftiges Thier zu allernaͤchſt befindet.
Zu dieſer Begattung werden alle Thiere durch den
Reiz der Wolluſt begeiſtert, und dieſes war bei den Hei-
den der Grund eine Goͤttin dazu, unter dem Namen
der Venus, zu erdichten. Wir haben bereits von den
Maͤnnchen gezeigt, wie maͤchtig die Reize ſind, welche
bei ihnen die Begattung veranlaſſen (s). Selbige ſind
bei den Weibchen uͤberhaupt gelinder. Jch muß aber
dieſes erklaͤren.
Es haben naͤmlich Thiere, welche keine zweierlei Ge-
ſchlechter haben, entweder mit einem jeden Weibchen ih-
rer Art, einen verliebten Umgang, oder ſie fuͤhren eine
Art des ehelichen Lebens, und es verbindet ſich ein jedes
Maͤnnchen mit ſeinem eignen Weibchen, welches ſich
blos zu demſelben haͤlt, und welches der Mann ſeiner
Seits wieder allein liebt. Zwar ſind die Beiſpiele von
Ehen nicht ſehr gemein: man trift ſie aber dennoch auch
unter den Voͤgeln, und wie Jedermann weiß, bei den
Tauben, ſo wie bei den Schwalben, und vielen andern
wirklich an: nur mit dem Unterſchiede, daß dieſe Ehe
bei den meiſten blos auf den Fruͤhling geſchloſſen wird,
und daß ſolche hingegen bei den Tauben faſt die ganze
Lebenszeit hindurch waͤhret. Unter den vierfuͤßigen Thie-
ren iſt der Biber der einzige, der ſich zu ſeiner Gattin
haͤlt.
Die uͤbrige Thiere begleiten entweder das erſte beſte
Weibchen, welches ihnen vorkoͤmmt, oder ſie uͤben die
Vielweiberei aus, und haben mehrere Weiber, welche
den Befehlen eines einzigen Mannes gehorchen, der die
Mine der orientaliſchen Prinzen an ſich zu nehmen weiß.
Unter den Voͤgeln gehoͤrt vorzuͤglich der diktatoriſche
Haushahn, mit den andern ſeines Geſchlechtes hieher.
Zu
(s) I. XXVII. p. 516. & L. XXIX. p. 11.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/71>, abgerufen am 27.11.2024.
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