Zu denen geselligen Thieren (t) gehöret der Stier, das Pferd, der Widder, der Meerbär, aus dem Ge- schlechte der Meerkälber, welcher den übrigen Tirannen auch darinnen ähnlich ist, daß er ungemein eifersüchtig denkt, und um seine Gattinnen Kriege anfängt.
Doch es giebt auch andre Thiere, so in Heerden beisammen weiden, und unter denen die Natur das männliche Geschlecht in viel grösserm Ueberflusse hervor- bringt, und es müssen ihrer viele ein einziges Weibchen bedienen. Man hat davon ein Exempel an der Fami- lie der Bienen, denn man rechnet bei diesen auf die we- nige Weibchen, davon endlich nur ein einziges, eine Stammmutter in dem Bienenkorbe übrig bleibt, gegen vierhundert Männchen (u).
Nach dieser Verschiedenheit der Thiere, hat nun die vollkommen weise Regentin des Ganzen, die Natur, die Reize zur Begattung, bald auf diese, bald auf an- dre Arten gemildert und gestimmt.
Sie theilet bei den geselligen Thieren, da ein einzi- ger Mann eine Menge Weiber auf sich nehmen muß, dem Manne eine hizzige Leidenschaft mit (x), indessen daß sie die Weiber gelassen und keusch macht (y), diese unterwerfen sich dem Zwange der Liebe wider ihren Wil- len, und sie müssen dazu vom Manne gleichsam eben so mit Gewalt genöthigt werden, wie die alten homerische Göttinnen, welche Jupiter zu der Ehe mit den Sterb- lichen verurtheilet hatte. Man hat ein Exempel an den Hirschkühen (z).
Jndessen scheinen aber doch auch unter denen, welche dem Zufall zum Anführer ihrer allgemeinen Liebe machen,
z. E.
(t)[Spaltenumbruch]HARVEI in gener. anim.
(u)REAUMUR. Memoir. pour servir a l'histoire des Insectes T. V. mem. 9. Verschnittne giebt es gegen 18000.
(x) Auch bey der Blatlaus, welche viel Männer, und wenig [Spaltenumbruch]
Weiber hat BONNET. Insectolog. I. p. 134.
(y)HARVEI.
(z)BUFFON. hist. general. & partic. VI. p. 74. PISO Hist. nat. Ind. p. 97.
Die Frucht. XXIX. Buch.
Zu denen geſelligen Thieren (t) gehoͤret der Stier, das Pferd, der Widder, der Meerbaͤr, aus dem Ge- ſchlechte der Meerkaͤlber, welcher den uͤbrigen Tirannen auch darinnen aͤhnlich iſt, daß er ungemein eiferſuͤchtig denkt, und um ſeine Gattinnen Kriege anfaͤngt.
Doch es giebt auch andre Thiere, ſo in Heerden beiſammen weiden, und unter denen die Natur das maͤnnliche Geſchlecht in viel groͤſſerm Ueberfluſſe hervor- bringt, und es muͤſſen ihrer viele ein einziges Weibchen bedienen. Man hat davon ein Exempel an der Fami- lie der Bienen, denn man rechnet bei dieſen auf die we- nige Weibchen, davon endlich nur ein einziges, eine Stammmutter in dem Bienenkorbe uͤbrig bleibt, gegen vierhundert Maͤnnchen (u).
Nach dieſer Verſchiedenheit der Thiere, hat nun die vollkommen weiſe Regentin des Ganzen, die Natur, die Reize zur Begattung, bald auf dieſe, bald auf an- dre Arten gemildert und geſtimmt.
Sie theilet bei den geſelligen Thieren, da ein einzi- ger Mann eine Menge Weiber auf ſich nehmen muß, dem Manne eine hizzige Leidenſchaft mit (x), indeſſen daß ſie die Weiber gelaſſen und keuſch macht (y), dieſe unterwerfen ſich dem Zwange der Liebe wider ihren Wil- len, und ſie muͤſſen dazu vom Manne gleichſam eben ſo mit Gewalt genoͤthigt werden, wie die alten homeriſche Goͤttinnen, welche Jupiter zu der Ehe mit den Sterb- lichen verurtheilet hatte. Man hat ein Exempel an den Hirſchkuͤhen (z).
Jndeſſen ſcheinen aber doch auch unter denen, welche dem Zufall zum Anfuͤhrer ihrer allgemeinen Liebe machen,
z. E.
(t)[Spaltenumbruch]HARVEI in gener. anim.
(u)REAUMUR. Mémoir. pour ſervir à l’hiſtoire des Inſectes T. V. mém. 9. Verſchnittne giebt es gegen 18000.
(x) Auch bey der Blatlaus, welche viel Maͤnner, und wenig [Spaltenumbruch]
Weiber hat BONNET. Inſectolog. I. p. 134.
(y)HARVEI.
(z)BUFFON. hiſt. general. & partic. VI. p. 74. PISO Hiſt. nat. Ind. p. 97.
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[20/0072]
Die Frucht. XXIX. Buch.
Zu denen geſelligen Thieren (t) gehoͤret der Stier,
das Pferd, der Widder, der Meerbaͤr, aus dem Ge-
ſchlechte der Meerkaͤlber, welcher den uͤbrigen Tirannen
auch darinnen aͤhnlich iſt, daß er ungemein eiferſuͤchtig
denkt, und um ſeine Gattinnen Kriege anfaͤngt.
Doch es giebt auch andre Thiere, ſo in Heerden
beiſammen weiden, und unter denen die Natur das
maͤnnliche Geſchlecht in viel groͤſſerm Ueberfluſſe hervor-
bringt, und es muͤſſen ihrer viele ein einziges Weibchen
bedienen. Man hat davon ein Exempel an der Fami-
lie der Bienen, denn man rechnet bei dieſen auf die we-
nige Weibchen, davon endlich nur ein einziges, eine
Stammmutter in dem Bienenkorbe uͤbrig bleibt, gegen
vierhundert Maͤnnchen (u).
Nach dieſer Verſchiedenheit der Thiere, hat nun die
vollkommen weiſe Regentin des Ganzen, die Natur,
die Reize zur Begattung, bald auf dieſe, bald auf an-
dre Arten gemildert und geſtimmt.
Sie theilet bei den geſelligen Thieren, da ein einzi-
ger Mann eine Menge Weiber auf ſich nehmen muß,
dem Manne eine hizzige Leidenſchaft mit (x), indeſſen
daß ſie die Weiber gelaſſen und keuſch macht (y), dieſe
unterwerfen ſich dem Zwange der Liebe wider ihren Wil-
len, und ſie muͤſſen dazu vom Manne gleichſam eben ſo
mit Gewalt genoͤthigt werden, wie die alten homeriſche
Goͤttinnen, welche Jupiter zu der Ehe mit den Sterb-
lichen verurtheilet hatte. Man hat ein Exempel an den
Hirſchkuͤhen (z).
Jndeſſen ſcheinen aber doch auch unter denen, welche
dem Zufall zum Anfuͤhrer ihrer allgemeinen Liebe machen,
z. E.
(t)
HARVEI in gener. anim.
(u) REAUMUR. Mémoir. pour
ſervir à l’hiſtoire des Inſectes T.
V. mém. 9. Verſchnittne giebt es
gegen 18000.
(x) Auch bey der Blatlaus,
welche viel Maͤnner, und wenig
Weiber hat BONNET. Inſectolog.
I. p. 134.
(y) HARVEI.
(z) BUFFON. hiſt. general. &
partic. VI. p. 74. PISO Hiſt. nat.
Ind. p. 97.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/72>, abgerufen am 23.11.2024.
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