Es hat aber die Natur selbst schon für dieses allge- meine Uebel gesorgt. Es fängt nämlich ihrem Gesetze zufolge die reizbare, so sehr empfindliche, und von dem losgerissenen Kuchen gereizte Gebärmutter, den Augen- blikk, nachdem sie sich von ihrer Bürde entledigt hat, an, durch ihre eigene Kraft sich zu verengern, und es wissen es diejenigen, welche die Sache verstehen, am besten, wie mächtig dieselbe nach der Geburt sey (n), und wie dieselbige auch noch an todten Körpern ihre Elasticität ausübet (o). Auf solche Art wird das Blut, so in den Si- nussen und in denen Schlagadern, bei deren Mündun- gen am nächsten vorkömmt, hervorgedrükkt, es schliesset sich der Muttermund zusammen, es verwandelt sich die ganze Masse der Gebärmutter in eine kleinere Figur, und sie erlangt ihre vorige Dikke und dichte Natur wieder.
Sie beobachtet hiebei nicht immer einerlei Geschwin- digkeit, doch folgen diese Auftritte schnell hinter einander.
Ruysch, dieser ehrliche Greis (p), rieth, den Kuchen in der Gebärmutter zu lassen. Er behauptete, daß sich der Muttermund nur ziemlich langsam schliesse, und man habe denselben, und zwar nicht selten, noch den vierzehn- ten Tag offen gefunden. Der berühmte Pouteau(q) fand den achten Tag den Umfang der Gebärmutter ge- doppelt so groß als eine Faust, und den funfzehnten Tag nicht viel kleiner; dieses übertreiben andere dergestalt, daß sie behaupten, die Gebärmutter schliesse sich bei den- jenigen Frauenspersonen nicht, welche viel Kinder ge- bohren hätten (r). Jch habe zweimal bei Kindbetterin- nen, davon die eine an einer hizzigen Krankheit, die an- dere an einem Muttergeschwüre gestorben war, die Ge-
bär-
(n)[Spaltenumbruch]DENYS p. 160.
(o)p. 58.
(p)Thes. IX. n. 15. So WEIS progr. V. p. 8. einen Zoll breit.
(q)[Spaltenumbruch]MELANGES p. 182.
(r)Art. de faire les raports p. 344.
Die Frucht. XXIX. B.
Es hat aber die Natur ſelbſt ſchon fuͤr dieſes allge- meine Uebel geſorgt. Es faͤngt naͤmlich ihrem Geſetze zufolge die reizbare, ſo ſehr empfindliche, und von dem losgeriſſenen Kuchen gereizte Gebaͤrmutter, den Augen- blikk, nachdem ſie ſich von ihrer Buͤrde entledigt hat, an, durch ihre eigene Kraft ſich zu verengern, und es wiſſen es diejenigen, welche die Sache verſtehen, am beſten, wie maͤchtig dieſelbe nach der Geburt ſey (n), und wie dieſelbige auch noch an todten Koͤrpern ihre Elaſticitaͤt ausuͤbet (o). Auf ſolche Art wird das Blut, ſo in den Si- nuſſen und in denen Schlagadern, bei deren Muͤndun- gen am naͤchſten vorkoͤmmt, hervorgedruͤkkt, es ſchlieſſet ſich der Muttermund zuſammen, es verwandelt ſich die ganze Maſſe der Gebaͤrmutter in eine kleinere Figur, und ſie erlangt ihre vorige Dikke und dichte Natur wieder.
Sie beobachtet hiebei nicht immer einerlei Geſchwin- digkeit, doch folgen dieſe Auftritte ſchnell hinter einander.
Ruyſch, dieſer ehrliche Greis (p), rieth, den Kuchen in der Gebaͤrmutter zu laſſen. Er behauptete, daß ſich der Muttermund nur ziemlich langſam ſchlieſſe, und man habe denſelben, und zwar nicht ſelten, noch den vierzehn- ten Tag offen gefunden. Der beruͤhmte Pouteau(q) fand den achten Tag den Umfang der Gebaͤrmutter ge- doppelt ſo groß als eine Fauſt, und den funfzehnten Tag nicht viel kleiner; dieſes uͤbertreiben andere dergeſtalt, daß ſie behaupten, die Gebaͤrmutter ſchlieſſe ſich bei den- jenigen Frauensperſonen nicht, welche viel Kinder ge- bohren haͤtten (r). Jch habe zweimal bei Kindbetterin- nen, davon die eine an einer hizzigen Krankheit, die an- dere an einem Muttergeſchwuͤre geſtorben war, die Ge-
baͤr-
(n)[Spaltenumbruch]DENYS p. 160.
(o)p. 58.
(p)Theſ. IX. n. 15. So WEIS progr. V. p. 8. einen Zoll breit.
(q)[Spaltenumbruch]MELANGES p. 182.
(r)Art. de faire les raports p. 344.
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[750[752]/0804]
Die Frucht. XXIX. B.
Es hat aber die Natur ſelbſt ſchon fuͤr dieſes allge-
meine Uebel geſorgt. Es faͤngt naͤmlich ihrem Geſetze
zufolge die reizbare, ſo ſehr empfindliche, und von dem
losgeriſſenen Kuchen gereizte Gebaͤrmutter, den Augen-
blikk, nachdem ſie ſich von ihrer Buͤrde entledigt hat, an,
durch ihre eigene Kraft ſich zu verengern, und es wiſſen
es diejenigen, welche die Sache verſtehen, am beſten,
wie maͤchtig dieſelbe nach der Geburt ſey (n), und wie
dieſelbige auch noch an todten Koͤrpern ihre Elaſticitaͤt
ausuͤbet (o). Auf ſolche Art wird das Blut, ſo in den Si-
nuſſen und in denen Schlagadern, bei deren Muͤndun-
gen am naͤchſten vorkoͤmmt, hervorgedruͤkkt, es ſchlieſſet
ſich der Muttermund zuſammen, es verwandelt ſich die
ganze Maſſe der Gebaͤrmutter in eine kleinere Figur, und
ſie erlangt ihre vorige Dikke und dichte Natur wieder.
Sie beobachtet hiebei nicht immer einerlei Geſchwin-
digkeit, doch folgen dieſe Auftritte ſchnell hinter einander.
Ruyſch, dieſer ehrliche Greis (p), rieth, den Kuchen
in der Gebaͤrmutter zu laſſen. Er behauptete, daß ſich
der Muttermund nur ziemlich langſam ſchlieſſe, und man
habe denſelben, und zwar nicht ſelten, noch den vierzehn-
ten Tag offen gefunden. Der beruͤhmte Pouteau (q)
fand den achten Tag den Umfang der Gebaͤrmutter ge-
doppelt ſo groß als eine Fauſt, und den funfzehnten Tag
nicht viel kleiner; dieſes uͤbertreiben andere dergeſtalt,
daß ſie behaupten, die Gebaͤrmutter ſchlieſſe ſich bei den-
jenigen Frauensperſonen nicht, welche viel Kinder ge-
bohren haͤtten (r). Jch habe zweimal bei Kindbetterin-
nen, davon die eine an einer hizzigen Krankheit, die an-
dere an einem Muttergeſchwuͤre geſtorben war, die Ge-
baͤr-
(n)
DENYS p. 160.
(o) p. 58.
(p) Theſ. IX. n. 15. So WEIS
progr. V. p. 8. einen Zoll breit.
(q)
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(r) Art. de faire les raports
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 750[752]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/804>, abgerufen am 22.11.2024.
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