Folglich glaubten berühmte Männer, daß es ge- nug sey, wenn nur der Saamendunst dem Weibchen beigebracht würde (c). Sie würden Recht haben, wenn die Ruthe vor dem Beischlafe (d) dämpfete. Nun läuft aber nach dem Beischlafe ein dikker Saame aus der weib- lichen Schaam heraus (e), und es hatte eine Frauens- person empfangen, welche den Saamen nicht bei sich be- halten (f). Folglich ersiehet man, daß die Gebärmut- ter nach dem fruchtbaren Begatten so wenig verschlossen ist, daß sie vielmehr offen steht (g).
Wenn man gleich alle diese Vorträge wohl erwägt, so fühle ich dennoch ein Zug bei mir, den Schulbe- griffen meinen Beifall zu geben. Es lässet sich nämlich der Beweis von dem Saamen, welcher in unfruchtba- rem Beischlafe aus der weiblichen Schaam wegfliest, in fruchtbarer Begattung aber im Körper bleibt, schwerlich verwerfen, indem die Weiber an diesem Zeichen wissen, ob sie empfangen haben, und man schliest von den weib- lichen Thieren aus eben diesem Merkmale, daß die Be- gattung angeschlagen.
Es ist nämlich nothwendig, daß der Saame in der Gebärmutter bleibt, und es geht nicht an, daß er in der Scheide verweilen könnte.
Es ist ferner ein harter Verdacht, daß Ruysch den Saamen nicht vom Schleime zu unterscheiden gewust. Er und andre haben ihn geronnen gesehen (h). Es ge- rinnt aber der aus der weiblichen Schaam fortrinnende
Saame,
(c)[Spaltenumbruch]
Biene SWAMMERDAM. GRAAF. p. 243. &c. GERIKE de gener. p. 107. Trait. de la Super- set. p. 40. SONGUERD. phil. na- tur. p. 279. Cornel. CONSENT. p. 177. VALISNER. gener. L. II. c. 13. n. 3. SOLINGER. ampt. p. 323. PARSONS. gener. p. 90.
(d)Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. 9. obs. 134. KUHDEMANN. p. 32. 33. J. M. HOFMANN.
(e)[Spaltenumbruch]
Es hätten welche gezeugt die keinen Saamen von sich geben L. de CLARELLIS, welches über- trieben ist.
(f)MOUSIN. hort. p. 292.
(g)RUYSCH. apud SLADUM Act. Hafn. II. n. 4. DENYS. ampt. der vroedvrouw. p. 467. an der Kuh VERHEYEN. II. p. 314.
(h)TITSING. l. c. RUYSCH. advers. &c.
C 3
I. Abſchn. Empfaͤngnis.
Folglich glaubten beruͤhmte Maͤnner, daß es ge- nug ſey, wenn nur der Saamendunſt dem Weibchen beigebracht wuͤrde (c). Sie wuͤrden Recht haben, wenn die Ruthe vor dem Beiſchlafe (d) daͤmpfete. Nun laͤuft aber nach dem Beiſchlafe ein dikker Saame aus der weib- lichen Schaam heraus (e), und es hatte eine Frauens- perſon empfangen, welche den Saamen nicht bei ſich be- halten (f). Folglich erſiehet man, daß die Gebaͤrmut- ter nach dem fruchtbaren Begatten ſo wenig verſchloſſen iſt, daß ſie vielmehr offen ſteht (g).
Wenn man gleich alle dieſe Vortraͤge wohl erwaͤgt, ſo fuͤhle ich dennoch ein Zug bei mir, den Schulbe- griffen meinen Beifall zu geben. Es laͤſſet ſich naͤmlich der Beweis von dem Saamen, welcher in unfruchtba- rem Beiſchlafe aus der weiblichen Schaam wegflieſt, in fruchtbarer Begattung aber im Koͤrper bleibt, ſchwerlich verwerfen, indem die Weiber an dieſem Zeichen wiſſen, ob ſie empfangen haben, und man ſchlieſt von den weib- lichen Thieren aus eben dieſem Merkmale, daß die Be- gattung angeſchlagen.
Es iſt naͤmlich nothwendig, daß der Saame in der Gebaͤrmutter bleibt, und es geht nicht an, daß er in der Scheide verweilen koͤnnte.
Es iſt ferner ein harter Verdacht, daß Ruyſch den Saamen nicht vom Schleime zu unterſcheiden gewuſt. Er und andre haben ihn geronnen geſehen (h). Es ge- rinnt aber der aus der weiblichen Schaam fortrinnende
Saame,
(c)[Spaltenumbruch]
Biene SWAMMERDAM. GRAAF. p. 243. &c. GERIKE de gener. p. 107. Trait. de la Super- ſet. p. 40. SONGUERD. phil. na- tur. p. 279. Cornel. CONSENT. p. 177. VALISNER. gener. L. II. c. 13. n. 3. SOLINGER. ampt. p. 323. PARSONS. gener. p. 90.
(d)Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. 9. obſ. 134. KUHDEMANN. p. 32. 33. J. M. HOFMANN.
(e)[Spaltenumbruch]
Es haͤtten welche gezeugt die keinen Saamen von ſich geben L. de CLARELLIS, welches uͤber- trieben iſt.
(f)MOUSIN. hort. p. 292.
(g)RUYSCH. apud SLADUM Act. Hafn. II. n. 4. DENYS. ampt. der vroedvrouw. p. 467. an der Kuh VERHEYEN. II. p. 314.
(h)TITSING. l. c. RUYSCH. adverſ. &c.
C 3
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I. Abſchn. Empfaͤngnis.
Folglich glaubten beruͤhmte Maͤnner, daß es ge-
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beigebracht wuͤrde (c). Sie wuͤrden Recht haben, wenn
die Ruthe vor dem Beiſchlafe (d) daͤmpfete. Nun laͤuft
aber nach dem Beiſchlafe ein dikker Saame aus der weib-
lichen Schaam heraus (e), und es hatte eine Frauens-
perſon empfangen, welche den Saamen nicht bei ſich be-
halten (f). Folglich erſiehet man, daß die Gebaͤrmut-
ter nach dem fruchtbaren Begatten ſo wenig verſchloſſen
iſt, daß ſie vielmehr offen ſteht (g).
Wenn man gleich alle dieſe Vortraͤge wohl erwaͤgt,
ſo fuͤhle ich dennoch ein Zug bei mir, den Schulbe-
griffen meinen Beifall zu geben. Es laͤſſet ſich naͤmlich
der Beweis von dem Saamen, welcher in unfruchtba-
rem Beiſchlafe aus der weiblichen Schaam wegflieſt, in
fruchtbarer Begattung aber im Koͤrper bleibt, ſchwerlich
verwerfen, indem die Weiber an dieſem Zeichen wiſſen,
ob ſie empfangen haben, und man ſchlieſt von den weib-
lichen Thieren aus eben dieſem Merkmale, daß die Be-
gattung angeſchlagen.
Es iſt naͤmlich nothwendig, daß der Saame in der
Gebaͤrmutter bleibt, und es geht nicht an, daß er in
der Scheide verweilen koͤnnte.
Es iſt ferner ein harter Verdacht, daß Ruyſch den
Saamen nicht vom Schleime zu unterſcheiden gewuſt.
Er und andre haben ihn geronnen geſehen (h). Es ge-
rinnt aber der aus der weiblichen Schaam fortrinnende
Saame,
(c)
Biene SWAMMERDAM.
GRAAF. p. 243. &c. GERIKE de
gener. p. 107. Trait. de la Super-
ſet. p. 40. SONGUERD. phil. na-
tur. p. 279. Cornel. CONSENT.
p. 177. VALISNER. gener. L. II.
c. 13. n. 3. SOLINGER. ampt. p.
323. PARSONS. gener. p. 90.
(d) Eph. Nat. Cur. Dec. III.
ann. 9. obſ. 134. KUHDEMANN.
p. 32. 33. J. M. HOFMANN.
(e)
Es haͤtten welche gezeugt
die keinen Saamen von ſich geben
L. de CLARELLIS, welches uͤber-
trieben iſt.
(f) MOUSIN. hort. p. 292.
(g) RUYSCH. apud SLADUM
Act. Hafn. II. n. 4. DENYS. ampt.
der vroedvrouw. p. 467. an der
Kuh VERHEYEN. II. p. 314.
(h) TITSING. l. c. RUYSCH.
adverſ. &c.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/89>, abgerufen am 27.11.2024.
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