Was die von Nadelstichen gemachte Flekken betrift, so dauren diese gemeiniglich wegen der zugleich mit ein- gesenkten Farbetheilen lange Zeit fort: sie können auch wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge- fässen und von Säften entstehen, welche in verwirrten Klumpen zusammen geflossen, und daher nicht fähig sind weiter zu wachsen.
Jch gebe es leicht zu, daß sich die Theile in der Frucht weniger, als bei einem erwachsenen Menschen abreiben (r): denn ob gleich die Bewegung geschwinder ist, so ist doch alles biegsamer, der Leim wäßriger, und in der That die Portion der festen Theile geringer. Daher ist es in demjenigen Alter, so für das Wachsthum gehört, nicht billig, daß die festen Theile abnehmen sollten.
Jndessen verändern sich doch auch die Theile einiger- massen in diesen Jahren, wie man an den Narben sie- het, und es nimmt dieses Reiben mit dem Alter zu.
Daß es aber die Grundstoffe sind, welche sich abrei- ben, und daß sich so gar in der Schwindsucht selbst nicht die Fasern verzehren, ist mehr als zu bekannt (s), so daß auch in dem allermagersten keine einzige Faser mangelt.
§. 4. Mechanische Ursachen der Verzehrung.
Jch möchte diese Gelegenheit, Hypothesen auf die Bahn zu bringen, lieber fahren lassen, und dennoch kann es schwerlich geschehen, daß ich nicht die Ursachen mel- den müste, so die festen Grundstoffe des Körpers aus ih- rer Stelle rükken, und ich muß die Wege nennen, auf welchen sie in das Blut geführt werden. Es wird in- dessen bey Erklärung der Ernährung vieles berichtigt seyn, wenn wir dieses vorgetragen.
Wir
(r)[Spaltenumbruch]Sim. Anton BRINGAUD. Paris ann. 1751.
(s)[Spaltenumbruch]A. PETERMAN de nutrit. integr. abotitaque reparanda.
J i i 4
II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Was die von Nadelſtichen gemachte Flekken betrift, ſo dauren dieſe gemeiniglich wegen der zugleich mit ein- geſenkten Farbetheilen lange Zeit fort: ſie koͤnnen auch wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge- faͤſſen und von Saͤften entſtehen, welche in verwirrten Klumpen zuſammen gefloſſen, und daher nicht faͤhig ſind weiter zu wachſen.
Jch gebe es leicht zu, daß ſich die Theile in der Frucht weniger, als bei einem erwachſenen Menſchen abreiben (r): denn ob gleich die Bewegung geſchwinder iſt, ſo iſt doch alles biegſamer, der Leim waͤßriger, und in der That die Portion der feſten Theile geringer. Daher iſt es in demjenigen Alter, ſo fuͤr das Wachsthum gehoͤrt, nicht billig, daß die feſten Theile abnehmen ſollten.
Jndeſſen veraͤndern ſich doch auch die Theile einiger- maſſen in dieſen Jahren, wie man an den Narben ſie- het, und es nimmt dieſes Reiben mit dem Alter zu.
Daß es aber die Grundſtoffe ſind, welche ſich abrei- ben, und daß ſich ſo gar in der Schwindſucht ſelbſt nicht die Faſern verzehren, iſt mehr als zu bekannt (s), ſo daß auch in dem allermagerſten keine einzige Faſer mangelt.
§. 4. Mechaniſche Urſachen der Verzehrung.
Jch moͤchte dieſe Gelegenheit, Hypotheſen auf die Bahn zu bringen, lieber fahren laſſen, und dennoch kann es ſchwerlich geſchehen, daß ich nicht die Urſachen mel- den muͤſte, ſo die feſten Grundſtoffe des Koͤrpers aus ih- rer Stelle ruͤkken, und ich muß die Wege nennen, auf welchen ſie in das Blut gefuͤhrt werden. Es wird in- deſſen bey Erklaͤrung der Ernaͤhrung vieles berichtigt ſeyn, wenn wir dieſes vorgetragen.
Wir
(r)[Spaltenumbruch]Sim. Anton BRINGAUD. Paris ann. 1751.
(s)[Spaltenumbruch]A. PETERMAN de nutrit. integr. abotitaque reparanda.
J i i 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0923"n="869[871]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.</hi></fw><lb/><p>Was die von Nadelſtichen gemachte Flekken betrift,<lb/>ſo dauren dieſe gemeiniglich wegen der zugleich mit ein-<lb/>
geſenkten Farbetheilen lange Zeit fort: ſie koͤnnen auch<lb/>
wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge-<lb/>
faͤſſen und von Saͤften entſtehen, welche in verwirrten<lb/>
Klumpen zuſammen gefloſſen, und daher nicht faͤhig ſind<lb/>
weiter zu wachſen.</p><lb/><p>Jch gebe es leicht zu, daß ſich die Theile in der Frucht<lb/>
weniger, als bei einem erwachſenen Menſchen abreiben <noteplace="foot"n="(r)"><cb/><hirendition="#aq">Sim. Anton BRINGAUD.<lb/>
Paris ann.</hi> 1751.</note>:<lb/>
denn ob gleich die Bewegung geſchwinder iſt, ſo iſt doch<lb/>
alles biegſamer, der Leim waͤßriger, und in der That<lb/>
die Portion der feſten Theile geringer. Daher iſt es in<lb/>
demjenigen Alter, ſo fuͤr das Wachsthum gehoͤrt, nicht<lb/>
billig, daß die feſten Theile abnehmen ſollten.</p><lb/><p>Jndeſſen veraͤndern ſich doch auch die Theile einiger-<lb/>
maſſen in dieſen Jahren, wie man an den Narben ſie-<lb/>
het, und es nimmt dieſes Reiben mit dem Alter zu.</p><lb/><p>Daß es aber die Grundſtoffe ſind, welche ſich abrei-<lb/>
ben, und daß ſich ſo gar in der Schwindſucht ſelbſt nicht<lb/>
die Faſern verzehren, iſt mehr als zu bekannt <noteplace="foot"n="(s)"><cb/><hirendition="#aq">A. PETERMAN de nutrit.<lb/>
integr. abotitaque reparanda.</hi></note>, ſo daß<lb/>
auch in dem allermagerſten keine einzige Faſer mangelt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 4.<lb/><hirendition="#b">Mechaniſche Urſachen der Verzehrung.</hi></head><lb/><p>Jch moͤchte dieſe Gelegenheit, Hypotheſen auf die<lb/>
Bahn zu bringen, lieber fahren laſſen, und dennoch kann<lb/>
es ſchwerlich geſchehen, daß ich nicht die Urſachen mel-<lb/>
den muͤſte, ſo die feſten Grundſtoffe des Koͤrpers aus ih-<lb/>
rer Stelle ruͤkken, und ich muß die Wege nennen, auf<lb/>
welchen ſie in das Blut gefuͤhrt werden. Es wird in-<lb/>
deſſen bey Erklaͤrung der Ernaͤhrung vieles berichtigt ſeyn,<lb/>
wenn wir dieſes vorgetragen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">J i i 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wir</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[869[871]/0923]
II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Was die von Nadelſtichen gemachte Flekken betrift,
ſo dauren dieſe gemeiniglich wegen der zugleich mit ein-
geſenkten Farbetheilen lange Zeit fort: ſie koͤnnen auch
wie die Pokkengruben von weniger durchdrungenen Ge-
faͤſſen und von Saͤften entſtehen, welche in verwirrten
Klumpen zuſammen gefloſſen, und daher nicht faͤhig ſind
weiter zu wachſen.
Jch gebe es leicht zu, daß ſich die Theile in der Frucht
weniger, als bei einem erwachſenen Menſchen abreiben (r):
denn ob gleich die Bewegung geſchwinder iſt, ſo iſt doch
alles biegſamer, der Leim waͤßriger, und in der That
die Portion der feſten Theile geringer. Daher iſt es in
demjenigen Alter, ſo fuͤr das Wachsthum gehoͤrt, nicht
billig, daß die feſten Theile abnehmen ſollten.
Jndeſſen veraͤndern ſich doch auch die Theile einiger-
maſſen in dieſen Jahren, wie man an den Narben ſie-
het, und es nimmt dieſes Reiben mit dem Alter zu.
Daß es aber die Grundſtoffe ſind, welche ſich abrei-
ben, und daß ſich ſo gar in der Schwindſucht ſelbſt nicht
die Faſern verzehren, iſt mehr als zu bekannt (s), ſo daß
auch in dem allermagerſten keine einzige Faſer mangelt.
§. 4.
Mechaniſche Urſachen der Verzehrung.
Jch moͤchte dieſe Gelegenheit, Hypotheſen auf die
Bahn zu bringen, lieber fahren laſſen, und dennoch kann
es ſchwerlich geſchehen, daß ich nicht die Urſachen mel-
den muͤſte, ſo die feſten Grundſtoffe des Koͤrpers aus ih-
rer Stelle ruͤkken, und ich muß die Wege nennen, auf
welchen ſie in das Blut gefuͤhrt werden. Es wird in-
deſſen bey Erklaͤrung der Ernaͤhrung vieles berichtigt ſeyn,
wenn wir dieſes vorgetragen.
Wir
(r)
Sim. Anton BRINGAUD.
Paris ann. 1751.
(s)
A. PETERMAN de nutrit.
integr. abotitaque reparanda.
J i i 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 869[871]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/923>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.