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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 8. Lothar von Supplinburg (1125-1137).
der griechische Kaiser, Venedig, süditalische Flüchtlinge, vor allem
Innozenz II. und seine Parteigänger den Kaiser unwiderstehlich zu
einem neuen Romzuge (1136/37). Die gefestigte Einheit Deutsch-
lands, die in der starken Truppenzahl ihren Ausdruck fand, die
eifrige Propaganda der Kirche, die vorbereitenden Erfolge Bernhards,
der Mailand für Innozenz gewonnen und die Seehilfe von Pisa und
Genua gesichert hatte, gaben dem Unternehmen, das sich diesmal
ausgesprochenermaßen gegen Innozenz' Hauptgegner Roger von
Sizilien richtete, von vornherein ein machtvolles Ansehen. Als wirk-
licher Herrscher durchzog der Kaiser Norditalien vom Fuße der
Westalpen bis nach Ravenna, jeden Widerstand niederwerfend, auch
die Gesetzgebung wieder aufnehmend. In zwei Heersäulen rückte
man dann südwärts: Lothar mit der Masse der Truppen die Ost-
küste entlang, Heinrich der Stolze an der Spitze einer Abteilung
gemeinsam mit dem Papste westlich durch Tuszien. So drang man
von zwei Seiten her in das süditalische Reich, vereinigte sich in
Bari und eroberte in raschem Ansturm den größten Teil Apuliens
bis hin nach Tarent (1137). Bis soweit war der Feldzug tadellos
durchgeführt, aber was nun? Roger hatte den übermächtigen An-
griff wie das Anschwellen eines Gießbachs, dem bald Dürre folgen
mußte, betrachtet und in kluger Überwindung einen Teil seines
Reiches geopfert. Gegen Anerkennung seines Königstitels hätte er
sich immerhin wohl zur Preisgabe Anaklets bereitfinden lassen. Aber
Innozenz bestimmte den Kaiser zur Ablehnung seiner Friedens-
anerbietungen und drängte vorwärts nach Süden. Da setzte der
Heimatsdrang der deutschen Truppen, die in der apulischen Juli-
hitze eine Katastrophe befürchten mochten und sich drohend gegen
Papst und Kardinäle erhoben, eine unüberwindliche Schranke. Eine
dauernde Besetzung des eroberten Gebiets war ja ohnehin undurch-
führbar; so tat man das allein Mögliche: man griff zu der alten
Spaltungspolitik und belehnte Rogers Gegner Rainulf von Alife mit
dem Herzogtum Apulien, in der Hoffnung, daß er sich aus eigner
Kraft würde behaupten können. Dabei stießen aber die Hoheits-
ansprüche von Kaiser und Papst zusammen. Lothar, der urkund-
liche Belege für das Recht des Reiches im Augenblick nicht zur
Hand hatte, gab trotz seiner überlegenen Stellung noch einmal nach
und verstand sich zu einem schwächlichen Kompromiß, durch das
hier für die Zukunft verhängnisvoll unklare Rechtsverhältnisse ge-
schaffen wurden: Papst und Kaiser faßten die Herzogsfahne an
Schaft und Spitze und überreichten sie so als gemeinsame Lehens-
herren an Rainulf.

In einem anderen Konfliktsfalle, bei dem es sich um die Be-
setzung der alten Reichsabtei Montecassino handelte, setzte indes

§ 8. Lothar von Supplinburg (1125‒1137).
der griechische Kaiser, Venedig, süditalische Flüchtlinge, vor allem
Innozenz II. und seine Parteigänger den Kaiser unwiderstehlich zu
einem neuen Romzuge (1136/37). Die gefestigte Einheit Deutsch-
lands, die in der starken Truppenzahl ihren Ausdruck fand, die
eifrige Propaganda der Kirche, die vorbereitenden Erfolge Bernhards,
der Mailand für Innozenz gewonnen und die Seehilfe von Pisa und
Genua gesichert hatte, gaben dem Unternehmen, das sich diesmal
ausgesprochenermaßen gegen Innozenz' Hauptgegner Roger von
Sizilien richtete, von vornherein ein machtvolles Ansehen. Als wirk-
licher Herrscher durchzog der Kaiser Norditalien vom Fuße der
Westalpen bis nach Ravenna, jeden Widerstand niederwerfend, auch
die Gesetzgebung wieder aufnehmend. In zwei Heersäulen rückte
man dann südwärts: Lothar mit der Masse der Truppen die Ost-
küste entlang, Heinrich der Stolze an der Spitze einer Abteilung
gemeinsam mit dem Papste westlich durch Tuszien. So drang man
von zwei Seiten her in das süditalische Reich, vereinigte sich in
Bari und eroberte in raschem Ansturm den größten Teil Apuliens
bis hin nach Tarent (1137). Bis soweit war der Feldzug tadellos
durchgeführt, aber was nun? Roger hatte den übermächtigen An-
griff wie das Anschwellen eines Gießbachs, dem bald Dürre folgen
mußte, betrachtet und in kluger Überwindung einen Teil seines
Reiches geopfert. Gegen Anerkennung seines Königstitels hätte er
sich immerhin wohl zur Preisgabe Anaklets bereitfinden lassen. Aber
Innozenz bestimmte den Kaiser zur Ablehnung seiner Friedens-
anerbietungen und drängte vorwärts nach Süden. Da setzte der
Heimatsdrang der deutschen Truppen, die in der apulischen Juli-
hitze eine Katastrophe befürchten mochten und sich drohend gegen
Papst und Kardinäle erhoben, eine unüberwindliche Schranke. Eine
dauernde Besetzung des eroberten Gebiets war ja ohnehin undurch-
führbar; so tat man das allein Mögliche: man griff zu der alten
Spaltungspolitik und belehnte Rogers Gegner Rainulf von Alife mit
dem Herzogtum Apulien, in der Hoffnung, daß er sich aus eigner
Kraft würde behaupten können. Dabei stießen aber die Hoheits-
ansprüche von Kaiser und Papst zusammen. Lothar, der urkund-
liche Belege für das Recht des Reiches im Augenblick nicht zur
Hand hatte, gab trotz seiner überlegenen Stellung noch einmal nach
und verstand sich zu einem schwächlichen Kompromiß, durch das
hier für die Zukunft verhängnisvoll unklare Rechtsverhältnisse ge-
schaffen wurden: Papst und Kaiser faßten die Herzogsfahne an
Schaft und Spitze und überreichten sie so als gemeinsame Lehens-
herren an Rainulf.

In einem anderen Konfliktsfalle, bei dem es sich um die Be-
setzung der alten Reichsabtei Montecassino handelte, setzte indes

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[101/0109] § 8. Lothar von Supplinburg (1125‒1137). der griechische Kaiser, Venedig, süditalische Flüchtlinge, vor allem Innozenz II. und seine Parteigänger den Kaiser unwiderstehlich zu einem neuen Romzuge (1136/37). Die gefestigte Einheit Deutsch- lands, die in der starken Truppenzahl ihren Ausdruck fand, die eifrige Propaganda der Kirche, die vorbereitenden Erfolge Bernhards, der Mailand für Innozenz gewonnen und die Seehilfe von Pisa und Genua gesichert hatte, gaben dem Unternehmen, das sich diesmal ausgesprochenermaßen gegen Innozenz' Hauptgegner Roger von Sizilien richtete, von vornherein ein machtvolles Ansehen. Als wirk- licher Herrscher durchzog der Kaiser Norditalien vom Fuße der Westalpen bis nach Ravenna, jeden Widerstand niederwerfend, auch die Gesetzgebung wieder aufnehmend. In zwei Heersäulen rückte man dann südwärts: Lothar mit der Masse der Truppen die Ost- küste entlang, Heinrich der Stolze an der Spitze einer Abteilung gemeinsam mit dem Papste westlich durch Tuszien. So drang man von zwei Seiten her in das süditalische Reich, vereinigte sich in Bari und eroberte in raschem Ansturm den größten Teil Apuliens bis hin nach Tarent (1137). Bis soweit war der Feldzug tadellos durchgeführt, aber was nun? Roger hatte den übermächtigen An- griff wie das Anschwellen eines Gießbachs, dem bald Dürre folgen mußte, betrachtet und in kluger Überwindung einen Teil seines Reiches geopfert. Gegen Anerkennung seines Königstitels hätte er sich immerhin wohl zur Preisgabe Anaklets bereitfinden lassen. Aber Innozenz bestimmte den Kaiser zur Ablehnung seiner Friedens- anerbietungen und drängte vorwärts nach Süden. Da setzte der Heimatsdrang der deutschen Truppen, die in der apulischen Juli- hitze eine Katastrophe befürchten mochten und sich drohend gegen Papst und Kardinäle erhoben, eine unüberwindliche Schranke. Eine dauernde Besetzung des eroberten Gebiets war ja ohnehin undurch- führbar; so tat man das allein Mögliche: man griff zu der alten Spaltungspolitik und belehnte Rogers Gegner Rainulf von Alife mit dem Herzogtum Apulien, in der Hoffnung, daß er sich aus eigner Kraft würde behaupten können. Dabei stießen aber die Hoheits- ansprüche von Kaiser und Papst zusammen. Lothar, der urkund- liche Belege für das Recht des Reiches im Augenblick nicht zur Hand hatte, gab trotz seiner überlegenen Stellung noch einmal nach und verstand sich zu einem schwächlichen Kompromiß, durch das hier für die Zukunft verhängnisvoll unklare Rechtsverhältnisse ge- schaffen wurden: Papst und Kaiser faßten die Herzogsfahne an Schaft und Spitze und überreichten sie so als gemeinsame Lehens- herren an Rainulf. In einem anderen Konfliktsfalle, bei dem es sich um die Be- setzung der alten Reichsabtei Montecassino handelte, setzte indes

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/109>, abgerufen am 21.11.2024.