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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
unmöglich, sich von den Parteibestrebungen und Sonderinteressen
völlig frei zu erhalten; Maßnahmen zugunsten der einen weckten den
Widerstand der andern. Als er die neuen Mauern des kleinen Crema
im Interesse des ihm befreundeten Cremona, das dem Kaiser dafür
eine hohe Summe zahlte, niederzulegen befahl, widersetzten sich die
Cremasken und ertrugen mit Heldenmut eine siebenmonatliche Be-
lagerung, die insbesondere durch die Anwendung der neuen An-
griffs- und Verteidigungstechnik ungeheures Aufsehen erregte. Erst
der Verrat des leitenden Ingenieurs überlieferte dem Kaiser die
Stadt, die er dem Erdboden gleichmachte (Jan. 1160). Und
während sich in diesen gleich nach der feierlichen Friedensverkün-
digung von Roncaglia wieder ausgebrochenen Kämpfen die Gegen-
sätze hier immer mehr verschärften, hatte sich inzwischen auch die
Kluft zwischen Papsttum und Kaisertum unüberbrückbar erweitert.

Die Durchführung der roncalischen Beschlüsse berührte doch
auch die Interessen der Kirche auf das allererheblichste. Die Er-
rungenschaften des Investiturstreites drohten damit zum großen Teil
verloren zu gehen. Soweit die italienischen Bischöfe noch im Be-
sitz der Regalien waren, wurde auch ihnen gegenüber das Ab-
hängigkeitsverhältnis durch Forderung des Mannschaftseides, Be-
anspruchung bedeutender Reichsleistungen, sogar Verfügungen über
das Kirchengut und Einmischung in die Wahlen straff angezogen.
Es bedurfte wahrlich keiner Prophetengabe, um eine baldige Aus-
dehnung der unmittelbaren Herrschaftsbestrebungen des Kaisers auf
Mittelitalien vorauszusehen. Wo blieb dann die Bewegungsfreiheit
der Kurie? Konnte sie auch nur hoffen, ihre in jahrhunderte-
langen Mühen errungene Landesherrschaft im Kirchenstaate, wo
ihrer Meinung nach alle obrigkeitliche Gewalt und alle Regalien
dem hl. Petrus gehörten, unangetastet zu bewahren? Sprach
Friedrich nicht schon jetzt ganz unverhohlen aus, daß er den auf
gewisse Unterhaltsforderungen bei der Krönungsfahrt beschränkten
Oberhoheitsansprüchen des Kaisertums auf die Stadt Rom wieder
einen volleren Inhalt zu geben gedenke, als er auf die Beschwerde
des Papstes antwortete: "Da ich durch göttliche Anordnung römischer
Kaiser genannt werde und bin, so würde ich doch nur den Schein
der Herrschaft heucheln und einen leeren Namen ohne sachliche
Bedeutung führen, wenn die Hoheit über die Stadt Rom unserer
Hand entwunden würde"? Wurden solche Absichten ausgeführt, so
sank der Papst in die Stellung eines bloßen Reichsbischofs herab.

Eine schwüle Gewitterstimmung lastete in den letzten Tagen
Hadrians IV. auf den Beziehungen zwischen Papsttum und Kaiser-
tum. Wie "dräuende Speere", sagt ein Zeitgenosse, trafen die
scharfen Worte von hüben und drüben aufeinander. Die kaiser-

II. Die Zeit der Staufer.
unmöglich, sich von den Parteibestrebungen und Sonderinteressen
völlig frei zu erhalten; Maßnahmen zugunsten der einen weckten den
Widerstand der andern. Als er die neuen Mauern des kleinen Crema
im Interesse des ihm befreundeten Cremona, das dem Kaiser dafür
eine hohe Summe zahlte, niederzulegen befahl, widersetzten sich die
Cremasken und ertrugen mit Heldenmut eine siebenmonatliche Be-
lagerung, die insbesondere durch die Anwendung der neuen An-
griffs- und Verteidigungstechnik ungeheures Aufsehen erregte. Erst
der Verrat des leitenden Ingenieurs überlieferte dem Kaiser die
Stadt, die er dem Erdboden gleichmachte (Jan. 1160). Und
während sich in diesen gleich nach der feierlichen Friedensverkün-
digung von Roncaglia wieder ausgebrochenen Kämpfen die Gegen-
sätze hier immer mehr verschärften, hatte sich inzwischen auch die
Kluft zwischen Papsttum und Kaisertum unüberbrückbar erweitert.

Die Durchführung der roncalischen Beschlüsse berührte doch
auch die Interessen der Kirche auf das allererheblichste. Die Er-
rungenschaften des Investiturstreites drohten damit zum großen Teil
verloren zu gehen. Soweit die italienischen Bischöfe noch im Be-
sitz der Regalien waren, wurde auch ihnen gegenüber das Ab-
hängigkeitsverhältnis durch Forderung des Mannschaftseides, Be-
anspruchung bedeutender Reichsleistungen, sogar Verfügungen über
das Kirchengut und Einmischung in die Wahlen straff angezogen.
Es bedurfte wahrlich keiner Prophetengabe, um eine baldige Aus-
dehnung der unmittelbaren Herrschaftsbestrebungen des Kaisers auf
Mittelitalien vorauszusehen. Wo blieb dann die Bewegungsfreiheit
der Kurie? Konnte sie auch nur hoffen, ihre in jahrhunderte-
langen Mühen errungene Landesherrschaft im Kirchenstaate, wo
ihrer Meinung nach alle obrigkeitliche Gewalt und alle Regalien
dem hl. Petrus gehörten, unangetastet zu bewahren? Sprach
Friedrich nicht schon jetzt ganz unverhohlen aus, daß er den auf
gewisse Unterhaltsforderungen bei der Krönungsfahrt beschränkten
Oberhoheitsansprüchen des Kaisertums auf die Stadt Rom wieder
einen volleren Inhalt zu geben gedenke, als er auf die Beschwerde
des Papstes antwortete: „Da ich durch göttliche Anordnung römischer
Kaiser genannt werde und bin, so würde ich doch nur den Schein
der Herrschaft heucheln und einen leeren Namen ohne sachliche
Bedeutung führen, wenn die Hoheit über die Stadt Rom unserer
Hand entwunden würde“? Wurden solche Absichten ausgeführt, so
sank der Papst in die Stellung eines bloßen Reichsbischofs herab.

Eine schwüle Gewitterstimmung lastete in den letzten Tagen
Hadrians IV. auf den Beziehungen zwischen Papsttum und Kaiser-
tum. Wie „dräuende Speere“, sagt ein Zeitgenosse, trafen die
scharfen Worte von hüben und drüben aufeinander. Die kaiser-

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[134/0142] II. Die Zeit der Staufer. unmöglich, sich von den Parteibestrebungen und Sonderinteressen völlig frei zu erhalten; Maßnahmen zugunsten der einen weckten den Widerstand der andern. Als er die neuen Mauern des kleinen Crema im Interesse des ihm befreundeten Cremona, das dem Kaiser dafür eine hohe Summe zahlte, niederzulegen befahl, widersetzten sich die Cremasken und ertrugen mit Heldenmut eine siebenmonatliche Be- lagerung, die insbesondere durch die Anwendung der neuen An- griffs- und Verteidigungstechnik ungeheures Aufsehen erregte. Erst der Verrat des leitenden Ingenieurs überlieferte dem Kaiser die Stadt, die er dem Erdboden gleichmachte (Jan. 1160). Und während sich in diesen gleich nach der feierlichen Friedensverkün- digung von Roncaglia wieder ausgebrochenen Kämpfen die Gegen- sätze hier immer mehr verschärften, hatte sich inzwischen auch die Kluft zwischen Papsttum und Kaisertum unüberbrückbar erweitert. Die Durchführung der roncalischen Beschlüsse berührte doch auch die Interessen der Kirche auf das allererheblichste. Die Er- rungenschaften des Investiturstreites drohten damit zum großen Teil verloren zu gehen. Soweit die italienischen Bischöfe noch im Be- sitz der Regalien waren, wurde auch ihnen gegenüber das Ab- hängigkeitsverhältnis durch Forderung des Mannschaftseides, Be- anspruchung bedeutender Reichsleistungen, sogar Verfügungen über das Kirchengut und Einmischung in die Wahlen straff angezogen. Es bedurfte wahrlich keiner Prophetengabe, um eine baldige Aus- dehnung der unmittelbaren Herrschaftsbestrebungen des Kaisers auf Mittelitalien vorauszusehen. Wo blieb dann die Bewegungsfreiheit der Kurie? Konnte sie auch nur hoffen, ihre in jahrhunderte- langen Mühen errungene Landesherrschaft im Kirchenstaate, wo ihrer Meinung nach alle obrigkeitliche Gewalt und alle Regalien dem hl. Petrus gehörten, unangetastet zu bewahren? Sprach Friedrich nicht schon jetzt ganz unverhohlen aus, daß er den auf gewisse Unterhaltsforderungen bei der Krönungsfahrt beschränkten Oberhoheitsansprüchen des Kaisertums auf die Stadt Rom wieder einen volleren Inhalt zu geben gedenke, als er auf die Beschwerde des Papstes antwortete: „Da ich durch göttliche Anordnung römischer Kaiser genannt werde und bin, so würde ich doch nur den Schein der Herrschaft heucheln und einen leeren Namen ohne sachliche Bedeutung führen, wenn die Hoheit über die Stadt Rom unserer Hand entwunden würde“? Wurden solche Absichten ausgeführt, so sank der Papst in die Stellung eines bloßen Reichsbischofs herab. Eine schwüle Gewitterstimmung lastete in den letzten Tagen Hadrians IV. auf den Beziehungen zwischen Papsttum und Kaiser- tum. Wie „dräuende Speere“, sagt ein Zeitgenosse, trafen die scharfen Worte von hüben und drüben aufeinander. Die kaiser-

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/142>, abgerufen am 21.11.2024.