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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157-1167).
bar dem kaiserlichen Einfluß unterwerfen. Der Engländer Johann
von Salisbury1) sprach daher vielen aus dem Herzen, wenn er schalt:
"Wer hat denn die Deutschen zu Richtern der Nationen bestellt?
Wer hat diesen plumpen und wilden Menschen das Recht gegeben,
nach Willkür einen Herrn über die Häupter der Menschenkinder
zu setzen?" In der Tat erkannten außer Sizilien, Ungarn, Spanien,
Norwegen, Irland und dem Orient auf der Synode von Toulouse
(1160) auch Frankreich und England Alexander III. als recht-
mäßigen Papst an, ein Erfolg, der für diesen umso willkommener
sein mußte, als seine Aussichten im Reichsgebiet, dem sich in dieser
Sache die Nebenländer Böhmen und Dänemark anschlossen, nicht
günstig waren. Denn der deutsche Episkopat scharte sich unter
Führung Reinalds von Dassel treu um den Kaiser und erklärte sich
entweder offen für Viktor IV. oder nahm doch, mit alleiniger
Ausnahme von Salzburg eine zuwartende Haltung ein. In Reichs-
italien aber ging den Alexandrinern alsbald ihr Hauptbollwerk
verloren.

Der mit wachsendem Ingrimm und steigender Grausamkeit
wiederaufgenommene Krieg gegen Mailand führte endlich ohne
eigentliche Belagerung durch Vernichtung der Ernten und Unter-
bindung aller Zufuhr zum Ziel. Das verhungernde Volk erzwang
die Übergabe auf Gnade oder Ungnade (März 1162). Friedrichs
beleidigtes Majestätsgefühl, die politische Absicht der Schreckens-
wirkung und nicht zum wenigsten der unersättliche Rachedurst der
Nachbarn verbanden sich nun zu dem erbarmungslosen Strafgericht,
das über die Stadt erging. Sie sollte nicht nur Befestigung und
Selbständigkeit, sondern geradezu ihr Dasein verlieren, "damit ihr
in Zukunft keine Gelegenheit zum Aufstand geboten würde". Nach-
dem das gewaltige Zerstörungswerk durch die Nachbarn selbst voll-
zogen war, wurden die Bewohner in vier offenen Flecken ange-
siedelt, zu bäuerlicher Lebensweise herabgedrückt, der kaiserlichen
Domänenverwaltung, die sich von Piemont her über das Mailänder
Gebiet ausdehnte, zu Naturalabgaben und Diensten verpflichtet2),
-- eine gewaltsame, den natürlichen Bedingungen ebenso wie der
geschichtlichen Entwickelung hohnsprechende Maßregelung, die von
den stolzen Mailändern nur mit Knirschen ertragen wurde und auf
die Dauer schwerlich haltbar war. Einstweilen aber lief nun der
Schrecken dem Heere des Kaisers voraus und warf ihm den Rest
seiner lombardischen Gegner vor die Füße. Indem Friedrich an

1) Seine Briefe und Schriften sind eine wichtige Quelle für diese Zeit;
vgl. Opera ed. Giles 1848.
2) Daß sie ihre persönliche Freiheit behielten, hat Tschirch in einem
Brandenburger Progr. 1885 gegen Ficker mit guten Gründen dargetan.

§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157‒1167).
bar dem kaiserlichen Einfluß unterwerfen. Der Engländer Johann
von Salisbury1) sprach daher vielen aus dem Herzen, wenn er schalt:
„Wer hat denn die Deutschen zu Richtern der Nationen bestellt?
Wer hat diesen plumpen und wilden Menschen das Recht gegeben,
nach Willkür einen Herrn über die Häupter der Menschenkinder
zu setzen?“ In der Tat erkannten außer Sizilien, Ungarn, Spanien,
Norwegen, Irland und dem Orient auf der Synode von Toulouse
(1160) auch Frankreich und England Alexander III. als recht-
mäßigen Papst an, ein Erfolg, der für diesen umso willkommener
sein mußte, als seine Aussichten im Reichsgebiet, dem sich in dieser
Sache die Nebenländer Böhmen und Dänemark anschlossen, nicht
günstig waren. Denn der deutsche Episkopat scharte sich unter
Führung Reinalds von Dassel treu um den Kaiser und erklärte sich
entweder offen für Viktor IV. oder nahm doch, mit alleiniger
Ausnahme von Salzburg eine zuwartende Haltung ein. In Reichs-
italien aber ging den Alexandrinern alsbald ihr Hauptbollwerk
verloren.

Der mit wachsendem Ingrimm und steigender Grausamkeit
wiederaufgenommene Krieg gegen Mailand führte endlich ohne
eigentliche Belagerung durch Vernichtung der Ernten und Unter-
bindung aller Zufuhr zum Ziel. Das verhungernde Volk erzwang
die Übergabe auf Gnade oder Ungnade (März 1162). Friedrichs
beleidigtes Majestätsgefühl, die politische Absicht der Schreckens-
wirkung und nicht zum wenigsten der unersättliche Rachedurst der
Nachbarn verbanden sich nun zu dem erbarmungslosen Strafgericht,
das über die Stadt erging. Sie sollte nicht nur Befestigung und
Selbständigkeit, sondern geradezu ihr Dasein verlieren, „damit ihr
in Zukunft keine Gelegenheit zum Aufstand geboten würde“. Nach-
dem das gewaltige Zerstörungswerk durch die Nachbarn selbst voll-
zogen war, wurden die Bewohner in vier offenen Flecken ange-
siedelt, zu bäuerlicher Lebensweise herabgedrückt, der kaiserlichen
Domänenverwaltung, die sich von Piemont her über das Mailänder
Gebiet ausdehnte, zu Naturalabgaben und Diensten verpflichtet2),
— eine gewaltsame, den natürlichen Bedingungen ebenso wie der
geschichtlichen Entwickelung hohnsprechende Maßregelung, die von
den stolzen Mailändern nur mit Knirschen ertragen wurde und auf
die Dauer schwerlich haltbar war. Einstweilen aber lief nun der
Schrecken dem Heere des Kaisers voraus und warf ihm den Rest
seiner lombardischen Gegner vor die Füße. Indem Friedrich an

1) Seine Briefe und Schriften sind eine wichtige Quelle für diese Zeit;
vgl. Opera ed. Giles 1848.
2) Daß sie ihre persönliche Freiheit behielten, hat Tschirch in einem
Brandenburger Progr. 1885 gegen Ficker mit guten Gründen dargetan.
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[137/0145] § 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157‒1167). bar dem kaiserlichen Einfluß unterwerfen. Der Engländer Johann von Salisbury 1) sprach daher vielen aus dem Herzen, wenn er schalt: „Wer hat denn die Deutschen zu Richtern der Nationen bestellt? Wer hat diesen plumpen und wilden Menschen das Recht gegeben, nach Willkür einen Herrn über die Häupter der Menschenkinder zu setzen?“ In der Tat erkannten außer Sizilien, Ungarn, Spanien, Norwegen, Irland und dem Orient auf der Synode von Toulouse (1160) auch Frankreich und England Alexander III. als recht- mäßigen Papst an, ein Erfolg, der für diesen umso willkommener sein mußte, als seine Aussichten im Reichsgebiet, dem sich in dieser Sache die Nebenländer Böhmen und Dänemark anschlossen, nicht günstig waren. Denn der deutsche Episkopat scharte sich unter Führung Reinalds von Dassel treu um den Kaiser und erklärte sich entweder offen für Viktor IV. oder nahm doch, mit alleiniger Ausnahme von Salzburg eine zuwartende Haltung ein. In Reichs- italien aber ging den Alexandrinern alsbald ihr Hauptbollwerk verloren. Der mit wachsendem Ingrimm und steigender Grausamkeit wiederaufgenommene Krieg gegen Mailand führte endlich ohne eigentliche Belagerung durch Vernichtung der Ernten und Unter- bindung aller Zufuhr zum Ziel. Das verhungernde Volk erzwang die Übergabe auf Gnade oder Ungnade (März 1162). Friedrichs beleidigtes Majestätsgefühl, die politische Absicht der Schreckens- wirkung und nicht zum wenigsten der unersättliche Rachedurst der Nachbarn verbanden sich nun zu dem erbarmungslosen Strafgericht, das über die Stadt erging. Sie sollte nicht nur Befestigung und Selbständigkeit, sondern geradezu ihr Dasein verlieren, „damit ihr in Zukunft keine Gelegenheit zum Aufstand geboten würde“. Nach- dem das gewaltige Zerstörungswerk durch die Nachbarn selbst voll- zogen war, wurden die Bewohner in vier offenen Flecken ange- siedelt, zu bäuerlicher Lebensweise herabgedrückt, der kaiserlichen Domänenverwaltung, die sich von Piemont her über das Mailänder Gebiet ausdehnte, zu Naturalabgaben und Diensten verpflichtet 2), — eine gewaltsame, den natürlichen Bedingungen ebenso wie der geschichtlichen Entwickelung hohnsprechende Maßregelung, die von den stolzen Mailändern nur mit Knirschen ertragen wurde und auf die Dauer schwerlich haltbar war. Einstweilen aber lief nun der Schrecken dem Heere des Kaisers voraus und warf ihm den Rest seiner lombardischen Gegner vor die Füße. Indem Friedrich an 1) Seine Briefe und Schriften sind eine wichtige Quelle für diese Zeit; vgl. Opera ed. Giles 1848. 2) Daß sie ihre persönliche Freiheit behielten, hat Tschirch in einem Brandenburger Progr. 1885 gegen Ficker mit guten Gründen dargetan.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/145>, abgerufen am 21.11.2024.