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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ I. Konrad II. (1024-1039).
Gesichtspunkte seiner politischen Machtinteressen behandelte. Die
finanzielle Ausnutzung der straff festgehaltenen Ernennungen von
Bischöfen und Reichsäbten begann bereits als Simonie bei den
Cluniazensern Anstoß zu erregen. Die eigenmächtigen Eingriffe in
das Kirchengut zur Lehensausstattung von weltlichen Großen be-
gegneten massenhafter als bisher. Wichtige kirchliche Maßnahmen
wurden durch die einfache Willenserklärung des Herrschers ent-
schieden, ohne daß er für das innere Leben der Kirche bestimmte
Ziele verfolgt oder auch nur tieferes Verständnis gezeigt hätte.

Der charakteristische Zug in seinem Verhalten gegenüber den
weltlichen Machtfaktoren des Reiches war die Anerkennung der
Lehenserblichkeit in männlicher Linie. Die Erblichkeitsidee hatte
bei seiner eigenen Thronerhebung entscheidend mitgewirkt; so
sicherte er nach dem Vorbilde der Ottonen seinem Sohne Heinrich
schon früh die Nachfolge durch Königswahl und Krönung (1028)1).

Er selbst hatte es einstmals bitter empfunden, daß das Erb-
recht seines Hauses auf das Herzogtum Kärnthen beiseite ge-
schoben ward. So achtete er auch als König die Rechte der
Herzoge. Es ist nicht richtig, daß er danach getrachtet habe,
ihre Gewalt überhaupt zu beseitigen und eine unmittelbare kaiser-
liche Herrschaft an die Stelle zu setzen2). Sonst hätte er schwer-
lich nach dem Sturze Adalberts Kärnthen seinem Vetter, dem
jüngeren Konrad überlassen (1036) und Lothringen durch Ver-
einigung seiner Hälften gestärkt (1033). Die Übertragung des
durch den söhnelosen Tod des Lützelburger Herzogs erledigten
Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), durch die er für sein
Haus überhaupt erst ein Herzogtum gewann, war begreiflich genug,
zudem ganz in der Bahn des Rechtes und der ottonischen Politik.
Als dann unerwartet die schwäbische Linie des babenbergischen
Hauses mit den beiden Stiefsöhnen des Kaisers aus der früheren
Ehe seiner Gemahlin Gisela ausstarb (1038), war als deren Sohn
Heinrich III. der nächstberechtigte Erbe, für dessen wohlbegründete
Ansprüche dann bald nach dem Tode des Vaters auch Kärnthen
frei ward (1039). Diese gewaltige Ausdehnung der Herrschaft des
kaiserlichen Hauses über ganz Süddeutschland entsprang also un-
mittelbar den Rechtsverhältnissen, nicht einer den Laienfürsten plan-
voll feindseligen Politik, und diese wußten den strengen Rechts-
standpunkt des Kaisers zu würdigen und ließen sich dafür denn
auch die scharfe Betonung ihrer Beamteneigenschaft gefallen.

1) Daß er nicht, wie Giesebrecht meinte, über die Ottonen hinaus nach
einer vollen Erbmonarchie gestrebt hat, betont Bresslau mit Recht.
2) Diese Annahme Giesebrechts ist von Waitz, Verfassungsgesch. und
vor allem von Bresslau nachdrücklich widerlegt.

§ I. Konrad II. (1024‒1039).
Gesichtspunkte seiner politischen Machtinteressen behandelte. Die
finanzielle Ausnutzung der straff festgehaltenen Ernennungen von
Bischöfen und Reichsäbten begann bereits als Simonie bei den
Cluniazensern Anstoß zu erregen. Die eigenmächtigen Eingriffe in
das Kirchengut zur Lehensausstattung von weltlichen Großen be-
gegneten massenhafter als bisher. Wichtige kirchliche Maßnahmen
wurden durch die einfache Willenserklärung des Herrschers ent-
schieden, ohne daß er für das innere Leben der Kirche bestimmte
Ziele verfolgt oder auch nur tieferes Verständnis gezeigt hätte.

Der charakteristische Zug in seinem Verhalten gegenüber den
weltlichen Machtfaktoren des Reiches war die Anerkennung der
Lehenserblichkeit in männlicher Linie. Die Erblichkeitsidee hatte
bei seiner eigenen Thronerhebung entscheidend mitgewirkt; so
sicherte er nach dem Vorbilde der Ottonen seinem Sohne Heinrich
schon früh die Nachfolge durch Königswahl und Krönung (1028)1).

Er selbst hatte es einstmals bitter empfunden, daß das Erb-
recht seines Hauses auf das Herzogtum Kärnthen beiseite ge-
schoben ward. So achtete er auch als König die Rechte der
Herzoge. Es ist nicht richtig, daß er danach getrachtet habe,
ihre Gewalt überhaupt zu beseitigen und eine unmittelbare kaiser-
liche Herrschaft an die Stelle zu setzen2). Sonst hätte er schwer-
lich nach dem Sturze Adalberts Kärnthen seinem Vetter, dem
jüngeren Konrad überlassen (1036) und Lothringen durch Ver-
einigung seiner Hälften gestärkt (1033). Die Übertragung des
durch den söhnelosen Tod des Lützelburger Herzogs erledigten
Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), durch die er für sein
Haus überhaupt erst ein Herzogtum gewann, war begreiflich genug,
zudem ganz in der Bahn des Rechtes und der ottonischen Politik.
Als dann unerwartet die schwäbische Linie des babenbergischen
Hauses mit den beiden Stiefsöhnen des Kaisers aus der früheren
Ehe seiner Gemahlin Gisela ausstarb (1038), war als deren Sohn
Heinrich III. der nächstberechtigte Erbe, für dessen wohlbegründete
Ansprüche dann bald nach dem Tode des Vaters auch Kärnthen
frei ward (1039). Diese gewaltige Ausdehnung der Herrschaft des
kaiserlichen Hauses über ganz Süddeutschland entsprang also un-
mittelbar den Rechtsverhältnissen, nicht einer den Laienfürsten plan-
voll feindseligen Politik, und diese wußten den strengen Rechts-
standpunkt des Kaisers zu würdigen und ließen sich dafür denn
auch die scharfe Betonung ihrer Beamteneigenschaft gefallen.

1) Daß er nicht, wie Giesebrecht meinte, über die Ottonen hinaus nach
einer vollen Erbmonarchie gestrebt hat, betont Bresslau mit Recht.
2) Diese Annahme Giesebrechts ist von Waitz, Verfassungsgesch. und
vor allem von Bresslau nachdrücklich widerlegt.
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[9/0017] § I. Konrad II. (1024‒1039). Gesichtspunkte seiner politischen Machtinteressen behandelte. Die finanzielle Ausnutzung der straff festgehaltenen Ernennungen von Bischöfen und Reichsäbten begann bereits als Simonie bei den Cluniazensern Anstoß zu erregen. Die eigenmächtigen Eingriffe in das Kirchengut zur Lehensausstattung von weltlichen Großen be- gegneten massenhafter als bisher. Wichtige kirchliche Maßnahmen wurden durch die einfache Willenserklärung des Herrschers ent- schieden, ohne daß er für das innere Leben der Kirche bestimmte Ziele verfolgt oder auch nur tieferes Verständnis gezeigt hätte. Der charakteristische Zug in seinem Verhalten gegenüber den weltlichen Machtfaktoren des Reiches war die Anerkennung der Lehenserblichkeit in männlicher Linie. Die Erblichkeitsidee hatte bei seiner eigenen Thronerhebung entscheidend mitgewirkt; so sicherte er nach dem Vorbilde der Ottonen seinem Sohne Heinrich schon früh die Nachfolge durch Königswahl und Krönung (1028) 1). Er selbst hatte es einstmals bitter empfunden, daß das Erb- recht seines Hauses auf das Herzogtum Kärnthen beiseite ge- schoben ward. So achtete er auch als König die Rechte der Herzoge. Es ist nicht richtig, daß er danach getrachtet habe, ihre Gewalt überhaupt zu beseitigen und eine unmittelbare kaiser- liche Herrschaft an die Stelle zu setzen 2). Sonst hätte er schwer- lich nach dem Sturze Adalberts Kärnthen seinem Vetter, dem jüngeren Konrad überlassen (1036) und Lothringen durch Ver- einigung seiner Hälften gestärkt (1033). Die Übertragung des durch den söhnelosen Tod des Lützelburger Herzogs erledigten Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), durch die er für sein Haus überhaupt erst ein Herzogtum gewann, war begreiflich genug, zudem ganz in der Bahn des Rechtes und der ottonischen Politik. Als dann unerwartet die schwäbische Linie des babenbergischen Hauses mit den beiden Stiefsöhnen des Kaisers aus der früheren Ehe seiner Gemahlin Gisela ausstarb (1038), war als deren Sohn Heinrich III. der nächstberechtigte Erbe, für dessen wohlbegründete Ansprüche dann bald nach dem Tode des Vaters auch Kärnthen frei ward (1039). Diese gewaltige Ausdehnung der Herrschaft des kaiserlichen Hauses über ganz Süddeutschland entsprang also un- mittelbar den Rechtsverhältnissen, nicht einer den Laienfürsten plan- voll feindseligen Politik, und diese wußten den strengen Rechts- standpunkt des Kaisers zu würdigen und ließen sich dafür denn auch die scharfe Betonung ihrer Beamteneigenschaft gefallen. 1) Daß er nicht, wie Giesebrecht meinte, über die Ottonen hinaus nach einer vollen Erbmonarchie gestrebt hat, betont Bresslau mit Recht. 2) Diese Annahme Giesebrechts ist von Waitz, Verfassungsgesch. und vor allem von Bresslau nachdrücklich widerlegt.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/17>, abgerufen am 21.11.2024.