Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



Sanftmuht bereden/ so sagt er unterandern/
er solle bey sich selbst gedencken: occidere contra
legem nemo non potest, servare nemo praeter me. l.
c. cap. V.
doch es ist mein Vorhaben/ nicht so
wohl die Sache selbst/ in wie weit ein Regent
denen Ubertrettern seiner Gebote die verwirckte
Strafen zu erlassen befugt sey/ zu untersuchen/
als vielmehr darzuthun/ daß das Wort Gnade in
seinem eigentlichen Verstande einen Nachlaß von
dem Recht andeute und auch also gebraucht wer-
de. Ein gar schönes Zeugnüß/ so sich hieher schickt/
führet Grotius aus dem Favorino an. l. c. §. XXII. 2.
[fremdsprachliches Material - 1 Zeile fehlt] [fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen], ea, quae dicitur clemen-
tia apud homines, est tempestiva relaxatio de sum-
mo jure.
Jmmittelst ist hieraus offenbahr/ daß
niemand könne Gnade erweisen/ noch in einem ei-
gentlichen Sinn gnädig genannt werden/ als der
Recht hat/ Gesetze zu geben. Jn sofern ist der
Unterschied/ welcher unter dem Richter als Ver-
waltern der Gerechtigkeit und unter dem Regen-
ten/ der die Gesetze gibt/ gemacht wird/ gantz rich-
tig: alia est conditio magistratuum, quorum cor-
ruptae videntur esse sententiae, si sint legibus mitio-
res: alia divorum principum potestas, quos decet
acrimoniam severi juris inflectere. Symmachus
Lib. X. ep.
63.

XXXV.



Sanftmuht bereden/ ſo ſagt er unterandern/
er ſolle bey ſich ſelbſt gedencken: occidere contra
legem nemo non poteſt, ſervare nemo præter me. l.
c. cap. V.
doch es iſt mein Vorhaben/ nicht ſo
wohl die Sache ſelbſt/ in wie weit ein Regent
denen Ubertrettern ſeiner Gebote die verwirckte
Strafen zu erlaſſen befugt ſey/ zu unterſuchen/
als vielmehr darzuthun/ daß das Wort Gnade in
ſeinem eigentlichen Verſtande einen Nachlaß von
dem Recht andeute und auch alſo gebraucht wer-
de. Ein gar ſchoͤnes Zeugnuͤß/ ſo ſich hieher ſchickt/
fuͤhret Grotius aus dem Favorino an. l. c. §. XXII. 2.
[fremdsprachliches Material – 1 Zeile fehlt] [fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen], ea, quæ dicitur clemen-
tia apud homines, eſt tempeſtiva relaxatio de ſum-
mo jure.
Jmmittelſt iſt hieraus offenbahr/ daß
niemand koͤnne Gnade erweiſen/ noch in einem ei-
gentlichen Sinn gnaͤdig genannt werden/ als der
Recht hat/ Geſetze zu geben. Jn ſofern iſt der
Unterſchied/ welcher unter dem Richter als Ver-
waltern der Gerechtigkeit und unter dem Regen-
ten/ der die Geſetze gibt/ gemacht wird/ gantz rich-
tig: alia eſt conditio magiſtratuum, quorum cor-
ruptæ videntur eſſe ſententiæ, ſi ſint legibus mitio-
res: alia divorum principum poteſtas, quos decet
acrimoniam ſeveri juris inflectere. Symmachus
Lib. X. ep.
63.

XXXV.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="80"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Sanftmuht bereden/ &#x017F;o &#x017F;agt er unterandern/<lb/>
er &#x017F;olle bey &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gedencken: <hi rendition="#aq">occidere contra<lb/>
legem nemo non pote&#x017F;t, &#x017F;ervare nemo præter me. l.<lb/>
c. cap. V.</hi> doch es i&#x017F;t mein Vorhaben/ nicht &#x017F;o<lb/>
wohl die Sache &#x017F;elb&#x017F;t/ in wie weit ein Regent<lb/>
denen Ubertrettern &#x017F;einer Gebote die verwirckte<lb/>
Strafen zu erla&#x017F;&#x017F;en befugt &#x017F;ey/ zu unter&#x017F;uchen/<lb/>
als vielmehr darzuthun/ daß das Wort <hi rendition="#fr">Gnade</hi> in<lb/>
&#x017F;einem eigentlichen Ver&#x017F;tande einen Nachlaß von<lb/>
dem Recht andeute und auch al&#x017F;o gebraucht wer-<lb/>
de. Ein gar &#x017F;cho&#x0364;nes Zeugnu&#x0364;ß/ &#x017F;o &#x017F;ich hieher &#x017F;chickt/<lb/>
fu&#x0364;hret <hi rendition="#aq">Grotius</hi> aus dem <hi rendition="#aq">Favorino</hi> an. <hi rendition="#aq">l. c. §. XXII.</hi> 2.<lb/><gap reason="fm" unit="lines" quantity="1"/> <gap reason="fm" unit="words" quantity="3"/>, <hi rendition="#aq">ea, quæ dicitur clemen-<lb/>
tia apud homines, e&#x017F;t tempe&#x017F;tiva relaxatio de &#x017F;um-<lb/>
mo jure.</hi> Jmmittel&#x017F;t i&#x017F;t hieraus offenbahr/ daß<lb/>
niemand ko&#x0364;nne Gnade erwei&#x017F;en/ noch in einem ei-<lb/>
gentlichen Sinn gna&#x0364;dig genannt werden/ als der<lb/>
Recht hat/ Ge&#x017F;etze zu geben. Jn &#x017F;ofern i&#x017F;t der<lb/>
Unter&#x017F;chied/ welcher unter dem Richter als Ver-<lb/>
waltern der Gerechtigkeit und unter dem Regen-<lb/>
ten/ der die Ge&#x017F;etze gibt/ gemacht wird/ gantz rich-<lb/>
tig: <hi rendition="#aq">alia e&#x017F;t conditio magi&#x017F;tratuum, quorum cor-<lb/>
ruptæ videntur e&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ententiæ, &#x017F;i &#x017F;int legibus mitio-<lb/>
res: alia divorum principum pote&#x017F;tas, quos decet<lb/>
acrimoniam &#x017F;everi juris inflectere. Symmachus<lb/>
Lib. X. ep.</hi> 63.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">XXXV.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0132] Sanftmuht bereden/ ſo ſagt er unterandern/ er ſolle bey ſich ſelbſt gedencken: occidere contra legem nemo non poteſt, ſervare nemo præter me. l. c. cap. V. doch es iſt mein Vorhaben/ nicht ſo wohl die Sache ſelbſt/ in wie weit ein Regent denen Ubertrettern ſeiner Gebote die verwirckte Strafen zu erlaſſen befugt ſey/ zu unterſuchen/ als vielmehr darzuthun/ daß das Wort Gnade in ſeinem eigentlichen Verſtande einen Nachlaß von dem Recht andeute und auch alſo gebraucht wer- de. Ein gar ſchoͤnes Zeugnuͤß/ ſo ſich hieher ſchickt/ fuͤhret Grotius aus dem Favorino an. l. c. §. XXII. 2. _ ___, ea, quæ dicitur clemen- tia apud homines, eſt tempeſtiva relaxatio de ſum- mo jure. Jmmittelſt iſt hieraus offenbahr/ daß niemand koͤnne Gnade erweiſen/ noch in einem ei- gentlichen Sinn gnaͤdig genannt werden/ als der Recht hat/ Geſetze zu geben. Jn ſofern iſt der Unterſchied/ welcher unter dem Richter als Ver- waltern der Gerechtigkeit und unter dem Regen- ten/ der die Geſetze gibt/ gemacht wird/ gantz rich- tig: alia eſt conditio magiſtratuum, quorum cor- ruptæ videntur eſſe ſententiæ, ſi ſint legibus mitio- res: alia divorum principum poteſtas, quos decet acrimoniam ſeveri juris inflectere. Symmachus Lib. X. ep. 63. XXXV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/132
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/132>, abgerufen am 21.11.2024.