Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.wohl wider die Natur der Sachen und alle Erfah- rung/ was behält denn Christus für andern Sitten- Lehren und Gesetz-Gebern voraus? nichts als daß etwa seine Sitten-Lehre vollständiger wäre. Was nützt sein Marter/ Todt und Leyden? nichts/ als was uns die Leyden eines jeden Märtyrers/ der sich bey seiner Marter löblich und tugendhaft ver- halten/ nützen können. (Erläut. quaest. 67.) Wenn wir aber gleichwohl finden/ daß die von J. C. Dippel uns eingebildete Kraft und Freyheit nicht da sey: daß es uns unter der Widergebuhrt eben so gehe/ wie dem Paulo (daß diese Worte sich auf seinen Zustand/ da er noch nicht bekehret war/ beziehen sollten/ solches wird kein Vernünf- tiger sich leicht einbilden lassen) der das wollen hatte/ aber das Vollbringen nicht fand/ wenn wir unsvon allerley Sünden am Gewissen gedruckt fühlen? wo finden wir dann Ruhe vor unsere Seele? Wann es biß dahin kommt/ so wird mancher die göttliche Gnaden-Brocken gerne und begierig wieder suchen/ die J. C. Dippel jtzo mit Füssen tritt. Was das Aeusserliche in der Religion be- samm- N 3
wohl wider die Natur der Sachen und alle Erfah- rung/ was behaͤlt denn Chriſtus fuͤr andern Sitten- Lehren und Geſetz-Gebern voraus? nichts als daß etwa ſeine Sitten-Lehre vollſtaͤndiger waͤre. Was nuͤtzt ſein Marter/ Todt und Leyden? nichts/ als was uns die Leyden eines jeden Maͤrtyrers/ der ſich bey ſeiner Marter loͤblich und tugendhaft ver- halten/ nuͤtzen koͤnnen. (Erlaͤut. quæſt. 67.) Wenn wir aber gleichwohl finden/ daß die von J. C. Dippel uns eingebildete Kraft und Freyheit nicht da ſey: daß es uns unter der Widergebuhrt eben ſo gehe/ wie dem Paulo (daß dieſe Worte ſich auf ſeinen Zuſtand/ da er noch nicht bekehret war/ beziehen ſollten/ ſolches wird kein Vernuͤnf- tiger ſich leicht einbilden laſſen) der das wollen hatte/ aber das Vollbringen nicht fand/ wenn wir unsvon allerley Suͤnden am Gewiſſen gedruckt fuͤhlen? wo finden wir dann Ruhe vor unſere Seele? Wann es biß dahin kommt/ ſo wird mancher die goͤttliche Gnaden-Brocken gerne und begierig wieder ſuchen/ die J. C. Dippel jtzo mit Fuͤſſen tritt. Was das Aeuſſerliche in der Religion be- ſamm- N 3
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wohl wider die Natur der Sachen und alle Erfah-
rung/ was behaͤlt denn Chriſtus fuͤr andern Sitten-
Lehren und Geſetz-Gebern voraus? nichts als daß
etwa ſeine Sitten-Lehre vollſtaͤndiger waͤre. Was
nuͤtzt ſein Marter/ Todt und Leyden? nichts/ als
was uns die Leyden eines jeden Maͤrtyrers/ der
ſich bey ſeiner Marter loͤblich und tugendhaft ver-
halten/ nuͤtzen koͤnnen. (Erlaͤut. quæſt. 67.) Wenn
wir aber gleichwohl finden/ daß die von J. C.
Dippel uns eingebildete Kraft und Freyheit nicht
da ſey: daß es uns unter der Widergebuhrt eben ſo
gehe/ wie dem Paulo (daß dieſe Worte ſich
auf ſeinen Zuſtand/ da er noch nicht bekehret
war/ beziehen ſollten/ ſolches wird kein Vernuͤnf-
tiger ſich leicht einbilden laſſen) der das wollen
hatte/ aber das Vollbringen nicht fand/ wenn
wir unsvon allerley Suͤnden am Gewiſſen gedruckt
fuͤhlen? wo finden wir dann Ruhe vor unſere
Seele? Wann es biß dahin kommt/ ſo wird
mancher die goͤttliche Gnaden-Brocken gerne und
begierig wieder ſuchen/ die J. C. Dippel jtzo mit
Fuͤſſen tritt.
Was das Aeuſſerliche in der Religion be-
trift/ ſo gehoͤret dahin die gantze Verfaſſung des
oͤffentlichen Gottesdienſtes. Solcher begreift in
ſich die Einrichtung des Lehr-Amts/ die Verſam̃-
lung der Glaͤubigen an einem dazu erwehlten und
oͤffentlich geheiligten Ort/ die Predigt goͤttlichen
Wortes/ das Singen und Beten in der Ver-
ſamm-
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