Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.in ihm selbst empfinden muß. Es kostet auch nicht viele Mühe/ dieselbe wahrzunehmen und zu erken- nen. Wir mercken in uns Bewegungen/ die gantz ausser unserer Gewalt/ als Z. E. den Umlauf des Geblüts/ die Verdauung der Speisen/ aller- ley Auswurff der Natur und dergl. Man kan da- hin rechnen alle Empfindungen/ die leidend in uns entstehen/ als Hunger und Durst/ Kälte und Wär- me/ Schlaf und Müdigkeit und dergl. Wir be- mercken aber auch in uns Veränderungen/ mit welchen es nicht also beschaffen. Es sind viele Ar- ten der Bewegungen lediglich in unserer Gewalt/ da wir uns hie oder dazu entschliessen/ unsere Glie- der so oder anders gebrauchen/ diese oder jene Ver- richtungen vornehmen können. So gewiß es nun ist/ daß diese beyde Gattungen der Bewegung nicht von einerley Art/ sondern vielmehr unend- lich von einander unterschieden/ so wenig darf man an der menschlichen Freyheit zweiffeln. Zwar was die Wahl der Mittel zu unserer Seligkeit betrifft/ so steht solche freylich nicht in menschli- cher Gewalt. Die Verderbnüs/ darin wir durch den Fall gerahten/ ist so groß/ daß wir/ was das Ewige betrifft/ weder das Wollen noch Vollbrin- gen haben. Phil. II. 13. Unsere Evangelische Kir- che verwirfft also billig auf der einen Seite die Jrr- thümer derer/ welche vorgeben/ daß des Menschen Wille zu allerley Schande und Laster mit Gewalt gezwungen werde: auf der andern aber verab- scheuet sie auch die groben Lehren der Pelagianer, die da B 4
in ihm ſelbſt empfinden muß. Es koſtet auch nicht viele Muͤhe/ dieſelbe wahrzunehmen und zu erken- nen. Wir mercken in uns Bewegungen/ die gantz auſſer unſerer Gewalt/ als Z. E. den Umlauf des Gebluͤts/ die Verdauung der Speiſen/ aller- ley Auswurff der Natur und dergl. Man kan da- hin rechnen alle Empfindungen/ die leidend in uns entſtehen/ als Hunger und Durſt/ Kaͤlte und Waͤr- me/ Schlaf und Muͤdigkeit und dergl. Wir be- mercken aber auch in uns Veraͤnderungen/ mit welchen es nicht alſo beſchaffen. Es ſind viele Ar- ten der Bewegungen lediglich in unſerer Gewalt/ da wir uns hie oder dazu entſchlieſſen/ unſere Glie- der ſo oder anders gebrauchen/ dieſe oder jene Ver- richtungen vornehmen koͤnnen. So gewiß es nun iſt/ daß dieſe beyde Gattungen der Bewegung nicht von einerley Art/ ſondern vielmehr unend- lich von einander unterſchieden/ ſo wenig darf man an der menſchlichen Freyheit zweiffeln. Zwar was die Wahl der Mittel zu unſerer Seligkeit betrifft/ ſo ſteht ſolche freylich nicht in menſchli- cher Gewalt. Die Verderbnuͤs/ darin wir durch den Fall gerahten/ iſt ſo groß/ daß wir/ was das Ewige betrifft/ weder das Wollen noch Vollbrin- gen haben. Phil. II. 13. Unſere Evangeliſche Kir- che verwirfft alſo billig auf der einen Seite die Jrr- thuͤmer derer/ welche vorgeben/ daß des Menſchen Wille zu allerley Schande und Laſter mit Gewalt gezwungen werde: auf der andern aber verab- ſcheuet ſie auch die groben Lehren der Pelagianer, die da B 4
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in ihm ſelbſt empfinden muß. Es koſtet auch nicht
viele Muͤhe/ dieſelbe wahrzunehmen und zu erken-
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gantz auſſer unſerer Gewalt/ als Z. E. den Umlauf
des Gebluͤts/ die Verdauung der Speiſen/ aller-
ley Auswurff der Natur und dergl. Man kan da-
hin rechnen alle Empfindungen/ die leidend in uns
entſtehen/ als Hunger und Durſt/ Kaͤlte und Waͤr-
me/ Schlaf und Muͤdigkeit und dergl. Wir be-
mercken aber auch in uns Veraͤnderungen/ mit
welchen es nicht alſo beſchaffen. Es ſind viele Ar-
ten der Bewegungen lediglich in unſerer Gewalt/
da wir uns hie oder dazu entſchlieſſen/ unſere Glie-
der ſo oder anders gebrauchen/ dieſe oder jene Ver-
richtungen vornehmen koͤnnen. So gewiß es nun
iſt/ daß dieſe beyde Gattungen der Bewegung
nicht von einerley Art/ ſondern vielmehr unend-
lich von einander unterſchieden/ ſo wenig darf
man an der menſchlichen Freyheit zweiffeln. Zwar
was die Wahl der Mittel zu unſerer Seligkeit
betrifft/ ſo ſteht ſolche freylich nicht in menſchli-
cher Gewalt. Die Verderbnuͤs/ darin wir durch
den Fall gerahten/ iſt ſo groß/ daß wir/ was das
Ewige betrifft/ weder das Wollen noch Vollbrin-
gen haben. Phil. II. 13. Unſere Evangeliſche Kir-
che verwirfft alſo billig auf der einen Seite die Jrr-
thuͤmer derer/ welche vorgeben/ daß des Menſchen
Wille zu allerley Schande und Laſter mit Gewalt
gezwungen werde: auf der andern aber verab-
ſcheuet ſie auch die groben Lehren der Pelagianer, die
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