Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.Gesetzes gibt dem Gesetzgeber gerechte Ursachen zu straffen/ die Versäumung des Rahts schadet nicht weiter/ als daß der Vortheil/ so wir durch dessen Annahme vielleicht erlanget hätten/ verlohren wird. Es wird sich also leicht beurtheilen lassen/ ob die Erklärungen des göttlichen Willens von dem Thun und Lassen der Menschen als Gesetze/ oder als heylsame Rahtschläge anzunehmen. Ge- hören sie zu der letzten Gattung/ so wird es GOtt genug seyn/ wenn der gute Erfolg von seiner Ab- sicht und gutem Willen ein Zeugnüs ablegt: Er wird die Verächter derselben nicht weiter zu straf- fen begehren/ als daß sie die Früchte ihrer Thor- heit geniessen. Und dahin gehet wohl die Mey- nung der meisten Weltweisen. Sind es aber Ge- setze/ so wird GOtt als ein Gesetzgeber damit nicht zufrieden seyn/ sondern nach der Grösse seiner Macht solche Mittel gebrauchen müssen/ welche zulänglich sind/ die gesetzfähige Creatur zur Aus- übung seines Willens zu verbinden. Seine Macht aber geht soweit/ daß er kan Leib und Seel ver- derben in die Hölle Matth. X. 28. und es ist in dem Begriff von seinen Vollenkommenheiten gegrün- det/ daß er solche an denen/ die sich seinen Gebo- ten freventlich widersetzen/ nach dem Grad ihrer Boßheit müsse sehen und offenbar werden lassen. Es erfordert es die allgemeine Liebe zu seinen Wer- cken/ nach welcher es ihm unmöglich gleichgültig seyn kan/ ob derselben Vollkommenheit und Wol- stand befordert oder gestöret wird. (Erl quaest. 15.) Men- C 2
Geſetzes gibt dem Geſetzgeber gerechte Urſachen zu ſtraffen/ die Verſaͤumung des Rahts ſchadet nicht weiter/ als daß der Vortheil/ ſo wir durch deſſen Annahme vielleicht erlanget haͤtten/ verlohren wird. Es wird ſich alſo leicht beurtheilen laſſen/ ob die Erklaͤrungen des goͤttlichen Willens von dem Thun und Laſſen der Menſchen als Geſetze/ oder als heylſame Rahtſchlaͤge anzunehmen. Ge- hoͤren ſie zu der letzten Gattung/ ſo wird es GOtt genug ſeyn/ wenn der gute Erfolg von ſeiner Ab- ſicht und gutem Willen ein Zeugnuͤs ablegt: Er wird die Veraͤchter derſelben nicht weiter zu ſtraf- fen begehren/ als daß ſie die Fruͤchte ihrer Thor- heit genieſſen. Und dahin gehet wohl die Mey- nung der meiſten Weltweiſen. Sind es aber Ge- ſetze/ ſo wird GOtt als ein Geſetzgeber damit nicht zufrieden ſeyn/ ſondern nach der Groͤſſe ſeiner Macht ſolche Mittel gebrauchen muͤſſen/ welche zulaͤnglich ſind/ die geſetzfaͤhige Creatur zur Aus- uͤbung ſeines Willens zu verbinden. Seine Macht aber geht ſoweit/ daß er kan Leib und Seel ver- derben in die Hoͤlle Matth. X. 28. und es iſt in dem Begriff von ſeinen Vollenkommenheiten gegruͤn- det/ daß er ſolche an denen/ die ſich ſeinen Gebo- ten freventlich widerſetzen/ nach dem Grad ihrer Boßheit muͤſſe ſehen und offenbar werden laſſen. Es erfordert es die allgemeine Liebe zu ſeinen Wer- cken/ nach welcher es ihm unmoͤglich gleichguͤltig ſeyn kan/ ob derſelben Vollkommenheit und Wol- ſtand befordert oder geſtoͤret wird. (Erl quæſt. 15.) Men- C 2
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Geſetzes gibt dem Geſetzgeber gerechte Urſachen zu
ſtraffen/ die Verſaͤumung des Rahts ſchadet nicht
weiter/ als daß der Vortheil/ ſo wir durch deſſen
Annahme vielleicht erlanget haͤtten/ verlohren
wird. Es wird ſich alſo leicht beurtheilen laſſen/
ob die Erklaͤrungen des goͤttlichen Willens von
dem Thun und Laſſen der Menſchen als Geſetze/
oder als heylſame Rahtſchlaͤge anzunehmen. Ge-
hoͤren ſie zu der letzten Gattung/ ſo wird es GOtt
genug ſeyn/ wenn der gute Erfolg von ſeiner Ab-
ſicht und gutem Willen ein Zeugnuͤs ablegt: Er
wird die Veraͤchter derſelben nicht weiter zu ſtraf-
fen begehren/ als daß ſie die Fruͤchte ihrer Thor-
heit genieſſen. Und dahin gehet wohl die Mey-
nung der meiſten Weltweiſen. Sind es aber Ge-
ſetze/ ſo wird GOtt als ein Geſetzgeber damit nicht
zufrieden ſeyn/ ſondern nach der Groͤſſe ſeiner
Macht ſolche Mittel gebrauchen muͤſſen/ welche
zulaͤnglich ſind/ die geſetzfaͤhige Creatur zur Aus-
uͤbung ſeines Willens zu verbinden. Seine Macht
aber geht ſoweit/ daß er kan Leib und Seel ver-
derben in die Hoͤlle Matth. X. 28. und es iſt in dem
Begriff von ſeinen Vollenkommenheiten gegruͤn-
det/ daß er ſolche an denen/ die ſich ſeinen Gebo-
ten freventlich widerſetzen/ nach dem Grad ihrer
Boßheit muͤſſe ſehen und offenbar werden laſſen.
Es erfordert es die allgemeine Liebe zu ſeinen Wer-
cken/ nach welcher es ihm unmoͤglich gleichguͤltig
ſeyn kan/ ob derſelben Vollkommenheit und Wol-
ſtand befordert oder geſtoͤret wird. (Erl quæſt. 15.)
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