Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
rer Art zu treiben/ indem Venereus dem Griechischen
Frauenzimmer nachgieng/ und solches gewaltig wol
ins Netz zu locken wuste. Troll aber zanckete sich stäts
mit dem Volck im Hauß/ brach auch die Essen-Zimmer
auf/ und nahm darauß/ was ihm beliebte/ dannenhero
der Christ/ ihr Patron, bey der Stadt Obrigkeit kla-
gete/ und also wurden die zwey gute Gesellen auf das
Gefangen-Hauß gebracht/ da sie eine schwere Kette
an den einen Fuß bekamen/ welche sie nicht abschüt-
teln kunten/ und hier solten sie so lange sitzen/ biß sie
bändiger worden/ und zu ihrem Löse-Geld Rath
schafften. Sie wurden allhier ziemlich gespeiset/ jedoch
rechnete man ihnen das Speise-Geld Wochentlich
vor eine Krone an/ an Wein kunten sie auch haben/
was sie verlangeten/ und solches alles musten sie von
dem Wirth im Gefangen-Hauß nehmen/ der ihrer
Person wol versichert war/ biß er seine Bezahlung
hatte. Brandtewein aber ward ihnen nicht gerei-
chet/ weil darauß vielmahls viel Streit entstanden/
wann sie sich darvon übersoffen hatten. Es sassen in
diesem Hauß verschiedene Personen mehr/ unter an-
dern ein Maronitischer Pfaff/ welcher wol 3. Frauen
zugleich hatte gehabt/ ein Officier deß Printzen/ der
sich unterstanden hatte/ die umligende Türckische
Dörffer zu Brandtschatzen/ und andere Leute mehr.
Jnsonderheit war einer darunter/ der eine Frau wider
ihrer Eltern Willen geheyrathet/ und schon ein Kind
mit ihr erzeuget hatte/ weßhalben ihn seiner Frauen
Eltern hieher hatten bringen lassen. Diese ehrliche
Compagnie war ziemlich einig mit einander/ und
durffte der Hauß-Wirth keinen darvon mit Schlä-
gen tractiren/ sondern wann sie etwas verbrochen/
ward die Wacht geholet/ oder sie wurden auf Wasser
und Brodt gesetzet/ und ihr Tisch-Geld gieng gleich-

wol

Romans II. Buch.
rer Art zu treiben/ indem Venereus dem Griechiſchen
Frauenzimmer nachgieng/ und ſolches gewaltig wol
ins Netz zu locken wuſte. Troll aber zanckete ſich ſtaͤts
mit dem Volck im Hauß/ brach auch die Eſſen-Zim̃er
auf/ und nahm darauß/ was ihm beliebte/ dannenhero
der Chriſt/ ihr Patron, bey der Stadt Obrigkeit kla-
gete/ und alſo wurden die zwey gute Geſellen auf das
Gefangen-Hauß gebracht/ da ſie eine ſchwere Kette
an den einen Fuß bekamen/ welche ſie nicht abſchuͤt-
teln kunten/ und hier ſolten ſie ſo lange ſitzen/ biß ſie
baͤndiger worden/ und zu ihrem Loͤſe-Geld Rath
ſchafften. Sie wurden allhier ziemlich geſpeiſet/ jedoch
rechnete man ihnen das Speiſe-Geld Wochentlich
vor eine Krone an/ an Wein kunten ſie auch haben/
was ſie verlangeten/ und ſolches alles muſten ſie von
dem Wirth im Gefangen-Hauß nehmen/ der ihrer
Perſon wol verſichert war/ biß er ſeine Bezahlung
hatte. Brandtewein aber ward ihnen nicht gerei-
chet/ weil darauß vielmahls viel Streit entſtanden/
wann ſie ſich darvon uͤberſoffen hatten. Es ſaſſen in
dieſem Hauß verſchiedene Perſonen mehr/ unter an-
dern ein Maronitiſcher Pfaff/ welcher wol 3. Frauen
zugleich hatte gehabt/ ein Officier deß Printzen/ der
ſich unterſtanden hatte/ die umligende Tuͤrckiſche
Doͤrffer zu Brandtſchatzen/ und andere Leute mehr.
Jnſonderheit war einer darunter/ der eine Frau wider
ihrer Eltern Willen geheyrathet/ und ſchon ein Kind
mit ihr erzeuget hatte/ weßhalben ihn ſeiner Frauen
Eltern hieher hatten bringen laſſen. Dieſe ehrliche
Compagnie war ziemlich einig mit einander/ und
durffte der Hauß-Wirth keinen darvon mit Schlaͤ-
gen tractiren/ ſondern wann ſie etwas verbrochen/
ward die Wacht geholet/ oder ſie wurden auf Waſſer
und Brodt geſetzet/ und ihr Tiſch-Geld gieng gleich-

wol
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1045" n="1023"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
rer Art zu treiben/ indem <hi rendition="#aq">Venereus</hi> dem Griechi&#x017F;chen<lb/>
Frauenzimmer nachgieng/ und &#x017F;olches gewaltig wol<lb/>
ins Netz zu locken wu&#x017F;te. Troll aber zanckete &#x017F;ich &#x017F;ta&#x0364;ts<lb/>
mit dem Volck im Hauß/ brach auch die E&#x017F;&#x017F;en-Zim&#x0303;er<lb/>
auf/ und nahm darauß/ was ihm beliebte/ dannenhero<lb/>
der Chri&#x017F;t/ ihr <hi rendition="#aq">Patron,</hi> bey der Stadt Obrigkeit kla-<lb/>
gete/ und al&#x017F;o wurden die zwey gute Ge&#x017F;ellen auf das<lb/>
Gefangen-Hauß gebracht/ da &#x017F;ie eine &#x017F;chwere Kette<lb/>
an den einen Fuß bekamen/ welche &#x017F;ie nicht ab&#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
teln kunten/ und hier &#x017F;olten &#x017F;ie &#x017F;o lange &#x017F;itzen/ biß &#x017F;ie<lb/>
ba&#x0364;ndiger worden/ und zu ihrem Lo&#x0364;&#x017F;e-Geld Rath<lb/>
&#x017F;chafften. Sie wurden allhier ziemlich ge&#x017F;pei&#x017F;et/ jedoch<lb/>
rechnete man ihnen das Spei&#x017F;e-Geld Wochentlich<lb/>
vor eine Krone an/ an Wein kunten &#x017F;ie auch haben/<lb/>
was &#x017F;ie verlangeten/ und &#x017F;olches alles mu&#x017F;ten &#x017F;ie von<lb/>
dem Wirth im Gefangen-Hauß nehmen/ der ihrer<lb/>
Per&#x017F;on wol ver&#x017F;ichert war/ biß er &#x017F;eine Bezahlung<lb/>
hatte. Brandtewein aber ward ihnen nicht gerei-<lb/>
chet/ weil darauß vielmahls viel Streit ent&#x017F;tanden/<lb/>
wann &#x017F;ie &#x017F;ich darvon u&#x0364;ber&#x017F;offen hatten. Es &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en in<lb/>
die&#x017F;em Hauß ver&#x017F;chiedene Per&#x017F;onen mehr/ unter an-<lb/>
dern ein Maroniti&#x017F;cher Pfaff/ welcher wol 3. Frauen<lb/>
zugleich hatte gehabt/ ein Officier deß Printzen/ der<lb/>
&#x017F;ich unter&#x017F;tanden hatte/ die umligende Tu&#x0364;rcki&#x017F;che<lb/>
Do&#x0364;rffer zu Brandt&#x017F;chatzen/ und andere Leute mehr.<lb/>
Jn&#x017F;onderheit war einer darunter/ der eine Frau wider<lb/>
ihrer Eltern Willen geheyrathet/ und &#x017F;chon ein Kind<lb/>
mit ihr erzeuget hatte/ weßhalben ihn &#x017F;einer Frauen<lb/>
Eltern hieher hatten bringen la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e ehrliche<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> war ziemlich einig mit einander/ und<lb/>
durffte der Hauß-Wirth keinen darvon mit Schla&#x0364;-<lb/>
gen <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren/ &#x017F;ondern wann &#x017F;ie etwas verbrochen/<lb/>
ward die Wacht geholet/ oder &#x017F;ie wurden auf Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und Brodt ge&#x017F;etzet/ und ihr Ti&#x017F;ch-Geld gieng gleich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wol</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1023/1045] Romans II. Buch. rer Art zu treiben/ indem Venereus dem Griechiſchen Frauenzimmer nachgieng/ und ſolches gewaltig wol ins Netz zu locken wuſte. Troll aber zanckete ſich ſtaͤts mit dem Volck im Hauß/ brach auch die Eſſen-Zim̃er auf/ und nahm darauß/ was ihm beliebte/ dannenhero der Chriſt/ ihr Patron, bey der Stadt Obrigkeit kla- gete/ und alſo wurden die zwey gute Geſellen auf das Gefangen-Hauß gebracht/ da ſie eine ſchwere Kette an den einen Fuß bekamen/ welche ſie nicht abſchuͤt- teln kunten/ und hier ſolten ſie ſo lange ſitzen/ biß ſie baͤndiger worden/ und zu ihrem Loͤſe-Geld Rath ſchafften. Sie wurden allhier ziemlich geſpeiſet/ jedoch rechnete man ihnen das Speiſe-Geld Wochentlich vor eine Krone an/ an Wein kunten ſie auch haben/ was ſie verlangeten/ und ſolches alles muſten ſie von dem Wirth im Gefangen-Hauß nehmen/ der ihrer Perſon wol verſichert war/ biß er ſeine Bezahlung hatte. Brandtewein aber ward ihnen nicht gerei- chet/ weil darauß vielmahls viel Streit entſtanden/ wann ſie ſich darvon uͤberſoffen hatten. Es ſaſſen in dieſem Hauß verſchiedene Perſonen mehr/ unter an- dern ein Maronitiſcher Pfaff/ welcher wol 3. Frauen zugleich hatte gehabt/ ein Officier deß Printzen/ der ſich unterſtanden hatte/ die umligende Tuͤrckiſche Doͤrffer zu Brandtſchatzen/ und andere Leute mehr. Jnſonderheit war einer darunter/ der eine Frau wider ihrer Eltern Willen geheyrathet/ und ſchon ein Kind mit ihr erzeuget hatte/ weßhalben ihn ſeiner Frauen Eltern hieher hatten bringen laſſen. Dieſe ehrliche Compagnie war ziemlich einig mit einander/ und durffte der Hauß-Wirth keinen darvon mit Schlaͤ- gen tractiren/ ſondern wann ſie etwas verbrochen/ ward die Wacht geholet/ oder ſie wurden auf Waſſer und Brodt geſetzet/ und ihr Tiſch-Geld gieng gleich- wol

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1045
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1023. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1045>, abgerufen am 22.11.2024.