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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
Asper, und damit war der Bauer zufrieden/ hoffete
auch seinen unnützen Bahrt wol anzubringen/ weil er
glaubete/ er hätte zum wenigsten ein paar tausend
Haare im Bahrt. Darauf sprach Troll: Nun
wolan/ ihr habt euren Bahrt wol verkaufft/ wisset ihr
aber auch wol/ daß der Balbier-Lohn sich allwege auf
ein Viertel deß Bahrtes Preises sich erstrecket? Das
wäre sehr viel/ replicirte der Bauer/ und Troll nahm
auß/ sagend: Jhr habt ja euren Bahrt vorhin nim-
mer verkaufft/ besinnet euch nur/ ihr bekommt so viel
Geld für euren Bahrt/ derowegen werdet ihr auch
erkänntlich seyn/ dann über das Scheeren muß ich
hernach auch die abgenommene Haare dem Käuffer
zuzehlen/ welches eine grosse Mühe und genaues Auf-
mercken erfordert/ dieweil wir Leute allerseits ge-
schworen sind/ und nicht um ein einziges Härlein ei-
nen Menschen hintergehen dürffen. Also erklärete
sich der Bauer/ er wolle ihm den vierdten Theil deß
Bahrtes Preises abgeben. Aber Troll behauptete/
solches Geld müste vor dem Scheeren außgezahlet
werden/ rieff deßfalls auch alle anwesende Gefangene
zu Zeugen. Diese behaupteten solches/ und lacheten
ihn auß/ daß er von dieser Gewonheit noch nichts
wüste/ viel weniger von dem Bahrt-Kauff/ als bey
welchem allein dieser Gebrauch wäre/ und sonsten
nirgends; Darum besinnet euch nur/ sprach der
Pastor, so werdet ihr die Billigkeit erkennen. Es ist
wahr/ sagte der Haußmann/ die Haare zu zehlen ist
eine grössere Mühe/ als abzunehmen/ aber wann der
Balbierer darbey kein beeydigter Mann wäre/ so
würde ich ihm nimmer im Haarzehlen glauben. Ey/
das ist doch eine schöne Ordnung/ und löbliche Ge-
wonheit/ möchte wünschen/ daß dergleichen in unserm
Dorff auch eingeführet würde/ ich glaube/ es dörffte

nicht
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Romans II. Buch.
Aſper, und damit war der Bauer zufrieden/ hoffete
auch ſeinen unnuͤtzen Bahrt wol anzubringen/ weil er
glaubete/ er haͤtte zum wenigſten ein paar tauſend
Haare im Bahrt. Darauf ſprach Troll: Nun
wolan/ ihr habt euren Bahrt wol verkaufft/ wiſſet ihr
aber auch wol/ daß der Balbier-Lohn ſich allwege auf
ein Viertel deß Bahrtes Preiſes ſich erſtrecket? Das
waͤre ſehr viel/ replicirte der Bauer/ und Troll nahm
auß/ ſagend: Jhr habt ja euren Bahrt vorhin nim-
mer verkaufft/ beſinnet euch nur/ ihr bekommt ſo viel
Geld fuͤr euren Bahrt/ derowegen werdet ihr auch
erkaͤnntlich ſeyn/ dann uͤber das Scheeren muß ich
hernach auch die abgenommene Haare dem Kaͤuffer
zuzehlen/ welches eine groſſe Muͤhe und genaues Auf-
mercken erfordert/ dieweil wir Leute allerſeits ge-
ſchworen ſind/ und nicht um ein einziges Haͤrlein ei-
nen Menſchen hintergehen duͤrffen. Alſo erklaͤrete
ſich der Bauer/ er wolle ihm den vierdten Theil deß
Bahrtes Preiſes abgeben. Aber Troll behauptete/
ſolches Geld muͤſte vor dem Scheeren außgezahlet
werden/ rieff deßfalls auch alle anweſende Gefangene
zu Zeugen. Dieſe behaupteten ſolches/ und lacheten
ihn auß/ daß er von dieſer Gewonheit noch nichts
wuͤſte/ viel weniger von dem Bahrt-Kauff/ als bey
welchem allein dieſer Gebrauch waͤre/ und ſonſten
nirgends; Darum beſinnet euch nur/ ſprach der
Paſtor, ſo werdet ihr die Billigkeit erkennen. Es iſt
wahr/ ſagte der Haußmann/ die Haare zu zehlen iſt
eine groͤſſere Muͤhe/ als abzunehmen/ aber wann der
Balbierer darbey kein beeydigter Mann waͤre/ ſo
wuͤrde ich ihm nimmer im Haarzehlen glauben. Ey/
das iſt doch eine ſchoͤne Ordnung/ und loͤbliche Ge-
wonheit/ moͤchte wuͤnſchen/ daß dergleichen in unſerm
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[1043/1065] Romans II. Buch. Aſper, und damit war der Bauer zufrieden/ hoffete auch ſeinen unnuͤtzen Bahrt wol anzubringen/ weil er glaubete/ er haͤtte zum wenigſten ein paar tauſend Haare im Bahrt. Darauf ſprach Troll: Nun wolan/ ihr habt euren Bahrt wol verkaufft/ wiſſet ihr aber auch wol/ daß der Balbier-Lohn ſich allwege auf ein Viertel deß Bahrtes Preiſes ſich erſtrecket? Das waͤre ſehr viel/ replicirte der Bauer/ und Troll nahm auß/ ſagend: Jhr habt ja euren Bahrt vorhin nim- mer verkaufft/ beſinnet euch nur/ ihr bekommt ſo viel Geld fuͤr euren Bahrt/ derowegen werdet ihr auch erkaͤnntlich ſeyn/ dann uͤber das Scheeren muß ich hernach auch die abgenommene Haare dem Kaͤuffer zuzehlen/ welches eine groſſe Muͤhe und genaues Auf- mercken erfordert/ dieweil wir Leute allerſeits ge- ſchworen ſind/ und nicht um ein einziges Haͤrlein ei- nen Menſchen hintergehen duͤrffen. Alſo erklaͤrete ſich der Bauer/ er wolle ihm den vierdten Theil deß Bahrtes Preiſes abgeben. Aber Troll behauptete/ ſolches Geld muͤſte vor dem Scheeren außgezahlet werden/ rieff deßfalls auch alle anweſende Gefangene zu Zeugen. Dieſe behaupteten ſolches/ und lacheten ihn auß/ daß er von dieſer Gewonheit noch nichts wuͤſte/ viel weniger von dem Bahrt-Kauff/ als bey welchem allein dieſer Gebrauch waͤre/ und ſonſten nirgends; Darum beſinnet euch nur/ ſprach der Paſtor, ſo werdet ihr die Billigkeit erkennen. Es iſt wahr/ ſagte der Haußmann/ die Haare zu zehlen iſt eine groͤſſere Muͤhe/ als abzunehmen/ aber wann der Balbierer darbey kein beeydigter Mann waͤre/ ſo wuͤrde ich ihm nimmer im Haarzehlen glauben. Ey/ das iſt doch eine ſchoͤne Ordnung/ und loͤbliche Ge- wonheit/ moͤchte wuͤnſchen/ daß dergleichen in unſerm Dorff auch eingefuͤhret wuͤrde/ ich glaube/ es doͤrffte nicht U u u 2

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1043. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1065>, abgerufen am 14.11.2024.