Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen wie an Ferrario zu sehen/ die Jugend zu allerhand Ex-cessen verleitet/ und so Dünckel-witzig würde/ daß sie ihnen grosse Streiche einbildeten/ dahero sie ihre vor- gesetzte ordentliche Obrigkeit manchmahl wenig ach- teten/ sondern vielmehr täglich im Saussen und Schmaussen/ im Spielen und Dobbeln/ im Schla- gen und Balgen/ oder gar in allerhand Wercken der Unzucht stäts lebeten. Es war ein alter Geistlicher zu- gegen/ der klopffete dem Wirth jetzo auf die Schul- tern/ und sprach: Holla! mein Freund/ ihr machet kei- nen Unterscheid zwischen dem Mißbrauch und rech- ten Gebrauch der Universitäten/ die jenige Studenten/ welche sich nach ihren vorgeschriebenen Regeln ver- halten/ sind hoch zu halten/ und aller Beförderung werth/ inmassen die Welt ohne gelehrte Leute nicht wol mag regieret werden. Hierüber schüttelte der Wirth den Kopff/ und sagte: Mein lieber Vatter/ auf solche Weise soltet ihr mir wol einbilden/ weiß wäre schwartz. Fürs Erste habe ich noch mein Lebtage keinen frommen Studenten gesehen/ und zum andern finde ich weder in der Bibel/ noch sonsten/ daß man im Alten Testament/ und hernach zu Zeiten Christi/ von Academien gewußt habe. Der Geistliche bedeutete ihm aber das Gegen- massen
Deß Academiſchen wie an Ferrario zu ſehen/ die Jugend zu allerhand Ex-ceſſen verleitet/ und ſo Duͤnckel-witzig wuͤrde/ daß ſie ihnen groſſe Streiche einbildeten/ dahero ſie ihre vor- geſetzte ordentliche Obrigkeit manchmahl wenig ach- teten/ ſondern vielmehr taͤglich im Sauſſen und Schmauſſen/ im Spielen und Dobbeln/ im Schla- gen und Balgen/ oder gar in allerhand Wercken der Unzucht ſtaͤts lebeten. Es war ein alter Geiſtlicher zu- gegen/ der klopffete dem Wirth jetzo auf die Schul- tern/ und ſprach: Holla! mein Freund/ ihr machet kei- nen Unterſcheid zwiſchen dem Mißbrauch und rech- ten Gebrauch der Univerſitaͤten/ die jenige Studenten/ welche ſich nach ihren vorgeſchriebenen Regeln ver- halten/ ſind hoch zu halten/ und aller Befoͤrderung werth/ inmaſſen die Welt ohne gelehrte Leute nicht wol mag regieret werden. Hieruͤber ſchuͤttelte der Wirth den Kopff/ und ſagte: Mein lieber Vatter/ auf ſolche Weiſe ſoltet ihr mir wol einbilden/ weiß waͤre ſchwartz. Fuͤrs Erſte habe ich noch mein Lebtage keinen frommen Studenten geſehen/ und zum andern finde ich weder in der Bibel/ noch ſonſten/ daß man im Alten Teſtament/ und hernach zu Zeiten Chriſti/ von Academien gewußt habe. Der Geiſtliche bedeutete ihm aber das Gegen- maſſen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0020" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>ſchen</hi></fw><lb/> wie an <hi rendition="#aq">Ferrario</hi> zu ſehen/ die Jugend zu allerhand <hi rendition="#aq">Ex-<lb/> ceſſ</hi>en verleitet/ und ſo Duͤnckel-witzig wuͤrde/ daß ſie<lb/> ihnen groſſe Streiche einbildeten/ dahero ſie ihre vor-<lb/> geſetzte ordentliche Obrigkeit manchmahl wenig ach-<lb/> teten/ ſondern vielmehr taͤglich im Sauſſen und<lb/> Schmauſſen/ im Spielen und Dobbeln/ im Schla-<lb/> gen und Balgen/ oder gar in allerhand Wercken der<lb/> Unzucht ſtaͤts lebeten. Es war ein alter Geiſtlicher zu-<lb/> gegen/ der klopffete dem Wirth jetzo auf die Schul-<lb/> tern/ und ſprach: Holla! mein Freund/ ihr machet kei-<lb/> nen Unterſcheid zwiſchen dem Mißbrauch und rech-<lb/> ten Gebrauch der <hi rendition="#aq">Univerſit</hi>aͤten/ die jenige <hi rendition="#aq">Student</hi>en/<lb/> welche ſich nach ihren vorgeſchriebenen Regeln ver-<lb/> halten/ ſind hoch zu halten/ und aller Befoͤrderung<lb/> werth/ inmaſſen die Welt ohne gelehrte Leute nicht<lb/> wol mag regieret werden. Hieruͤber ſchuͤttelte der<lb/> Wirth den Kopff/ und ſagte: Mein lieber Vatter/<lb/> auf ſolche Weiſe ſoltet ihr mir wol einbilden/ weiß<lb/> waͤre ſchwartz. Fuͤrs Erſte habe ich noch mein Lebtage<lb/> keinen frommen <hi rendition="#aq">Student</hi>en geſehen/ und zum andern<lb/> finde ich weder in der Bibel/ noch ſonſten/ daß man im<lb/> Alten Teſtament/ und hernach zu Zeiten Chriſti/ von<lb/><hi rendition="#aq">Academi</hi>en gewußt habe.</p><lb/> <p>Der Geiſtliche bedeutete ihm aber das Gegen-<lb/> theil/ daß er nemlich hierdurch manchem rechtſchaffe-<lb/> nen <hi rendition="#aq">Student</hi>en zunahe redete; Er ſolle nur nach <hi rendition="#aq">Bo-<lb/> logne</hi> gehen/ oder ſeine Obrigkeit und Beicht-Vatter<lb/> betrachten/ ſo wuͤrde er ſich an denſelben eines andern<lb/> zu beſcheiden wiſſen; Daß auch die Alten von keinen<lb/><hi rendition="#aq">Academi</hi>en gewußt/ deſſen wolte er ihm wol das Ge-<lb/> gentheil beybringen/ wann er der Geſellſchafft darmit<lb/> wolte beſchwerlich fallen. Als aber die andern dieſen<lb/><hi rendition="#aq">Pater</hi> alſo <hi rendition="#aq">diſcurri</hi>ren hoͤreten/ noͤthigten ſie ihn/ in ſei-<lb/> nem guten Vorhaben ſich nicht aufzuhalten/ aller-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">maſſen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
Deß Academiſchen
wie an Ferrario zu ſehen/ die Jugend zu allerhand Ex-
ceſſen verleitet/ und ſo Duͤnckel-witzig wuͤrde/ daß ſie
ihnen groſſe Streiche einbildeten/ dahero ſie ihre vor-
geſetzte ordentliche Obrigkeit manchmahl wenig ach-
teten/ ſondern vielmehr taͤglich im Sauſſen und
Schmauſſen/ im Spielen und Dobbeln/ im Schla-
gen und Balgen/ oder gar in allerhand Wercken der
Unzucht ſtaͤts lebeten. Es war ein alter Geiſtlicher zu-
gegen/ der klopffete dem Wirth jetzo auf die Schul-
tern/ und ſprach: Holla! mein Freund/ ihr machet kei-
nen Unterſcheid zwiſchen dem Mißbrauch und rech-
ten Gebrauch der Univerſitaͤten/ die jenige Studenten/
welche ſich nach ihren vorgeſchriebenen Regeln ver-
halten/ ſind hoch zu halten/ und aller Befoͤrderung
werth/ inmaſſen die Welt ohne gelehrte Leute nicht
wol mag regieret werden. Hieruͤber ſchuͤttelte der
Wirth den Kopff/ und ſagte: Mein lieber Vatter/
auf ſolche Weiſe ſoltet ihr mir wol einbilden/ weiß
waͤre ſchwartz. Fuͤrs Erſte habe ich noch mein Lebtage
keinen frommen Studenten geſehen/ und zum andern
finde ich weder in der Bibel/ noch ſonſten/ daß man im
Alten Teſtament/ und hernach zu Zeiten Chriſti/ von
Academien gewußt habe.
Der Geiſtliche bedeutete ihm aber das Gegen-
theil/ daß er nemlich hierdurch manchem rechtſchaffe-
nen Studenten zunahe redete; Er ſolle nur nach Bo-
logne gehen/ oder ſeine Obrigkeit und Beicht-Vatter
betrachten/ ſo wuͤrde er ſich an denſelben eines andern
zu beſcheiden wiſſen; Daß auch die Alten von keinen
Academien gewußt/ deſſen wolte er ihm wol das Ge-
gentheil beybringen/ wann er der Geſellſchafft darmit
wolte beſchwerlich fallen. Als aber die andern dieſen
Pater alſo diſcurriren hoͤreten/ noͤthigten ſie ihn/ in ſei-
nem guten Vorhaben ſich nicht aufzuhalten/ aller-
maſſen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |