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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
den Klingenfeld/ ihm doch etliche Merck-würdige
Studenten-Possen zu erzehlen/ worinn dieser also-
bald gehehlete/ und seine Erzehlung folgender Mas-
sen begunte: Es ist ein Streit unter den Naturkün-
digern/ warum theils Kinder ihren Eltern/ theils aber
denselben nicht gleich sehen? Jns gemein wird solches
den Bildungs-Kräfften/ und dann der unterschied-
lichen Beschaffenheit deß Saamens/ wie auch dem
Gestirn/ beygemessen/ und solches alles kan sich finden
in 2. zugleich empfangenen und gebohrnen Kindern/
welcher Mutter etwan eine Person zu der Zeit/ in
welcher sich die Leibes-Frucht zu gestalten pfleget/ be-
trachtet/ wie wir hiervon ein denckwürdiges und wah-
res Exempel/ ob es gleich einem Freuden-Spiel nicht
gar unähnlich/ beyfügen wollen. Jn der Stadt Aqui-
la,
im Königreich Neapoli, haben sich 2. Knaben ge-
funden/ welche in dem Angesicht/ an der Stirnen/ Al-
ter/ Grösse und Gebärden/ einander gantz völlig gleich/
daß keiner vor dem andern zu erkennen gewesen/ als
an den Kleidern/ welche bey Hermolas viel stattlicher/
der eines Edelmanns Sohn/ als bey Eleonor, eines
gemeinen Bürgers Kind. Als Hermolas die Knaben-
Jahre zuruck geleget/ wird er weggesandt/ seinem
Studiren ferner obzuligen. Er findet aber eine Jung-
frau/ Prudentia genannt/ welcher Schönheit ihme sei-
ne Freyheit zu einer angenehmen Dienstbarkeit mach-
te; Er sahe wol/ daß er zu ihr keinen Zutritt/ als durch
die Thür der Kirchen/ ich wil sagen/ durch eheliche
Verbündnüß/ zu welcher ihre Eltern/ weil sie vermey-
net/ die Tochter bey diesem reichen Neapolitaner wol
anzubringen/ sich gern verstanden; Seine Eltern
aber einwilligen zu machen/ wuste er keinen Rath.
Jndem er nun mit diesen Gedancken umgehet/ verlie-
bet sich Hortensia, eine Adeliche Jungfrau/ in diesen

Hermo-

Romans I. Buch.
den Klingenfeld/ ihm doch etliche Merck-wuͤrdige
Studenten-Poſſen zu erzehlen/ worinn dieſer alſo-
bald gehehlete/ und ſeine Erzehlung folgender Maſ-
ſen begunte: Es iſt ein Streit unter den Naturkuͤn-
digern/ warum theils Kinder ihren Eltern/ theils aber
denſelben nicht gleich ſehen? Jns gemein wird ſolches
den Bildungs-Kraͤfften/ und dann der unterſchied-
lichen Beſchaffenheit deß Saamens/ wie auch dem
Geſtirn/ beygemeſſen/ und ſolches alles kan ſich finden
in 2. zugleich empfangenen und gebohrnen Kindern/
welcher Mutter etwan eine Perſon zu der Zeit/ in
welcher ſich die Leibes-Frucht zu geſtalten pfleget/ be-
trachtet/ wie wir hiervon ein denckwuͤrdiges und wah-
res Exempel/ ob es gleich einem Freuden-Spiel nicht
gar unaͤhnlich/ beyfuͤgen wollen. Jn der Stadt Aqui-
la,
im Koͤnigreich Neapoli, haben ſich 2. Knaben ge-
funden/ welche in dem Angeſicht/ an der Stirnen/ Al-
ter/ Groͤſſe und Gebaͤrden/ einander gantz voͤllig gleich/
daß keiner vor dem andern zu erkennen geweſen/ als
an den Kleidern/ welche bey Hermolas viel ſtattlicher/
der eines Edelmanns Sohn/ als bey Eleonor, eines
gemeinen Buͤrgers Kind. Als Hermolas die Knaben-
Jahre zuruck geleget/ wird er weggeſandt/ ſeinem
Studiren ferner obzuligen. Er findet aber eine Jung-
frau/ Prudentia genannt/ welcher Schoͤnheit ihme ſei-
ne Freyheit zu einer angenehmen Dienſtbarkeit mach-
te; Er ſahe wol/ daß er zu ihr keinen Zutritt/ als durch
die Thuͤr der Kirchen/ ich wil ſagen/ durch eheliche
Verbuͤndnuͤß/ zu welcher ihre Eltern/ weil ſie vermey-
net/ die Tochter bey dieſem reichen Neapolitaner wol
anzubringen/ ſich gern verſtanden; Seine Eltern
aber einwilligen zu machen/ wuſte er keinen Rath.
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[303/0315] Romans I. Buch. den Klingenfeld/ ihm doch etliche Merck-wuͤrdige Studenten-Poſſen zu erzehlen/ worinn dieſer alſo- bald gehehlete/ und ſeine Erzehlung folgender Maſ- ſen begunte: Es iſt ein Streit unter den Naturkuͤn- digern/ warum theils Kinder ihren Eltern/ theils aber denſelben nicht gleich ſehen? Jns gemein wird ſolches den Bildungs-Kraͤfften/ und dann der unterſchied- lichen Beſchaffenheit deß Saamens/ wie auch dem Geſtirn/ beygemeſſen/ und ſolches alles kan ſich finden in 2. zugleich empfangenen und gebohrnen Kindern/ welcher Mutter etwan eine Perſon zu der Zeit/ in welcher ſich die Leibes-Frucht zu geſtalten pfleget/ be- trachtet/ wie wir hiervon ein denckwuͤrdiges und wah- res Exempel/ ob es gleich einem Freuden-Spiel nicht gar unaͤhnlich/ beyfuͤgen wollen. Jn der Stadt Aqui- la, im Koͤnigreich Neapoli, haben ſich 2. Knaben ge- funden/ welche in dem Angeſicht/ an der Stirnen/ Al- ter/ Groͤſſe und Gebaͤrden/ einander gantz voͤllig gleich/ daß keiner vor dem andern zu erkennen geweſen/ als an den Kleidern/ welche bey Hermolas viel ſtattlicher/ der eines Edelmanns Sohn/ als bey Eleonor, eines gemeinen Buͤrgers Kind. Als Hermolas die Knaben- Jahre zuruck geleget/ wird er weggeſandt/ ſeinem Studiren ferner obzuligen. Er findet aber eine Jung- frau/ Prudentia genannt/ welcher Schoͤnheit ihme ſei- ne Freyheit zu einer angenehmen Dienſtbarkeit mach- te; Er ſahe wol/ daß er zu ihr keinen Zutritt/ als durch die Thuͤr der Kirchen/ ich wil ſagen/ durch eheliche Verbuͤndnuͤß/ zu welcher ihre Eltern/ weil ſie vermey- net/ die Tochter bey dieſem reichen Neapolitaner wol anzubringen/ ſich gern verſtanden; Seine Eltern aber einwilligen zu machen/ wuſte er keinen Rath. Jndem er nun mit dieſen Gedancken umgehet/ verlie- bet ſich Hortenſia, eine Adeliche Jungfrau/ in dieſen Hermo-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/315>, abgerufen am 22.11.2024.