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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
sen/ das laß ich zu eines rechtschaffenen Mannes Ur-
theil dahin gestellet. Der Podesta sprach darauf/ daß
die Duellen unter den Studenten in Jtalien eben so
häuffig nicht/ und wo je die Studenten sich balgeten/
wäre der Handel richtig von Teutschen angefangen.
Müsse es demnach auf den Teutschen Academien gar
offt harte Duellen abgeben. Das kan ich bezeugen/
war Klingenfelds Antwort/ und darff ich mich eben
nicht rühmen/ daß ich auf den vier Teutschen Acade-
mi
en/ die ich frequentiret/ mich selber 58. mahl herum
geschlagen habe. Jch wil aber meiner Händel nicht
gedencken/ sondern/ damit meine Herren sehen/ wie es
bey uns hergehet/ wil ich von etlichen Rencontres und
Schlägereyen sagen. Bey meiner Zeit studirete zu
Marburg ein ansehnlicher Lieffländer/ welcher die
Theologie verlassen/ und sich auf die Jura geleget/ er
charessirete eines fürnehmen Doctors Tochter/ die er
auch hernach zur Ehe bekam/ aber sie starb bald her-
nach. Dieser Lieffländer merckete/ daß ein fürnehmer
Polack dann und wann sich vor der Thür besagter
seiner Amour zu Pferd praesentirete/ und hochmüthige
Sprünge thäte/ dannenhero ward ihm solches eins-
mahls angedeutet/ da er eben mit etlichen guten
Freunden bey einem Trunck sich lustig machte/ er be-
fahl darauf seinem Jungen/ den Gästen so viel Weins
zu holen/ als sie foderten/ er selber aber nahm (es war
schon in der Nacht/) einen blossen Degen unter den
Arm/ ließ den Hut/ um keinen Aufstand zu machen/ in
der Stuben ligen/ und setzete eine lederne Calot aufs
Haupt. Er gehet gerade nach dem bewusten Ort/ da
ihm der Polak entgegen kommt/ und ihn mit dem Pferd
schier vom hohen Pflaster herab gedränget hätte. Der
Lieffländer schäumete zwar/ wolte doch die Sache mit
Glimpff anfangen/ sprach demnach: Monsieur, wo

habt

Deß Academiſchen
ſen/ das laß ich zu eines rechtſchaffenen Mannes Ur-
theil dahin geſtellet. Der Podeſtà ſprach darauf/ daß
die Duellen unter den Studenten in Jtalien eben ſo
haͤuffig nicht/ und wo je die Studenten ſich balgeten/
waͤre der Handel richtig von Teutſchen angefangen.
Muͤſſe es demnach auf den Teutſchen Academien gar
offt harte Duellen abgeben. Das kan ich bezeugen/
war Klingenfelds Antwort/ und darff ich mich eben
nicht ruͤhmen/ daß ich auf den vier Teutſchen Acade-
mi
en/ die ich frequentiret/ mich ſelber 58. mahl herum
geſchlagen habe. Jch wil aber meiner Haͤndel nicht
gedencken/ ſondern/ damit meine Herren ſehen/ wie es
bey uns hergehet/ wil ich von etlichen Rencontres und
Schlaͤgereyen ſagen. Bey meiner Zeit ſtudirete zu
Marburg ein anſehnlicher Liefflaͤnder/ welcher die
Theologie verlaſſen/ und ſich auf die Jura geleget/ er
chareſſirete eines fuͤrnehmen Doctors Tochter/ die er
auch hernach zur Ehe bekam/ aber ſie ſtarb bald her-
nach. Dieſer Liefflaͤnder merckete/ daß ein fuͤrnehmer
Polack dann und wann ſich vor der Thuͤr beſagter
ſeiner Amour zu Pferd præſentirete/ und hochmuͤthige
Spruͤnge thaͤte/ dannenhero ward ihm ſolches eins-
mahls angedeutet/ da er eben mit etlichen guten
Freunden bey einem Trunck ſich luſtig machte/ er be-
fahl darauf ſeinem Jungen/ den Gaͤſten ſo viel Weins
zu holen/ als ſie foderten/ er ſelber aber nahm (es war
ſchon in der Nacht/) einen bloſſen Degen unter den
Arm/ ließ den Hut/ um keinen Aufſtand zu machen/ in
der Stuben ligen/ und ſetzete eine lederne Calot aufs
Haupt. Er gehet gerade nach dem bewuſten Ort/ da
ihm der Polak entgegen kom̃t/ und ihn mit dem Pferd
ſchier vom hohen Pflaſter herab gedraͤnget haͤtte. Der
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[358/0372] Deß Academiſchen ſen/ das laß ich zu eines rechtſchaffenen Mannes Ur- theil dahin geſtellet. Der Podeſtà ſprach darauf/ daß die Duellen unter den Studenten in Jtalien eben ſo haͤuffig nicht/ und wo je die Studenten ſich balgeten/ waͤre der Handel richtig von Teutſchen angefangen. Muͤſſe es demnach auf den Teutſchen Academien gar offt harte Duellen abgeben. Das kan ich bezeugen/ war Klingenfelds Antwort/ und darff ich mich eben nicht ruͤhmen/ daß ich auf den vier Teutſchen Acade- mien/ die ich frequentiret/ mich ſelber 58. mahl herum geſchlagen habe. Jch wil aber meiner Haͤndel nicht gedencken/ ſondern/ damit meine Herren ſehen/ wie es bey uns hergehet/ wil ich von etlichen Rencontres und Schlaͤgereyen ſagen. Bey meiner Zeit ſtudirete zu Marburg ein anſehnlicher Liefflaͤnder/ welcher die Theologie verlaſſen/ und ſich auf die Jura geleget/ er chareſſirete eines fuͤrnehmen Doctors Tochter/ die er auch hernach zur Ehe bekam/ aber ſie ſtarb bald her- nach. Dieſer Liefflaͤnder merckete/ daß ein fuͤrnehmer Polack dann und wann ſich vor der Thuͤr beſagter ſeiner Amour zu Pferd præſentirete/ und hochmuͤthige Spruͤnge thaͤte/ dannenhero ward ihm ſolches eins- mahls angedeutet/ da er eben mit etlichen guten Freunden bey einem Trunck ſich luſtig machte/ er be- fahl darauf ſeinem Jungen/ den Gaͤſten ſo viel Weins zu holen/ als ſie foderten/ er ſelber aber nahm (es war ſchon in der Nacht/) einen bloſſen Degen unter den Arm/ ließ den Hut/ um keinen Aufſtand zu machen/ in der Stuben ligen/ und ſetzete eine lederne Calot aufs Haupt. Er gehet gerade nach dem bewuſten Ort/ da ihm der Polak entgegen kom̃t/ und ihn mit dem Pferd ſchier vom hohen Pflaſter herab gedraͤnget haͤtte. Der Liefflaͤnder ſchaͤumete zwar/ wolte doch die Sache mit Glimpff anfangen/ ſprach demnach: Monſieur, wo habt

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/372>, abgerufen am 22.11.2024.