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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
recht kenneten. Daß sie von Kind an eine Jungfrau
gewesen/ welches sie mit Brieffen und Zeugen gnug-
sam erweisen könte. Es ist wahr/ sprach Rogier, daß
etliche Personen gesaget/ daß sie sich für eine Adeliche
Dame außgegeben/ und dafern solche Zeugen nicht
suffisant sind/ kan sie leicht ein grosses Paquet Liebes-
Brieffe aufweisen/ die von trefflichen Herren an sie
geschrieben sind/ mit der Aufschrifft: An meine
Jungfrau/ Jungfrau
Dibberiga, wohnend
auf dem Kraut-Marckt/ da der junge Gärt-
ner außhänget.
Aber Dibberiga gab dem Rogier
keine Antwort/ sondern machte ihm nur eine ver-
drießliche Mine.

Diana wolte inzwischen wissen/ woher solche Re-
den entsprungen/ fieng derowegen mit Simonetta ein
Gezäncke an/ hierzu fügete sich alsobald die argwöh-
nische Silvia, die sich in dieser Sache interessirt befand/
und weil sie alle drey den Magen ziemlich überladen
hatten/ entstunde ein würcklicher Streit darauß. Sie
ergriffen einander bey den Köpffen/ und rissen alles
an Stücken/ was sie erhaschen kunten/ also daß man/
da die Partheyen wieder geschieden waren/ eine sel-
tzame Vermengung von Haarlocken/ Stücken von
Kappen/ Leinen-Tüchern/ und anderm Zeug/ ligen sa-
he die vorhin gedienet hatten/ diese saubere Personen
zu zieren. Sie musten Pflaster auf die Gesichte legen/
um die Nägelmahl zu bedecken. Cajo stund auf/ diesen
Streit zu schlichten/ aber Ragonda nahm das Werck
auf sich/ und bewog sie allerseits/ einander die Hände
zu geben/ mit dem Beding/ daß sie alle drey für Jung-
fern von einerley Qualität passiren sollen. Rogier
sprang ins Mittel/ und begunte hertzlich zu lachen als
ein Urheber dieses Zwistes/ und ein Zeuge der Ver-

söhnung.
C 4

Romans I. Buch.
recht kenneten. Daß ſie von Kind an eine Jungfrau
geweſen/ welches ſie mit Brieffen und Zeugen gnug-
ſam erweiſen koͤnte. Es iſt wahr/ ſprach Rogier, daß
etliche Perſonen geſaget/ daß ſie ſich fuͤr eine Adeliche
Dame außgegeben/ und dafern ſolche Zeugen nicht
ſuffiſant ſind/ kan ſie leicht ein groſſes Paquet Liebes-
Brieffe aufweiſen/ die von trefflichen Herren an ſie
geſchrieben ſind/ mit der Aufſchrifft: An meine
Jungfrau/ Jungfrau
Dibberiga, wohnend
auf dem Kraut-Marckt/ da der junge Gaͤrt-
ner außhaͤnget.
Aber Dibberiga gab dem Rogier
keine Antwort/ ſondern machte ihm nur eine ver-
drießliche Mine.

Diana wolte inzwiſchen wiſſen/ woher ſolche Re-
den entſprungen/ fieng derowegen mit Simonetta ein
Gezaͤncke an/ hierzu fuͤgete ſich alſobald die argwoͤh-
niſche Silvia, die ſich in dieſer Sache intereſſirt befand/
und weil ſie alle drey den Magen ziemlich uͤberladen
hatten/ entſtunde ein wuͤrcklicher Streit darauß. Sie
ergriffen einander bey den Koͤpffen/ und riſſen alles
an Stuͤcken/ was ſie erhaſchen kunten/ alſo daß man/
da die Partheyen wieder geſchieden waren/ eine ſel-
tzame Vermengung von Haarlocken/ Stuͤcken von
Kappen/ Leinen-Tuͤchern/ und anderm Zeug/ ligen ſa-
he die vorhin gedienet hatten/ dieſe ſaubere Perſonen
zu zieren. Sie muſten Pflaſter auf die Geſichte legen/
um die Naͤgelmahl zu bedecken. Cajo ſtund auf/ dieſen
Streit zu ſchlichten/ aber Ragonda nahm das Werck
auf ſich/ und bewog ſie allerſeits/ einander die Haͤnde
zu geben/ mit dem Beding/ daß ſie alle drey fuͤr Jung-
fern von einerley Qualitaͤt paſſiren ſollen. Rogier
ſprang ins Mittel/ und begunte hertzlich zu lachen als
ein Urheber dieſes Zwiſtes/ und ein Zeuge der Ver-

ſoͤhnung.
C 4
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[39/0049] Romans I. Buch. recht kenneten. Daß ſie von Kind an eine Jungfrau geweſen/ welches ſie mit Brieffen und Zeugen gnug- ſam erweiſen koͤnte. Es iſt wahr/ ſprach Rogier, daß etliche Perſonen geſaget/ daß ſie ſich fuͤr eine Adeliche Dame außgegeben/ und dafern ſolche Zeugen nicht ſuffiſant ſind/ kan ſie leicht ein groſſes Paquet Liebes- Brieffe aufweiſen/ die von trefflichen Herren an ſie geſchrieben ſind/ mit der Aufſchrifft: An meine Jungfrau/ Jungfrau Dibberiga, wohnend auf dem Kraut-Marckt/ da der junge Gaͤrt- ner außhaͤnget. Aber Dibberiga gab dem Rogier keine Antwort/ ſondern machte ihm nur eine ver- drießliche Mine. Diana wolte inzwiſchen wiſſen/ woher ſolche Re- den entſprungen/ fieng derowegen mit Simonetta ein Gezaͤncke an/ hierzu fuͤgete ſich alſobald die argwoͤh- niſche Silvia, die ſich in dieſer Sache intereſſirt befand/ und weil ſie alle drey den Magen ziemlich uͤberladen hatten/ entſtunde ein wuͤrcklicher Streit darauß. Sie ergriffen einander bey den Koͤpffen/ und riſſen alles an Stuͤcken/ was ſie erhaſchen kunten/ alſo daß man/ da die Partheyen wieder geſchieden waren/ eine ſel- tzame Vermengung von Haarlocken/ Stuͤcken von Kappen/ Leinen-Tuͤchern/ und anderm Zeug/ ligen ſa- he die vorhin gedienet hatten/ dieſe ſaubere Perſonen zu zieren. Sie muſten Pflaſter auf die Geſichte legen/ um die Naͤgelmahl zu bedecken. Cajo ſtund auf/ dieſen Streit zu ſchlichten/ aber Ragonda nahm das Werck auf ſich/ und bewog ſie allerſeits/ einander die Haͤnde zu geben/ mit dem Beding/ daß ſie alle drey fuͤr Jung- fern von einerley Qualitaͤt paſſiren ſollen. Rogier ſprang ins Mittel/ und begunte hertzlich zu lachen als ein Urheber dieſes Zwiſtes/ und ein Zeuge der Ver- ſoͤhnung. C 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/49>, abgerufen am 21.11.2024.