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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
Gouverneur, seinem grossen Patronen/ und verklaget
mich/ daß ich kommen/ und dociren möge/ wo ich den
Rosenobel bekommen hätte. Es kam ein Diener/ und
lud mich mit aller Civilität zu dem Gouverneur, der
mich um etwas befragen wolte/ und wie ich kam/ em-
pfieng er mich höfflich/ führete mich in ein Logiment,
und forschete/ wo ich doch diesen Rosenobel, den ich
gestern hätte wechseln lassen/ bekommen hätte? Jch
sahe bald/ worauf es angesehen/ und weil ich allein
bey ihm war/ sprach ich: Mein Herr/ dieses schöne
Goldstück ist mir von einer jungen schönen Frauen/
welcher ich eine Lust darfür gemacht/ verehret worden.
Der Gouverneur verwunderte sich hierüber/ daß man
in dieser Stadt solche Weiber finden solte. Jch aber
erzehlete ihm meine andere Rencontre mit der schö-
nen fürnehmen Damen/ die mir einen Nacht-Dienst
mit einem Beutel voll Ducaten bezahlet hatte. Hier-
mit risse ich den Rock auf/ und zeigete ihm das zarte
Hemd/ welches ich ohne dem darvon getragen hatte.

Der Gouverneur besahe dieses Hemd gar eigent-
lich/ und fand einen Namen vor dem Busen genähet/
dahero machte er grosse Augen/ und sagte: Guter
Freund/ dieses Hemd ist mir so wol/ als der Mann/
bekandt/ dem es zustehet; Jch rathe euch aber/ daß
ihr euch alsobald auß der Stadt machet/ und euch
dieser That halben in hiesigen Gräntzen nimmermehr
berühmet/ oder ihr seyd ein Mann deß Todes. Diesen
Drohungen muste ich glauben/ nahm demnach mei-
nen Abschied/ und nachdem ich zu Hauß das Meinige
bestellet/ gieng ich von Siena hinweg/ auf Bologne, und
bald hernach auf Padua. Jch besahe unterdessen die
Buchstaben am Hemde gar eigentlich/ ließ mir deß
Gouverneurs Namen melden/ und fand/ daß dieses
sein eigenes Hemd gewesen/ daß ich/ demnach nun-

mehro

Romans I. Buch.
Gouverneur, ſeinem groſſen Patronen/ und verklaget
mich/ daß ich kommen/ und dociren moͤge/ wo ich den
Roſenobel bekommen haͤtte. Es kam ein Diener/ und
lud mich mit aller Civilitaͤt zu dem Gouverneur, der
mich um etwas befragen wolte/ und wie ich kam/ em-
pfieng er mich hoͤfflich/ fuͤhrete mich in ein Logiment,
und forſchete/ wo ich doch dieſen Roſenobel, den ich
geſtern haͤtte wechſeln laſſen/ bekommen haͤtte? Jch
ſahe bald/ worauf es angeſehen/ und weil ich allein
bey ihm war/ ſprach ich: Mein Herꝛ/ dieſes ſchoͤne
Goldſtuͤck iſt mir von einer jungen ſchoͤnen Frauen/
welcher ich eine Luſt darfuͤr gemacht/ verehret worden.
Der Gouverneur verwunderte ſich hieruͤber/ daß man
in dieſer Stadt ſolche Weiber finden ſolte. Jch aber
erzehlete ihm meine andere Rencontre mit der ſchoͤ-
nen fuͤrnehmen Damen/ die mir einen Nacht-Dienſt
mit einem Beutel voll Ducaten bezahlet hatte. Hier-
mit riſſe ich den Rock auf/ und zeigete ihm das zarte
Hemd/ welches ich ohne dem darvon getragen hatte.

Der Gouverneur beſahe dieſes Hemd gar eigent-
lich/ und fand einen Namen vor dem Buſen genaͤhet/
dahero machte er groſſe Augen/ und ſagte: Guter
Freund/ dieſes Hemd iſt mir ſo wol/ als der Mann/
bekandt/ dem es zuſtehet; Jch rathe euch aber/ daß
ihr euch alſobald auß der Stadt machet/ und euch
dieſer That halben in hieſigen Graͤntzen nimmermehr
beruͤhmet/ oder ihr ſeyd ein Mann deß Todes. Dieſen
Drohungen muſte ich glauben/ nahm demnach mei-
nen Abſchied/ und nachdem ich zu Hauß das Meinige
beſtellet/ gieng ich von Siena hinweg/ auf Bologne, und
bald hernach auf Padua. Jch beſahe unterdeſſen die
Buchſtaben am Hemde gar eigentlich/ ließ mir deß
Gouverneurs Namen melden/ und fand/ daß dieſes
ſein eigenes Hemd geweſen/ daß ich/ demnach nun-

mehro
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[509/0525] Romans I. Buch. Gouverneur, ſeinem groſſen Patronen/ und verklaget mich/ daß ich kommen/ und dociren moͤge/ wo ich den Roſenobel bekommen haͤtte. Es kam ein Diener/ und lud mich mit aller Civilitaͤt zu dem Gouverneur, der mich um etwas befragen wolte/ und wie ich kam/ em- pfieng er mich hoͤfflich/ fuͤhrete mich in ein Logiment, und forſchete/ wo ich doch dieſen Roſenobel, den ich geſtern haͤtte wechſeln laſſen/ bekommen haͤtte? Jch ſahe bald/ worauf es angeſehen/ und weil ich allein bey ihm war/ ſprach ich: Mein Herꝛ/ dieſes ſchoͤne Goldſtuͤck iſt mir von einer jungen ſchoͤnen Frauen/ welcher ich eine Luſt darfuͤr gemacht/ verehret worden. Der Gouverneur verwunderte ſich hieruͤber/ daß man in dieſer Stadt ſolche Weiber finden ſolte. Jch aber erzehlete ihm meine andere Rencontre mit der ſchoͤ- nen fuͤrnehmen Damen/ die mir einen Nacht-Dienſt mit einem Beutel voll Ducaten bezahlet hatte. Hier- mit riſſe ich den Rock auf/ und zeigete ihm das zarte Hemd/ welches ich ohne dem darvon getragen hatte. Der Gouverneur beſahe dieſes Hemd gar eigent- lich/ und fand einen Namen vor dem Buſen genaͤhet/ dahero machte er groſſe Augen/ und ſagte: Guter Freund/ dieſes Hemd iſt mir ſo wol/ als der Mann/ bekandt/ dem es zuſtehet; Jch rathe euch aber/ daß ihr euch alſobald auß der Stadt machet/ und euch dieſer That halben in hieſigen Graͤntzen nimmermehr beruͤhmet/ oder ihr ſeyd ein Mann deß Todes. Dieſen Drohungen muſte ich glauben/ nahm demnach mei- nen Abſchied/ und nachdem ich zu Hauß das Meinige beſtellet/ gieng ich von Siena hinweg/ auf Bologne, und bald hernach auf Padua. Jch beſahe unterdeſſen die Buchſtaben am Hemde gar eigentlich/ ließ mir deß Gouverneurs Namen melden/ und fand/ daß dieſes ſein eigenes Hemd geweſen/ daß ich/ demnach nun- mehro

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/525>, abgerufen am 22.11.2024.