Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen sein Gebrechen vor/ Krafft dessen er zu Nacht-Zeitenaufzustehen pflegte/ stund also auf/ und legte sich wie- der zu Venereo in das andere Bette. Die Frau rieff hierauf ihrem Mann zu: So Venereus kam auf seiner Räyse um den Mittag sprechen.
Deß Academiſchen ſein Gebrechen vor/ Krafft deſſen er zu Nacht-Zeitenaufzuſtehen pflegte/ ſtund alſo auf/ und legte ſich wie- der zu Venereo in das andere Bette. Die Frau rieff hierauf ihrem Mann zu: So Venereus kam auf ſeiner Raͤyſe um den Mittag ſprechen.
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Deß Academiſchen
ſein Gebrechen vor/ Krafft deſſen er zu Nacht-Zeiten
aufzuſtehen pflegte/ ſtund alſo auf/ und legte ſich wie-
der zu Venereo in das andere Bette.
Die Frau rieff hierauf ihrem Mann zu: So
ſeyd ihr Maͤnner/ ſprach ſie/ deß Abends ſaufft ihr
euch ſo voll/ daß ihr nicht wiſſet/ was ihr deß Nachts
thut/ wie ſolte der Juncker doch zu unſerer Tochter
kommen ſeyn/ da ich doch bey ihr die gantze Nacht
geſchlaffen habe. Als der Wirth dieſes hoͤrete/ ſtellete
er ſich vollends zufrieden/ und weil die Tochter die
Mutter uͤberredete/ daß ſie von dem Edelmann nicht
das Geringſte wuͤſte/ troͤſtete ſie ſich in ihrem Hertzen
der groſſen Luſt/ ſo ſie von Venereo genoſſen/ und
meynete/ ſie habe allein gewachet/ und alle Gluͤckſee-
ligkeiten dieſer Nacht gantz allein gehabt. Als end-
lich der Tag anbrach/ ſtunden ſie nach einander auf/
und die ſich dieſe Nacht uͤber geſprochen/ wincketen
einander mit den Augen/ woruͤber der arme Hauß-
Wirth zu kurtz kam. Mutter und Tochter richteten
ein gutes Fruͤhſtuͤck zu/ bey welchem die zween Came-
raden ihren freundlichen Abſchied nahmen/ und dar-
auf ritte ein Jeder ſeines Weges ins beſonder.
Venereus kam auf ſeiner Raͤyſe um den Mittag
in einen groſſen Flecken/ da er in einer anſehnlichen
Herberge einkehrete/ allwo etliche Fremde ſich eben
zu Tiſch ſetzen wolten. Er kam demnach gar recht zu
einer guten Mahlzeit. Dieſe Fremdlinge waren auß
verſchiedenen Laͤndern/ nemlich Teutſchen/ Frantzo-
ſen/ Spanier/ Jtaliaͤner und Schweden/ und weil ſie
allerſeits gelehrte Leute/ diſcurrirten ſie von allerhand
Materien/ kamen aber bald auf die Frage/ welches
doch wol die vernuͤnfftigſten Leute waͤren? Da ſich
dann ein Jeder bemuͤhete/ ſeinen Lands-Leuten das
Wort zu fuͤhren/ und denſelben dieſen Preiß zu zu-
ſprechen.
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