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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
sie das Pferd in eine Herberge/ Onello aber bauete
einen Tisch von Brettern auf den Marckt/ praesen-
ti
rte daselbst seine Störger-Waaren/ und muste ihm
Troll die Geschirre darzu rein machen/ auch sonsten
ihm/ als ein Knecht/ in allem bedienet seyn/ welches
ihm zwar sauer vorkam; Aber/ weil er gedachte/ sich
dieser Lumpen-Gesellschafft bald möglichst wieder zu
entziehen/ stellete er sich gedultig an/ etliche Tage über
alles ohne Murren zu leyden. Er muste viel Lateini-
sche und Jtaliänische Wörter mit dem Onello wech-
seln/ damit sie in desto höhers Ansehen kämen/ und als
viel Leute herzu gelauffen kamen/ die ihn vorhin ge-
kannt/ fragten sie ihn/ wo er sich bißhero aufgehalten/
wo er das Pferd/ den Diener und die schöne Kleider
überkommen hätte? Er gab zur Antwort/ er habe den
Gouverneur zu Milan von einer gefährlichen Kranck-
heit curiret/ bey welchem er dieses alles erworben. Als
solches die Leute höreten/ kaufften sie gar reichlich von
ihm/ also/ daß er nicht Waaren gnug hatte/ und da-
hero den Rest doppelt so hoch ans Geld halten muste.

Jndem aber die Leute Hauffenweiß herzu drun-
gen/ diesem glücklichen Störger/ den sie vor einem
halben Jahr gekannt/ zu sehen/ da tratt unter andern
auch vorbeschriebener Torrenti auß seinem Hauß/
welchem Simon begegnet/ und spricht: Glück zu!
mein Freund/ was Unglück hat euch getroffen/ daß
ich euch also verstellet sehe? Torrenti weiß von nichts/
sagte demnach/ daß er wol zu Muth sey/ und von kei-
nem Ubel wisse. Jch schwöre euch aber zu/ fuhr Je-
ner fort/ daß ihr eine grosse Kranckheit am Halß habt/
das Weise im Aug wil gelb werden/ die Circuln um
die Augen sind schon blau/ und wofern ihr nicht bald
darwider etwas brauchet/ seyd ihr in 3. Tagen ein
Mann deß Todes. Torrenti lachete immer fort/ und

bildete

Deß Academiſchen
ſie das Pferd in eine Herberge/ Onello aber bauete
einen Tiſch von Brettern auf den Marckt/ præſen-
ti
rte daſelbſt ſeine Stoͤrger-Waaren/ und muſte ihm
Troll die Geſchirre darzu rein machen/ auch ſonſten
ihm/ als ein Knecht/ in allem bedienet ſeyn/ welches
ihm zwar ſauer vorkam; Aber/ weil er gedachte/ ſich
dieſer Lumpen-Geſellſchafft bald moͤglichſt wieder zu
entziehen/ ſtellete er ſich gedultig an/ etliche Tage uͤber
alles ohne Murren zu leyden. Er muſte viel Lateini-
ſche und Jtaliaͤniſche Woͤrter mit dem Onello wech-
ſeln/ damit ſie in deſto hoͤhers Anſehen kaͤmen/ und als
viel Leute herzu gelauffen kamen/ die ihn vorhin ge-
kannt/ fragten ſie ihn/ wo er ſich bißhero aufgehalten/
wo er das Pferd/ den Diener und die ſchoͤne Kleider
uͤberkommen haͤtte? Er gab zur Antwort/ er habe den
Gouverneur zu Milan von einer gefaͤhrlichen Kranck-
heit curiret/ bey welchem er dieſes alles erworben. Als
ſolches die Leute hoͤreten/ kaufften ſie gar reichlich von
ihm/ alſo/ daß er nicht Waaren gnug hatte/ und da-
hero den Reſt doppelt ſo hoch ans Geld halten muſte.

Jndem aber die Leute Hauffenweiß herzu drun-
gen/ dieſem gluͤcklichen Stoͤrger/ den ſie vor einem
halben Jahr gekannt/ zu ſehen/ da tratt unter andern
auch vorbeſchriebener Torrenti auß ſeinem Hauß/
welchem Simon begegnet/ und ſpricht: Gluͤck zu!
mein Freund/ was Ungluͤck hat euch getroffen/ daß
ich euch alſo verſtellet ſehe? Torrenti weiß von nichts/
ſagte demnach/ daß er wol zu Muth ſey/ und von kei-
nem Ubel wiſſe. Jch ſchwoͤre euch aber zu/ fuhr Je-
ner fort/ daß ihr eine groſſe Kranckheit am Halß habt/
das Weiſe im Aug wil gelb werden/ die Circuln um
die Augen ſind ſchon blau/ und wofern ihr nicht bald
darwider etwas brauchet/ ſeyd ihr in 3. Tagen ein
Mann deß Todes. Torrenti lachete immer fort/ und

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[748/0766] Deß Academiſchen ſie das Pferd in eine Herberge/ Onello aber bauete einen Tiſch von Brettern auf den Marckt/ præſen- tirte daſelbſt ſeine Stoͤrger-Waaren/ und muſte ihm Troll die Geſchirre darzu rein machen/ auch ſonſten ihm/ als ein Knecht/ in allem bedienet ſeyn/ welches ihm zwar ſauer vorkam; Aber/ weil er gedachte/ ſich dieſer Lumpen-Geſellſchafft bald moͤglichſt wieder zu entziehen/ ſtellete er ſich gedultig an/ etliche Tage uͤber alles ohne Murren zu leyden. Er muſte viel Lateini- ſche und Jtaliaͤniſche Woͤrter mit dem Onello wech- ſeln/ damit ſie in deſto hoͤhers Anſehen kaͤmen/ und als viel Leute herzu gelauffen kamen/ die ihn vorhin ge- kannt/ fragten ſie ihn/ wo er ſich bißhero aufgehalten/ wo er das Pferd/ den Diener und die ſchoͤne Kleider uͤberkommen haͤtte? Er gab zur Antwort/ er habe den Gouverneur zu Milan von einer gefaͤhrlichen Kranck- heit curiret/ bey welchem er dieſes alles erworben. Als ſolches die Leute hoͤreten/ kaufften ſie gar reichlich von ihm/ alſo/ daß er nicht Waaren gnug hatte/ und da- hero den Reſt doppelt ſo hoch ans Geld halten muſte. Jndem aber die Leute Hauffenweiß herzu drun- gen/ dieſem gluͤcklichen Stoͤrger/ den ſie vor einem halben Jahr gekannt/ zu ſehen/ da tratt unter andern auch vorbeſchriebener Torrenti auß ſeinem Hauß/ welchem Simon begegnet/ und ſpricht: Gluͤck zu! mein Freund/ was Ungluͤck hat euch getroffen/ daß ich euch alſo verſtellet ſehe? Torrenti weiß von nichts/ ſagte demnach/ daß er wol zu Muth ſey/ und von kei- nem Ubel wiſſe. Jch ſchwoͤre euch aber zu/ fuhr Je- ner fort/ daß ihr eine groſſe Kranckheit am Halß habt/ das Weiſe im Aug wil gelb werden/ die Circuln um die Augen ſind ſchon blau/ und wofern ihr nicht bald darwider etwas brauchet/ ſeyd ihr in 3. Tagen ein Mann deß Todes. Torrenti lachete immer fort/ und bildete

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/766>, abgerufen am 22.11.2024.