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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
7.
Jm Brach-Mond stürtzt der Bauer seine Brach/
Und pflügt so fleissig als er kan und mag;
Wer dann ein schönes Weib im Hause hat/
Der stürtzet ihm die Brach zur Winter-Saat.
8.
Jm Julio kommt an der Hundes-Stern/
Da schertzt man mit den jungen Mädchen gern.
Jst man allein/ so stehet es ja frey/
Daß einer seine Liebste kriegt darbey.
9.
Augustus giebet uns das liebe Brodt/
Das thut GOTT auch für uns in Hungers-Noth.
Und wann dein Häußchen ist voll Brodt und Bier/
So findt sich auch ein Mädchen bald zu dir.
10
Jn dem September schüttelt man den Baum/
Und nimmt den Bienen ihren süssen Saum/
Und isst nun immer süsse Honig-Birn/
Auch schläfft man gern bey einer schönen Dirn.
11.
October giebet uns den lieben Wein/
Da wil man gern beym Frauenzimmer seyn;
Drum immer lustig/ frölich/ früh und spat/
Jsst man auch gern Gebratens/ wann mans hat.
12.
Jm Winter-Mond versiehet sich der Hanß
Mit Fleisch/ mit Meel/ mit einer Marten-Ganß/
Deß Tages geht er in dem Zipffel-Beltz/
Deß Nachts erwärmt er sich bey seiner Elß.
13.
Jn dem December such hervor die Mütz/
Der schmahle Hut ist dir nun nichts mehr nütz.
Hertz deine Frau/ daß sie sich nicht beschwert/
Wer weiß/ was ihr der heilig Christ beschert!
14.
Nun hab ich den Calender durchgesehn/
Wer weiß/ was auß der Hochzeit kan geschehn?
Das gantze Jahr befindt sich immer gut/
Weil es die liebe Noth erfordern thut.

Als er dieses Carmen nachlase/ gefiel es ihm in seinem
Hertzen/ und muste er sich in seinem Sinn verwun-
dern/ daß er einen so herrlichen Poetischen Geist bey
sich fand. Jndem er sich über sich selber also kitzelte/
kam der Pastor zu ihm herein getretten/ und stellete
sich gantz freundlich zu ihm: Jhr wisset wol/ Herr
Rector, sprach er/ daß ein Poet geboren/ und nicht ge-

macht
D d d 3
Romans II. Buch.
7.
Jm Brach-Mond ſtuͤrtzt der Bauer ſeine Brach/
Und pfluͤgt ſo fleiſſig als er kan und mag;
Wer dann ein ſchoͤnes Weib im Hauſe hat/
Der ſtuͤrtzet ihm die Brach zur Winter-Saat.
8.
Jm Julio kommt an der Hundes-Stern/
Da ſchertzt man mit den jungen Maͤdchen gern.
Jſt man allein/ ſo ſtehet es ja frey/
Daß einer ſeine Liebſte kriegt darbey.
9.
Auguſtus giebet uns das liebe Brodt/
Das thut GOTT auch fuͤr uns in Hungers-Noth.
Und wann dein Haͤußchen iſt voll Brodt und Bier/
So findt ſich auch ein Maͤdchen bald zu dir.
10
Jn dem September ſchuͤttelt man den Baum/
Und nimmt den Bienen ihren ſuͤſſen Saum/
Und iſſt nun immer ſuͤſſe Honig-Birn/
Auch ſchlaͤfft man gern bey einer ſchoͤnen Dirn.
11.
October giebet uns den lieben Wein/
Da wil man gern beym Frauenzimmer ſeyn;
Drum immer luſtig/ froͤlich/ fruͤh und ſpat/
Jſſt man auch gern Gebratens/ wann mans hat.
12.
Jm Winter-Mond verſiehet ſich der Hanß
Mit Fleiſch/ mit Meel/ mit einer Marten-Ganß/
Deß Tages geht er in dem Zipffel-Beltz/
Deß Nachts erwaͤrmt er ſich bey ſeiner Elß.
13.
Jn dem December ſuch hervor die Muͤtz/
Der ſchmahle Hut iſt dir nun nichts mehr nuͤtz.
Hertz deine Frau/ daß ſie ſich nicht beſchwert/
Wer weiß/ was ihr der heilig Chriſt beſchert!
14.
Nun hab ich den Calender durchgeſehn/
Wer weiß/ was auß der Hochzeit kan geſchehn?
Das gantze Jahr befindt ſich immer gut/
Weil es die liebe Noth erfordern thut.

Als er dieſes Carmen nachlaſe/ gefiel es ihm in ſeinem
Hertzen/ und muſte er ſich in ſeinem Sinn verwun-
dern/ daß er einen ſo herꝛlichen Poetiſchen Geiſt bey
ſich fand. Jndem er ſich uͤber ſich ſelber alſo kitzelte/
kam der Paſtor zu ihm herein getretten/ und ſtellete
ſich gantz freundlich zu ihm: Jhr wiſſet wol/ Herꝛ
Rector, ſprach er/ daß ein Poet geboren/ und nicht ge-

macht
D d d 3
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[789/0809] Romans II. Buch. 7. Jm Brach-Mond ſtuͤrtzt der Bauer ſeine Brach/ Und pfluͤgt ſo fleiſſig als er kan und mag; Wer dann ein ſchoͤnes Weib im Hauſe hat/ Der ſtuͤrtzet ihm die Brach zur Winter-Saat. 8. Jm Julio kommt an der Hundes-Stern/ Da ſchertzt man mit den jungen Maͤdchen gern. Jſt man allein/ ſo ſtehet es ja frey/ Daß einer ſeine Liebſte kriegt darbey. 9. Auguſtus giebet uns das liebe Brodt/ Das thut GOTT auch fuͤr uns in Hungers-Noth. Und wann dein Haͤußchen iſt voll Brodt und Bier/ So findt ſich auch ein Maͤdchen bald zu dir. 10 Jn dem September ſchuͤttelt man den Baum/ Und nimmt den Bienen ihren ſuͤſſen Saum/ Und iſſt nun immer ſuͤſſe Honig-Birn/ Auch ſchlaͤfft man gern bey einer ſchoͤnen Dirn. 11. October giebet uns den lieben Wein/ Da wil man gern beym Frauenzimmer ſeyn; Drum immer luſtig/ froͤlich/ fruͤh und ſpat/ Jſſt man auch gern Gebratens/ wann mans hat. 12. Jm Winter-Mond verſiehet ſich der Hanß Mit Fleiſch/ mit Meel/ mit einer Marten-Ganß/ Deß Tages geht er in dem Zipffel-Beltz/ Deß Nachts erwaͤrmt er ſich bey ſeiner Elß. 13. Jn dem December ſuch hervor die Muͤtz/ Der ſchmahle Hut iſt dir nun nichts mehr nuͤtz. Hertz deine Frau/ daß ſie ſich nicht beſchwert/ Wer weiß/ was ihr der heilig Chriſt beſchert! 14. Nun hab ich den Calender durchgeſehn/ Wer weiß/ was auß der Hochzeit kan geſchehn? Das gantze Jahr befindt ſich immer gut/ Weil es die liebe Noth erfordern thut. Als er dieſes Carmen nachlaſe/ gefiel es ihm in ſeinem Hertzen/ und muſte er ſich in ſeinem Sinn verwun- dern/ daß er einen ſo herꝛlichen Poetiſchen Geiſt bey ſich fand. Jndem er ſich uͤber ſich ſelber alſo kitzelte/ kam der Paſtor zu ihm herein getretten/ und ſtellete ſich gantz freundlich zu ihm: Jhr wiſſet wol/ Herꝛ Rector, ſprach er/ daß ein Poet geboren/ und nicht ge- macht D d d 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 789. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/809>, abgerufen am 10.10.2024.