Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
in Griechischer Sprach ein/ mit Verwunderung aller
Zuhörer. Da er nun hatte beschlossen/ assumirte
D. Morsianus in Griechischer Sprach/ und wieder-
holete alles/ was sein Widerparth geschicklich fürge-
bracht/ beantwortete ihm auch in selbiger Sprach/
führete deß Galeni und Hippocratis Zeugnüß hinge-
gen an/ und wiederlegte ihm seine fürgebrachte Ar-
gumenta
dermassen/ daß der Fremde für der gantzen
Universität frey bekannte/ er hätte sich unter so kal-
tem Himmel und in den rauhen Nord-Ländern nicht
vermuthet/ einen solchen Mann zu finden/ von so
trefflicher Geschicklichkeit/ und so tapfferer Gedächt-
nüß/ der auß dem Stegreiff seinen Galenum und
Hipprocratem also einführen könte/ als hätte er es
mit reiffem Vorwissen und Bedacht gethan/ wie er
nunmehr in der That erfahren hätte.

Jedoch ist auch zu wissen/ daß man heut zu Tag
dem Gedächtnüß eines Menschen künstlicher Weiß
gewaltig zu Hülffe tretten kan/ wie die Jenigen wis-
sen/ welche Artem Mnemonicam verstehen. Gleichwie
aber manche in ihrer Jugend schon zu hohen Wissen-
schafften gelanget/ also haben hingegen andere sich
ihr hohes Alter nicht darvon zurück halten lassen/ wie
solches droben mit Balde und andern Exempeln er-
weißlich gemacht worden. Nicolaus Clenardus, als
er zu Ebora in Portugall deß Portugallischen Königs
Emanuelis Fürstl. Jugend Praeceptor war/ schreibet
an einen guten Freund in Teutschland/ lib. 2. Epist. 21.
diese Worte: Quem praeferam Johanni Parvo, qui
cum mihi mensa fuit communis toto biennio, quem-
que non minus, quam parentem charissimum venerari
debeo? Is cum annos natus esset sexaginta duos, non
contentus literis Graecis, quas occupatissimus templi
functionibus, a me etiam initiatus est Hebraicis, quos

noctur-
I i i 5

Romans II. Buch.
in Griechiſcher Sprach ein/ mit Verwunderung aller
Zuhoͤrer. Da er nun hatte beſchloſſen/ aſſumirte
D. Morſianus in Griechiſcher Sprach/ und wieder-
holete alles/ was ſein Widerparth geſchicklich fuͤrge-
bracht/ beantwortete ihm auch in ſelbiger Sprach/
fuͤhrete deß Galeni und Hippocratis Zeugnuͤß hinge-
gen an/ und wiederlegte ihm ſeine fuͤrgebrachte Ar-
gumenta
dermaſſen/ daß der Fremde fuͤr der gantzen
Univerſitaͤt frey bekannte/ er haͤtte ſich unter ſo kal-
tem Himmel und in den rauhen Nord-Laͤndern nicht
vermuthet/ einen ſolchen Mann zu finden/ von ſo
trefflicher Geſchicklichkeit/ und ſo tapfferer Gedaͤcht-
nuͤß/ der auß dem Stegreiff ſeinen Galenum und
Hipprocratem alſo einfuͤhren koͤnte/ als haͤtte er es
mit reiffem Vorwiſſen und Bedacht gethan/ wie er
nunmehr in der That erfahren haͤtte.

Jedoch iſt auch zu wiſſen/ daß man heut zu Tag
dem Gedaͤchtnuͤß eines Menſchen kuͤnſtlicher Weiß
gewaltig zu Huͤlffe tretten kan/ wie die Jenigen wiſ-
ſen/ welche Artem Mnemonicam verſtehen. Gleichwie
aber manche in ihrer Jugend ſchon zu hohen Wiſſen-
ſchafften gelanget/ alſo haben hingegen andere ſich
ihr hohes Alter nicht darvon zuruͤck halten laſſen/ wie
ſolches droben mit Balde und andern Exempeln er-
weißlich gemacht worden. Nicolaus Clenardus, als
er zu Ebora in Portugall deß Portugalliſchen Koͤnigs
Emanuelis Fuͤrſtl. Jugend Præceptor war/ ſchreibet
an einen guten Freund in Teutſchland/ lib. 2. Epiſt. 21.
dieſe Worte: Quem præferam Johanni Parvo, qui
cum mihi menſa fuit communis toto biennio, quem-
que non minus, quàm parentem chariſſimum venerari
debeo? Is cum annos natus eſſet ſexaginta duos, non
contentus literis Græcis, quas occupatiſſimus templi
functionibus, à me etiam initiatus eſt Hebraicis, quos

noctur-
I i i 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0893" n="873"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
in Griechi&#x017F;cher Sprach ein/ mit Verwunderung aller<lb/>
Zuho&#x0364;rer. Da er nun hatte be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ <hi rendition="#aq">a&#x017F;&#x017F;umi</hi>rte<lb/><hi rendition="#aq">D. Mor&#x017F;ianus</hi> in Griechi&#x017F;cher Sprach/ und wieder-<lb/>
holete alles/ was &#x017F;ein Widerparth ge&#x017F;chicklich fu&#x0364;rge-<lb/>
bracht/ beantwortete ihm auch in &#x017F;elbiger Sprach/<lb/>
fu&#x0364;hrete deß <hi rendition="#aq">Galeni</hi> und <hi rendition="#aq">Hippocratis</hi> Zeugnu&#x0364;ß hinge-<lb/>
gen an/ und wiederlegte ihm &#x017F;eine fu&#x0364;rgebrachte <hi rendition="#aq">Ar-<lb/>
gumenta</hi> derma&#x017F;&#x017F;en/ daß der Fremde fu&#x0364;r der gantzen<lb/><hi rendition="#aq">Univer&#x017F;it</hi>a&#x0364;t frey bekannte/ er ha&#x0364;tte &#x017F;ich unter &#x017F;o kal-<lb/>
tem Himmel und in den rauhen Nord-La&#x0364;ndern nicht<lb/>
vermuthet/ einen &#x017F;olchen Mann zu finden/ von &#x017F;o<lb/>
trefflicher Ge&#x017F;chicklichkeit/ und &#x017F;o tapfferer Geda&#x0364;cht-<lb/>
nu&#x0364;ß/ der auß dem Stegreiff &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Galenum</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Hipprocratem</hi> al&#x017F;o einfu&#x0364;hren ko&#x0364;nte/ als ha&#x0364;tte er es<lb/>
mit reiffem Vorwi&#x017F;&#x017F;en und Bedacht gethan/ wie er<lb/>
nunmehr in der That erfahren ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Jedoch i&#x017F;t auch zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß man heut zu Tag<lb/>
dem Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß eines Men&#x017F;chen ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Weiß<lb/>
gewaltig zu Hu&#x0364;lffe tretten kan/ wie die Jenigen wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ welche <hi rendition="#aq">Artem Mnemonicam</hi> ver&#x017F;tehen. Gleichwie<lb/>
aber manche in ihrer Jugend &#x017F;chon zu hohen Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafften gelanget/ al&#x017F;o haben hingegen andere &#x017F;ich<lb/>
ihr hohes Alter nicht darvon zuru&#x0364;ck halten la&#x017F;&#x017F;en/ wie<lb/>
&#x017F;olches droben mit <hi rendition="#aq">Balde</hi> und andern Exempeln er-<lb/>
weißlich gemacht worden. <hi rendition="#aq">Nicolaus Clenardus,</hi> als<lb/>
er zu <hi rendition="#aq">Ebora</hi> in Portugall deß Portugalli&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs<lb/><hi rendition="#aq">Emanuelis</hi> Fu&#x0364;r&#x017F;tl. Jugend <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> war/ &#x017F;chreibet<lb/>
an einen guten Freund in Teut&#x017F;chland/ <hi rendition="#aq">lib. 2. Epi&#x017F;t. 21.</hi><lb/>
die&#x017F;e Worte: <hi rendition="#aq">Quem præferam Johanni Parvo, qui<lb/>
cum mihi men&#x017F;a fuit communis toto biennio, quem-<lb/>
que non minus, quàm parentem chari&#x017F;&#x017F;imum venerari<lb/>
debeo? Is cum annos natus e&#x017F;&#x017F;et &#x017F;exaginta duos, non<lb/>
contentus literis Græcis, quas occupati&#x017F;&#x017F;imus templi<lb/>
functionibus, à me etiam initiatus e&#x017F;t Hebraicis, quos</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I i i 5</hi></fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">noctur-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[873/0893] Romans II. Buch. in Griechiſcher Sprach ein/ mit Verwunderung aller Zuhoͤrer. Da er nun hatte beſchloſſen/ aſſumirte D. Morſianus in Griechiſcher Sprach/ und wieder- holete alles/ was ſein Widerparth geſchicklich fuͤrge- bracht/ beantwortete ihm auch in ſelbiger Sprach/ fuͤhrete deß Galeni und Hippocratis Zeugnuͤß hinge- gen an/ und wiederlegte ihm ſeine fuͤrgebrachte Ar- gumenta dermaſſen/ daß der Fremde fuͤr der gantzen Univerſitaͤt frey bekannte/ er haͤtte ſich unter ſo kal- tem Himmel und in den rauhen Nord-Laͤndern nicht vermuthet/ einen ſolchen Mann zu finden/ von ſo trefflicher Geſchicklichkeit/ und ſo tapfferer Gedaͤcht- nuͤß/ der auß dem Stegreiff ſeinen Galenum und Hipprocratem alſo einfuͤhren koͤnte/ als haͤtte er es mit reiffem Vorwiſſen und Bedacht gethan/ wie er nunmehr in der That erfahren haͤtte. Jedoch iſt auch zu wiſſen/ daß man heut zu Tag dem Gedaͤchtnuͤß eines Menſchen kuͤnſtlicher Weiß gewaltig zu Huͤlffe tretten kan/ wie die Jenigen wiſ- ſen/ welche Artem Mnemonicam verſtehen. Gleichwie aber manche in ihrer Jugend ſchon zu hohen Wiſſen- ſchafften gelanget/ alſo haben hingegen andere ſich ihr hohes Alter nicht darvon zuruͤck halten laſſen/ wie ſolches droben mit Balde und andern Exempeln er- weißlich gemacht worden. Nicolaus Clenardus, als er zu Ebora in Portugall deß Portugalliſchen Koͤnigs Emanuelis Fuͤrſtl. Jugend Præceptor war/ ſchreibet an einen guten Freund in Teutſchland/ lib. 2. Epiſt. 21. dieſe Worte: Quem præferam Johanni Parvo, qui cum mihi menſa fuit communis toto biennio, quem- que non minus, quàm parentem chariſſimum venerari debeo? Is cum annos natus eſſet ſexaginta duos, non contentus literis Græcis, quas occupatiſſimus templi functionibus, à me etiam initiatus eſt Hebraicis, quos noctur- I i i 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/893
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 873. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/893>, abgerufen am 22.11.2024.