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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
recht Eckel haffte Dinge erzehlet habt. Troll war
jetzo auch ziemlich hungerig/ und wäre gerne in die
Küche gegangen/ um etwas zu geniessen/ weil sich
aber Cavina seiner auf dem Wege allemahl so ge-
treulich angenommen hatte/ wolte er demselben bey
der Tafel erst aufwarten. Dieser nun reichte ihm
eine Schüssel mit einem grossen Stück frischen Rind-
Fleisch/ weil er sahe/ daß ihm für Hunger die Lippen
bebeten/ die andern am Tische auch dieses Gerucht
vorbeyseit gerücket hatten/ und nicht darvon essen
wolten. Troll nahm dieses Gerücht an/ und wolte
zur Stuben hinauß gehen/ aber in der Thür begegne-
te ihm ein Pech-schwartzer Mohr in einer seltzamen
Kleidung/ welcher das grosse 9. Pfündige Stück
Fleisch auß der Schüssel nahm/ und solches in einem
Huy verzehrete. Troll machete sich sehr unnütz über
das unverschämte Stücklein dieses Mohren/ aber
derselbe lachete/ und gieng mit ihm zugleich in das
Gemach hinein/ wo die andern an der Tafel sassen/
und als Troll dem Cavina erzehlete/ was ihm dieser
seltzame Mohr für einen Possen gerissen/ da verwun-
derten sich dessen die Ubrigen/ und weil sie ihn vor ei-
nen Diener eines fürnehmen Mannes ansahen/ wol-
ten sie ihm nicht zuwider seyn/ sondern reicheten ihm
den halben Calecuten hin/ der annoch überblieben
war. Der Mohr nahm solchen begierig zu sich/ win-
ckete aber um ein Stück Brodt darzu/ und als man
ihm solches hingegeben/ schob er alles so behende und
mit Lust in den Magen/ daß es zu verwundern war.
Man reichete ihm auch eine zinnerne grosse Kanne
mit Wein/ welche er in einem Zug/ sine deponere,
außleerete. Warlich/ sprach Troll jetzo/ wann Cere-
bacchius
nicht ein weisser Europäer wäre/ so wolte ich
sagen/ dieser sey es selber/ oder zum wenigsten sein Bru-

der.

Romans II. Buch.
recht Eckel haffte Dinge erzehlet habt. Troll war
jetzo auch ziemlich hungerig/ und waͤre gerne in die
Kuͤche gegangen/ um etwas zu genieſſen/ weil ſich
aber Cavina ſeiner auf dem Wege allemahl ſo ge-
treulich angenommen hatte/ wolte er demſelben bey
der Tafel erſt aufwarten. Dieſer nun reichte ihm
eine Schuͤſſel mit einem groſſen Stuͤck friſchen Rind-
Fleiſch/ weil er ſahe/ daß ihm fuͤr Hunger die Lippen
bebeten/ die andern am Tiſche auch dieſes Gerucht
vorbeyſeit geruͤcket hatten/ und nicht darvon eſſen
wolten. Troll nahm dieſes Geruͤcht an/ und wolte
zur Stuben hinauß gehen/ aber in der Thuͤr begegne-
te ihm ein Pech-ſchwartzer Mohr in einer ſeltzamen
Kleidung/ welcher das groſſe 9. Pfuͤndige Stuͤck
Fleiſch auß der Schuͤſſel nahm/ und ſolches in einem
Huy verzehrete. Troll machete ſich ſehr unnuͤtz uͤber
das unverſchaͤmte Stuͤcklein dieſes Mohren/ aber
derſelbe lachete/ und gieng mit ihm zugleich in das
Gemach hinein/ wo die andern an der Tafel ſaſſen/
und als Troll dem Cavina erzehlete/ was ihm dieſer
ſeltzame Mohr fuͤr einen Poſſen geriſſen/ da verwun-
derten ſich deſſen die Ubrigen/ und weil ſie ihn vor ei-
nen Diener eines fuͤrnehmen Mannes anſahen/ wol-
ten ſie ihm nicht zuwider ſeyn/ ſondern reicheten ihm
den halben Calecuten hin/ der annoch uͤberblieben
war. Der Mohr nahm ſolchen begierig zu ſich/ win-
ckete aber um ein Stuͤck Brodt darzu/ und als man
ihm ſolches hingegeben/ ſchob er alles ſo behende und
mit Luſt in den Magen/ daß es zu verwundern war.
Man reichete ihm auch eine zinnerne groſſe Kanne
mit Wein/ welche er in einem Zug/ ſine deponere,
außleerete. Warlich/ ſprach Troll jetzo/ wann Cere-
bacchius
nicht ein weiſſer Europaͤer waͤre/ ſo wolte ich
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[957/0977] Romans II. Buch. recht Eckel haffte Dinge erzehlet habt. Troll war jetzo auch ziemlich hungerig/ und waͤre gerne in die Kuͤche gegangen/ um etwas zu genieſſen/ weil ſich aber Cavina ſeiner auf dem Wege allemahl ſo ge- treulich angenommen hatte/ wolte er demſelben bey der Tafel erſt aufwarten. Dieſer nun reichte ihm eine Schuͤſſel mit einem groſſen Stuͤck friſchen Rind- Fleiſch/ weil er ſahe/ daß ihm fuͤr Hunger die Lippen bebeten/ die andern am Tiſche auch dieſes Gerucht vorbeyſeit geruͤcket hatten/ und nicht darvon eſſen wolten. Troll nahm dieſes Geruͤcht an/ und wolte zur Stuben hinauß gehen/ aber in der Thuͤr begegne- te ihm ein Pech-ſchwartzer Mohr in einer ſeltzamen Kleidung/ welcher das groſſe 9. Pfuͤndige Stuͤck Fleiſch auß der Schuͤſſel nahm/ und ſolches in einem Huy verzehrete. Troll machete ſich ſehr unnuͤtz uͤber das unverſchaͤmte Stuͤcklein dieſes Mohren/ aber derſelbe lachete/ und gieng mit ihm zugleich in das Gemach hinein/ wo die andern an der Tafel ſaſſen/ und als Troll dem Cavina erzehlete/ was ihm dieſer ſeltzame Mohr fuͤr einen Poſſen geriſſen/ da verwun- derten ſich deſſen die Ubrigen/ und weil ſie ihn vor ei- nen Diener eines fuͤrnehmen Mannes anſahen/ wol- ten ſie ihm nicht zuwider ſeyn/ ſondern reicheten ihm den halben Calecuten hin/ der annoch uͤberblieben war. Der Mohr nahm ſolchen begierig zu ſich/ win- ckete aber um ein Stuͤck Brodt darzu/ und als man ihm ſolches hingegeben/ ſchob er alles ſo behende und mit Luſt in den Magen/ daß es zu verwundern war. Man reichete ihm auch eine zinnerne groſſe Kanne mit Wein/ welche er in einem Zug/ ſine deponere, außleerete. Warlich/ ſprach Troll jetzo/ wann Cere- bacchius nicht ein weiſſer Europaͤer waͤre/ ſo wolte ich ſagẽ/ dieſer ſey es ſelber/ oder zum wenigſten ſein Bru- der.

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 957. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/977>, abgerufen am 22.11.2024.