Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
bald Fürbitte kommen/ darauf solte Gnade erfolgen/ und der
gemeine Pöbel zufrieden gestellet werden. Als nun Schein also
getröstet/ in guter Hoffnung herauß gieng/ und sich auf den
Bauch zur Erden legete/ ist dem Scharffrichter gewincket wor-
den/ geschwinde zu zuhauen/ welches er auch that/ und den
Kopff mit etlichen Hieben herunter risse. Hierauf ist noch sel-
bigen Tag deß Scheins Sohn mit der Knut-Peitsche/ nach ih-
rer Art/ zu todt geschlagen worden. Olear. Moscow. Räyse-
Beschreibung III. B. Cap. 6. Bl. 202. 203.

Die Cavalliers-Parole stehet bey denen Soldaten auch
offtmahls auf schwachen Füssen. Den 21. Octobris 1634. kam
der Käyserl. Obriste/ Abraham Schönnickel/ (welcher| aberin der
That nicht ein schöner/ sondern ein sehr garstiger Nickel gewesen/)
mit 3. oder 4. Regimentern zu Roß und Fuß vor der Stadt
Leipzig an/ und begehrete ein Nacht-Quartier/ mit sehr theurem
Versprechen/ es solte Niemand kein Leyd widerfahren/ dann er
wäre ja ein Lands-Kind und Lutheraner/ (er ist aber von Chem-
nitz bürtig gewesen/) und derowegen nicht der Stadt zum
Schaden/ sondern zum Schutz und Besten ankommen. Weil
dann nun der Rath und Bürgerschafft diesem seinem süssen
Pfeiffen/ so er mit erschröcklichen und fast unerhörten Eyd-
schwüren bekräfftiget/ Glauben gegeben/ als sind ihm die Thore
mit allem Willen geöffnet worden. Da er aber kaum hinein
gewesen/ ist flugs das Rauben und Plündern angegangen/
welches 2. Täge und Nächte gewähret. Es gieng alles bund
über/ ist keines Hauses/ auch der Kirchen selbst nicht verschonet/
sondern alles Preiß gemacht worden. Darzu hat dieses böse
Gesindel viel Personen biß auf den Tod gemartert und beschä-
diget/ auch das Frauen-Volck/ so ihm in die Hände gerathen/
ohne Unterscheid geschändet. Man schätzete den Schaden/ der
damahls geschehen/ auf 200000. Gülden. Das war ein
Stückchen von einem Landsmann und Glaubens-Genossen.
Caspar Schneider/ in der Leißniger Ehren- und Gedächtnüß-
Säule.

Als Cavina hiermit seine Erzehlung vollendet/
lachete Cerebacchius und Venereus vor andern/ aber
Cavina wandte sich nach dem Fenster/ wo Condado
stund/ und sang nachfolgendes Stücklein von der
Redlichkeit:

Redlich-

Deß Academiſchen
bald Fuͤrbitte kommen/ darauf ſolte Gnade erfolgen/ und der
gemeine Poͤbel zufrieden geſtellet werden. Als nun Schein alſo
getroͤſtet/ in guter Hoffnung herauß gieng/ und ſich auf den
Bauch zur Erden legete/ iſt dem Scharffrichter gewincket wor-
den/ geſchwinde zu zuhauen/ welches er auch that/ und den
Kopff mit etlichen Hieben herunter riſſe. Hierauf iſt noch ſel-
bigen Tag deß Scheins Sohn mit der Knut-Peitſche/ nach ih-
rer Art/ zu todt geſchlagen worden. Olear. Moſcow. Raͤyſe-
Beſchreibung III. B. Cap. 6. Bl. 202. 203.

Die Cavalliers-Parole ſtehet bey denen Soldaten auch
offtmahls auf ſchwachen Fuͤſſen. Den 21. Octobris 1634. kam
der Kaͤyſerl. Obriſte/ Abraham Schoͤnnickel/ (welcher| aberin der
That nicht ein ſchoͤner/ ſondern ein ſehr garſtiger Nickel geweſen/)
mit 3. oder 4. Regimentern zu Roß und Fuß vor der Stadt
Leipzig an/ und begehrete ein Nacht-Quartier/ mit ſehr theurem
Verſprechen/ es ſolte Niemand kein Leyd widerfahren/ dann er
waͤre ja ein Lands-Kind und Lutheraner/ (er iſt aber von Chem-
nitz buͤrtig geweſen/) und derowegen nicht der Stadt zum
Schaden/ ſondern zum Schutz und Beſten ankommen. Weil
dann nun der Rath und Buͤrgerſchafft dieſem ſeinem ſuͤſſen
Pfeiffen/ ſo er mit erſchroͤcklichen und faſt unerhoͤrten Eyd-
ſchwuͤren bekraͤfftiget/ Glauben gegeben/ als ſind ihm die Thore
mit allem Willen geoͤffnet worden. Da er aber kaum hinein
geweſen/ iſt flugs das Rauben und Pluͤndern angegangen/
welches 2. Taͤge und Naͤchte gewaͤhret. Es gieng alles bund
uͤber/ iſt keines Hauſes/ auch der Kirchen ſelbſt nicht verſchonet/
ſondern alles Preiß gemacht worden. Darzu hat dieſes boͤſe
Geſindel viel Perſonen biß auf den Tod gemartert und beſchaͤ-
diget/ auch das Frauen-Volck/ ſo ihm in die Haͤnde gerathen/
ohne Unterſcheid geſchaͤndet. Man ſchaͤtzete den Schaden/ der
damahls geſchehen/ auf 200000. Guͤlden. Das war ein
Stuͤckchen von einem Landsmann und Glaubens-Genoſſen.
Caſpar Schneider/ in der Leißniger Ehren- und Gedaͤchtnuͤß-
Saͤule.

Als Cavina hiermit ſeine Erzehlung vollendet/
lachete Cerebacchius und Venereus vor andern/ aber
Cavina wandte ſich nach dem Fenſter/ wo Condado
ſtund/ und ſang nachfolgendes Stuͤcklein von der
Redlichkeit:

Redlich-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0992" n="972"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
bald Fu&#x0364;rbitte kommen/ darauf &#x017F;olte Gnade erfolgen/ und der<lb/>
gemeine Po&#x0364;bel zufrieden ge&#x017F;tellet werden. Als nun Schein al&#x017F;o<lb/>
getro&#x0364;&#x017F;tet/ in guter Hoffnung herauß gieng/ und &#x017F;ich auf den<lb/>
Bauch zur Erden legete/ i&#x017F;t dem Scharffrichter gewincket wor-<lb/>
den/ ge&#x017F;chwinde zu zuhauen/ welches er auch that/ und den<lb/>
Kopff mit etlichen Hieben herunter ri&#x017F;&#x017F;e. Hierauf i&#x017F;t noch &#x017F;el-<lb/>
bigen Tag deß Scheins Sohn mit der Knut-Peit&#x017F;che/ nach ih-<lb/>
rer Art/ zu todt ge&#x017F;chlagen worden. <hi rendition="#aq">Olear.</hi> Mo&#x017F;cow. Ra&#x0364;y&#x017F;e-<lb/>
Be&#x017F;chreibung <hi rendition="#aq">III.</hi> B. <hi rendition="#aq">Cap.</hi> 6. Bl. 202. 203.</p><lb/>
          <p>Die Cavalliers-<hi rendition="#aq">Parole</hi> &#x017F;tehet bey denen Soldaten auch<lb/>
offtmahls auf &#x017F;chwachen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Den 21. <hi rendition="#aq">Octobris</hi> 1634. kam<lb/>
der Ka&#x0364;y&#x017F;erl. Obri&#x017F;te/ Abraham Scho&#x0364;nnickel/ (welcher| aberin der<lb/>
That nicht ein &#x017F;cho&#x0364;ner/ &#x017F;ondern ein &#x017F;ehr gar&#x017F;tiger Nickel gewe&#x017F;en/)<lb/>
mit 3. oder 4. Regimentern zu Roß und Fuß vor der Stadt<lb/>
Leipzig an/ und begehrete ein Nacht-Quartier/ mit &#x017F;ehr theurem<lb/>
Ver&#x017F;prechen/ es &#x017F;olte Niemand kein Leyd widerfahren/ dann er<lb/>
wa&#x0364;re ja ein Lands-Kind und Lutheraner/ (er i&#x017F;t aber von Chem-<lb/>
nitz bu&#x0364;rtig gewe&#x017F;en/) und derowegen nicht der Stadt zum<lb/>
Schaden/ &#x017F;ondern zum Schutz und Be&#x017F;ten ankommen. Weil<lb/>
dann nun der Rath und Bu&#x0364;rger&#x017F;chafft die&#x017F;em &#x017F;einem &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Pfeiffen/ &#x017F;o er mit er&#x017F;chro&#x0364;cklichen und fa&#x017F;t unerho&#x0364;rten Eyd-<lb/>
&#x017F;chwu&#x0364;ren bekra&#x0364;fftiget/ Glauben gegeben/ als &#x017F;ind ihm die Thore<lb/>
mit allem Willen geo&#x0364;ffnet worden. Da er aber kaum hinein<lb/>
gewe&#x017F;en/ i&#x017F;t flugs das Rauben und Plu&#x0364;ndern angegangen/<lb/>
welches 2. Ta&#x0364;ge und Na&#x0364;chte gewa&#x0364;hret. Es gieng alles bund<lb/>
u&#x0364;ber/ i&#x017F;t keines Hau&#x017F;es/ auch der Kirchen &#x017F;elb&#x017F;t nicht ver&#x017F;chonet/<lb/>
&#x017F;ondern alles Preiß gemacht worden. Darzu hat die&#x017F;es bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;indel viel Per&#x017F;onen biß auf den Tod gemartert und be&#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
diget/ auch das Frauen-Volck/ &#x017F;o ihm in die Ha&#x0364;nde gerathen/<lb/>
ohne Unter&#x017F;cheid ge&#x017F;cha&#x0364;ndet. Man &#x017F;cha&#x0364;tzete den Schaden/ der<lb/>
damahls ge&#x017F;chehen/ auf 200000. Gu&#x0364;lden. Das war ein<lb/>
Stu&#x0364;ckchen von einem Landsmann und Glaubens-Geno&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Ca&#x017F;par Schneider/ in der Leißniger Ehren- und Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß-<lb/>
Sa&#x0364;ule.</p><lb/>
          <p>Als <hi rendition="#aq">Cavina</hi> hiermit &#x017F;eine Erzehlung vollendet/<lb/>
lachete <hi rendition="#aq">Cerebacchius</hi> und <hi rendition="#aq">Venereus</hi> vor andern/ aber<lb/><hi rendition="#aq">Cavina</hi> wandte &#x017F;ich nach dem Fen&#x017F;ter/ wo <hi rendition="#aq">Condado</hi><lb/>
&#x017F;tund/ und &#x017F;ang nachfolgendes Stu&#x0364;cklein von der<lb/>
Redlichkeit:</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Redlich-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[972/0992] Deß Academiſchen bald Fuͤrbitte kommen/ darauf ſolte Gnade erfolgen/ und der gemeine Poͤbel zufrieden geſtellet werden. Als nun Schein alſo getroͤſtet/ in guter Hoffnung herauß gieng/ und ſich auf den Bauch zur Erden legete/ iſt dem Scharffrichter gewincket wor- den/ geſchwinde zu zuhauen/ welches er auch that/ und den Kopff mit etlichen Hieben herunter riſſe. Hierauf iſt noch ſel- bigen Tag deß Scheins Sohn mit der Knut-Peitſche/ nach ih- rer Art/ zu todt geſchlagen worden. Olear. Moſcow. Raͤyſe- Beſchreibung III. B. Cap. 6. Bl. 202. 203. Die Cavalliers-Parole ſtehet bey denen Soldaten auch offtmahls auf ſchwachen Fuͤſſen. Den 21. Octobris 1634. kam der Kaͤyſerl. Obriſte/ Abraham Schoͤnnickel/ (welcher| aberin der That nicht ein ſchoͤner/ ſondern ein ſehr garſtiger Nickel geweſen/) mit 3. oder 4. Regimentern zu Roß und Fuß vor der Stadt Leipzig an/ und begehrete ein Nacht-Quartier/ mit ſehr theurem Verſprechen/ es ſolte Niemand kein Leyd widerfahren/ dann er waͤre ja ein Lands-Kind und Lutheraner/ (er iſt aber von Chem- nitz buͤrtig geweſen/) und derowegen nicht der Stadt zum Schaden/ ſondern zum Schutz und Beſten ankommen. Weil dann nun der Rath und Buͤrgerſchafft dieſem ſeinem ſuͤſſen Pfeiffen/ ſo er mit erſchroͤcklichen und faſt unerhoͤrten Eyd- ſchwuͤren bekraͤfftiget/ Glauben gegeben/ als ſind ihm die Thore mit allem Willen geoͤffnet worden. Da er aber kaum hinein geweſen/ iſt flugs das Rauben und Pluͤndern angegangen/ welches 2. Taͤge und Naͤchte gewaͤhret. Es gieng alles bund uͤber/ iſt keines Hauſes/ auch der Kirchen ſelbſt nicht verſchonet/ ſondern alles Preiß gemacht worden. Darzu hat dieſes boͤſe Geſindel viel Perſonen biß auf den Tod gemartert und beſchaͤ- diget/ auch das Frauen-Volck/ ſo ihm in die Haͤnde gerathen/ ohne Unterſcheid geſchaͤndet. Man ſchaͤtzete den Schaden/ der damahls geſchehen/ auf 200000. Guͤlden. Das war ein Stuͤckchen von einem Landsmann und Glaubens-Genoſſen. Caſpar Schneider/ in der Leißniger Ehren- und Gedaͤchtnuͤß- Saͤule. Als Cavina hiermit ſeine Erzehlung vollendet/ lachete Cerebacchius und Venereus vor andern/ aber Cavina wandte ſich nach dem Fenſter/ wo Condado ſtund/ und ſang nachfolgendes Stuͤcklein von der Redlichkeit: Redlich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/992
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 972. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/992>, abgerufen am 22.11.2024.