Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.Man stellet ihm zwar auch wohl bey der unrichtigen Vorstellung ein Licht vor, und vermeynet grosse Erkänntis zu besitzen. Allein es ist ein Irr-Licht, welches auf mancherley Abwege führet. Bald stellen sich die phantastischen Leute eine Ordnung des Reichs der Gnaden und der Herrlichkeit vor, welche der göttlichen und geoffenbahrten Ordnung wiederspricht: Bald erkläret man die Ordnung, so in dem Reiche der Natur festgestellet ist, also, daß man entweder erdichtete Ursachen angiebt, oder den Lauf der Natur samt seinen Würckungen mit der Ordnung der göttlichen Gnaden-Würckungen verwechselt. An statt der göttlichen Wahrheit verfällt man auf ein innerliches Wort, welches so mannigfältig und wiedersprechend ist, als es Persohnen giebt, welche sich dasselbe zu besitzen rühmen. Und weil man diese wiedersprechende Mannigfaltigkeit nicht läugnen kan, so verfällt man so weit, daß man glaubt, es schaden die Irrthümer überhaupt der Heiligkeit nicht das geringste. Den Uhrsprung solcher Phantasie betreffend, so ist solcher theils natürlich, theils künstlich. Der natürliche Uhrsprung bestehet in der Ermangelung einer deutlichen und gründlichen Erkänntnis. Bey Kindern und den meisten Frauenzimmer ist die Beurtheilungs-Kraft schwach und ungeübt. Einige Menschen gehen mit solchen Wercken vielfältig um, welche die Einbildungs-Kraft zu einen hohen Grad der Lebhaftigkeit erhebet, und die Deutlichkeit der Gedancken verhindert. Hieher rechnet man die Mahler, die Bildhauer, die Leser unreiner mystischer Bücher, diejenige, so ihnen durch Man stellet ihm zwar auch wohl bey der unrichtigen Vorstellung ein Licht vor, und vermeynet grosse Erkänntis zu besitzen. Allein es ist ein Irr-Licht, welches auf mancherley Abwege führet. Bald stellen sich die phantastischen Leute eine Ordnung des Reichs der Gnaden und der Herrlichkeit vor, welche der göttlichen und geoffenbahrten Ordnung wiederspricht: Bald erkläret man die Ordnung, so in dem Reiche der Natur festgestellet ist, also, daß man entweder erdichtete Ursachen angiebt, oder den Lauf der Natur samt seinen Würckungen mit der Ordnung der göttlichen Gnaden-Würckungen verwechselt. An statt der göttlichen Wahrheit verfällt man auf ein innerliches Wort, welches so mannigfältig und wiedersprechend ist, als es Persohnen giebt, welche sich dasselbe zu besitzen rühmen. Und weil man diese wiedersprechende Mannigfaltigkeit nicht läugnen kan, so verfällt man so weit, daß man glaubt, es schaden die Irrthümer überhaupt der Heiligkeit nicht das geringste. Den Uhrsprung solcher Phantasie betreffend, so ist solcher theils natürlich, theils künstlich. Der natürliche Uhrsprung bestehet in der Ermangelung einer deutlichen und gründlichen Erkänntnis. Bey Kindern und den meisten Frauenzimmer ist die Beurtheilungs-Kraft schwach und ungeübt. Einige Menschen gehen mit solchen Wercken vielfältig um, welche die Einbildungs-Kraft zu einen hohen Grad der Lebhaftigkeit erhebet, und die Deutlichkeit der Gedancken verhindert. Hieher rechnet man die Mahler, die Bildhauer, die Leser unreiner mystischer Bücher, diejenige, so ihnen durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="87"/> Man stellet ihm zwar auch wohl bey der unrichtigen Vorstellung ein Licht vor, und vermeynet grosse Erkänntis zu besitzen. Allein es ist ein Irr-Licht, welches auf mancherley Abwege führet. Bald stellen sich die phantastischen Leute eine Ordnung des Reichs der Gnaden und der Herrlichkeit vor, welche der göttlichen und geoffenbahrten Ordnung wiederspricht: Bald erkläret man die Ordnung, so in dem Reiche der Natur festgestellet ist, also, daß man entweder erdichtete Ursachen angiebt, oder den Lauf der Natur samt seinen Würckungen mit der Ordnung der göttlichen Gnaden-Würckungen verwechselt. An statt der göttlichen Wahrheit verfällt man auf ein <hi rendition="#fr">innerliches Wort</hi>, welches so mannigfältig und wiedersprechend ist, als es Persohnen giebt, welche sich dasselbe zu besitzen rühmen. Und weil man diese wiedersprechende Mannigfaltigkeit nicht läugnen kan, so verfällt man so weit, daß man glaubt, es schaden die Irrthümer überhaupt der Heiligkeit nicht das geringste. Den Uhrsprung solcher Phantasie betreffend, so ist solcher theils natürlich, theils künstlich. Der natürliche Uhrsprung bestehet in der Ermangelung einer deutlichen und gründlichen Erkänntnis. Bey Kindern und den meisten Frauenzimmer ist die Beurtheilungs-Kraft schwach und ungeübt. Einige Menschen gehen mit solchen Wercken vielfältig um, welche die Einbildungs-Kraft zu einen hohen Grad der Lebhaftigkeit erhebet, und die Deutlichkeit der Gedancken verhindert. Hieher rechnet man die Mahler, die Bildhauer, die Leser unreiner mystischer Bücher, diejenige, so ihnen durch </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0085]
Man stellet ihm zwar auch wohl bey der unrichtigen Vorstellung ein Licht vor, und vermeynet grosse Erkänntis zu besitzen. Allein es ist ein Irr-Licht, welches auf mancherley Abwege führet. Bald stellen sich die phantastischen Leute eine Ordnung des Reichs der Gnaden und der Herrlichkeit vor, welche der göttlichen und geoffenbahrten Ordnung wiederspricht: Bald erkläret man die Ordnung, so in dem Reiche der Natur festgestellet ist, also, daß man entweder erdichtete Ursachen angiebt, oder den Lauf der Natur samt seinen Würckungen mit der Ordnung der göttlichen Gnaden-Würckungen verwechselt. An statt der göttlichen Wahrheit verfällt man auf ein innerliches Wort, welches so mannigfältig und wiedersprechend ist, als es Persohnen giebt, welche sich dasselbe zu besitzen rühmen. Und weil man diese wiedersprechende Mannigfaltigkeit nicht läugnen kan, so verfällt man so weit, daß man glaubt, es schaden die Irrthümer überhaupt der Heiligkeit nicht das geringste. Den Uhrsprung solcher Phantasie betreffend, so ist solcher theils natürlich, theils künstlich. Der natürliche Uhrsprung bestehet in der Ermangelung einer deutlichen und gründlichen Erkänntnis. Bey Kindern und den meisten Frauenzimmer ist die Beurtheilungs-Kraft schwach und ungeübt. Einige Menschen gehen mit solchen Wercken vielfältig um, welche die Einbildungs-Kraft zu einen hohen Grad der Lebhaftigkeit erhebet, und die Deutlichkeit der Gedancken verhindert. Hieher rechnet man die Mahler, die Bildhauer, die Leser unreiner mystischer Bücher, diejenige, so ihnen durch
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