Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

Bild:
<< vorherige Seite
Die siebende Stund.

Dieses gehet in unsrer Sprache nicht an/ wie be-
sagt/ und kan niemand davon urtheilen/ der nicht
die Music samt der Poeterey aus dem Grund
verstehet. Je kürtzer aber/ sonderlich in den Lie-
dern/ die Meinung gebunden wird/ je lieblicher ist
der Vers/ und sol eine jede Reimzeil zum we-
nigsten mit einem Zwerchstrichlein schliessen.

16. IV. Beruhet die Lieblichkeit des Gedichts
in den vielfältigen Reimworten/ und derselben rei-
nen Schluß-Zum Exempel:

Sehet den bekräntzten Lentzen/
nun in unsren Grentzen gläntzen!
Seht im fetterfülltem Feld/
sich in grünen Matten gatten
Blumen/ in den blinden Schatten
unter jenem Baumgezelt.
Kommt die Fluten zu beschauen/
so sich mit den Auentrauen.

Jch hätte auch also sagen können.

Seht den neubegrünten Lentzen
in den nun erfreuten Grentzen.
wie das erstbesamte Feld
nechst den grünlich-gelben Matten
liebet jener Baumen Schatten
unter ihrer Aeste Zelt.
Kommt
Die ſiebende Stund.

Dieſes gehet in unſrer Sprache nicht an/ wie be-
ſagt/ und kan niemand davon urtheilen/ der nicht
die Muſic ſamt der Poeterey aus dem Grund
verſtehet. Je kuͤrtzer aber/ ſonderlich in den Lie-
dern/ die Meinung gebunden wird/ je lieblicher iſt
der Vers/ und ſol eine jede Reimzeil zum we-
nigſten mit einem Zwerchſtrichlein ſchlieſſen.

16. IV. Beruhet die Lieblichkeit des Gedichts
in den vielfaͤltigen Reimworten/ und derſelben rei-
nen Schluß-Zum Exempel:

Sehet den bekraͤntzten Lentzen/
nun in unſren Grentzen glaͤntzen!
Seht im fetterfuͤlltem Feld/
ſich in gruͤnen Matten gatten
Blumen/ in den blinden Schatten
unter jenem Baumgezelt.
Kommt die Fluten zu beſchauen/
ſo ſich mit den Auentrauen.

Jch haͤtte auch alſo ſagen koͤnnen.

Seht den neubegruͤnten Lentzen
in den nun erfreuten Grentzen.
wie das erſtbeſamte Feld
nechſt den gruͤnlich-gelben Matten
liebet jener Baumen Schatten
unter ihrer Aeſte Zelt.
Kommt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0026" n="12"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die &#x017F;iebende Stund.</hi> </fw><lb/>
        <p>Die&#x017F;es gehet in un&#x017F;rer Sprache nicht an/ wie be-<lb/>
&#x017F;agt/ und kan niemand davon urtheilen/ der nicht<lb/>
die Mu&#x017F;ic &#x017F;amt der Poeterey aus dem Grund<lb/>
ver&#x017F;tehet. Je ku&#x0364;rtzer aber/ &#x017F;onderlich in den Lie-<lb/>
dern/ die Meinung gebunden wird/ je lieblicher i&#x017F;t<lb/>
der Vers/ und &#x017F;ol eine jede Reimzeil zum we-<lb/>
nig&#x017F;ten mit einem Zwerch&#x017F;trichlein &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>16. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Beruhet die Lieblichkeit des Gedichts<lb/>
in den vielfa&#x0364;ltigen Reimworten/ und der&#x017F;elben rei-<lb/>
nen Schluß-Zum Exempel:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Sehet den bekra&#x0364;ntzten Lentzen/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">nun in un&#x017F;ren Grentzen gla&#x0364;ntzen!</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Seht im fetterfu&#x0364;lltem Feld/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">&#x017F;ich in gru&#x0364;nen Matten gatten</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Blumen/ in den blinden Schatten</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">unter jenem Baumgezelt.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Kommt die Fluten zu be&#x017F;chauen/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;ich mit den Auentrauen.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Jch ha&#x0364;tte auch al&#x017F;o &#x017F;agen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Seht den neubegru&#x0364;nten Lentzen</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">in den nun erfreuten Grentzen.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">wie das er&#x017F;tbe&#x017F;amte Feld</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">nech&#x017F;t den gru&#x0364;nlich-gelben Matten</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">liebet jener Baumen Schatten</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">unter ihrer Ae&#x017F;te Zelt.</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Kommt</hi> </fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0026] Die ſiebende Stund. Dieſes gehet in unſrer Sprache nicht an/ wie be- ſagt/ und kan niemand davon urtheilen/ der nicht die Muſic ſamt der Poeterey aus dem Grund verſtehet. Je kuͤrtzer aber/ ſonderlich in den Lie- dern/ die Meinung gebunden wird/ je lieblicher iſt der Vers/ und ſol eine jede Reimzeil zum we- nigſten mit einem Zwerchſtrichlein ſchlieſſen. 16. IV. Beruhet die Lieblichkeit des Gedichts in den vielfaͤltigen Reimworten/ und derſelben rei- nen Schluß-Zum Exempel: Sehet den bekraͤntzten Lentzen/ nun in unſren Grentzen glaͤntzen! Seht im fetterfuͤlltem Feld/ ſich in gruͤnen Matten gatten Blumen/ in den blinden Schatten unter jenem Baumgezelt. Kommt die Fluten zu beſchauen/ ſo ſich mit den Auentrauen. Jch haͤtte auch alſo ſagen koͤnnen. Seht den neubegruͤnten Lentzen in den nun erfreuten Grentzen. wie das erſtbeſamte Feld nechſt den gruͤnlich-gelben Matten liebet jener Baumen Schatten unter ihrer Aeſte Zelt. Kommt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/26
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/26>, abgerufen am 21.11.2024.