Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.Die eilffte Stund. mähl aufstellet/ vor- und einbildet. Jch sageein lebendiges Gemähl; massen die Rede nicht bilden/ das Bild aber nicht reden kan/ beedes aber durch die lebendigen Personen des Schauplatzes ausgewürket wird. Der Nutz ist zu betrachten sowol bey den Zufehern und Zuhörern/ als bey den spielenden Knaben. Wie die beste Artzney nicht nutzet/ wann sie von dem Kranken nicht wil/ oder kan gebrauchet werden; also ist auch die aller- übertrefflichste Tugendlehre dem gemeinen Mann nicht dienlich/ wann er solche nicht zu Sinne bringet/ welches durch besagte Vorstellungen sol- chergestalt beschiehet/ als wie man einem Kind/ durch der Seugamme Brüste die Artzney ein- flösset/ welcher es sonsten nicht geniessen möchte. Die Personen aber/ so den Schauplatz betretten/ werden behertzt in dem Reden/ höflich in den Ge- berden/ fähig in dem Verständniß/ üben das Ge- dächtniß/ und arten sich höhern Verrichtungen vorzustehen. Was Belustigung bey wol ver- fassten/ und wol zu Werck gerichten Schauplatz- spielen sey/ ist beyzubringen unnöhtig/ das Werk redet. 5. III. Jst in diesen Spielen gemein die Ab- nur * Scenoe. F iiij
Die eilffte Stund. maͤhl aufſtellet/ vor- und einbildet. Jch ſageein lebendiges Gemaͤhl; maſſen die Rede nicht bilden/ das Bild aber nicht reden kan/ beedes aber durch die lebendigen Perſonen des Schauplatzes ausgewuͤrket wird. Der Nutz iſt zu betrachten ſowol bey den Zufehern und Zuhoͤrern/ als bey den ſpielenden Knaben. Wie die beſte Artzney nicht nutzet/ wann ſie von dem Kranken nicht wil/ oder kan gebrauchet werden; alſo iſt auch die aller- uͤbertrefflichſte Tugendlehre dem gemeinen Mañ nicht dienlich/ wann er ſolche nicht zu Sinne bringet/ welches durch beſagte Vorſtellungen ſol- chergeſtalt beſchiehet/ als wie man einem Kind/ durch der Seugamme Bruͤſte die Artzney ein- floͤſſet/ welcher es ſonſten nicht genieſſen moͤchte. Die Perſonen aber/ ſo den Schauplatz betretten/ werden behertzt in dem Reden/ hoͤflich in den Ge- berden/ faͤhig in dem Verſtaͤndniß/ uͤben das Ge- daͤchtniß/ und arten ſich hoͤhern Verrichtungen vorzuſtehen. Was Beluſtigung bey wol ver- faſſten/ und wol zu Werck gerichten Schauplatz- ſpielen ſey/ iſt beyzubringen unnoͤhtig/ das Werk redet. 5. III. Jſt in dieſen Spielen gemein die Ab- nur * Scenœ. F iiij
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Die eilffte Stund.
maͤhl aufſtellet/ vor- und einbildet. Jch ſage
ein lebendiges Gemaͤhl; maſſen die Rede nicht
bilden/ das Bild aber nicht reden kan/ beedes aber
durch die lebendigen Perſonen des Schauplatzes
ausgewuͤrket wird. Der Nutz iſt zu betrachten
ſowol bey den Zufehern und Zuhoͤrern/ als bey
den ſpielenden Knaben. Wie die beſte Artzney
nicht nutzet/ wann ſie von dem Kranken nicht wil/
oder kan gebrauchet werden; alſo iſt auch die aller-
uͤbertrefflichſte Tugendlehre dem gemeinen Mañ
nicht dienlich/ wann er ſolche nicht zu Sinne
bringet/ welches durch beſagte Vorſtellungen ſol-
chergeſtalt beſchiehet/ als wie man einem Kind/
durch der Seugamme Bruͤſte die Artzney ein-
floͤſſet/ welcher es ſonſten nicht genieſſen moͤchte.
Die Perſonen aber/ ſo den Schauplatz betretten/
werden behertzt in dem Reden/ hoͤflich in den Ge-
berden/ faͤhig in dem Verſtaͤndniß/ uͤben das Ge-
daͤchtniß/ und arten ſich hoͤhern Verrichtungen
vorzuſtehen. Was Beluſtigung bey wol ver-
faſſten/ und wol zu Werck gerichten Schauplatz-
ſpielen ſey/ iſt beyzubringen unnoͤhtig/ das Werk
redet.
5. III. Jſt in dieſen Spielen gemein die Ab-
theilung derſelben/ als der Vorredner/ die Aufzuͤ-
ge/ fuͤnf Handlungen/ * (deren die Hirten-Spiele
nur
* Scenœ.
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