Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.Die eilffte Stund. müsse/ * sondern daß/ wie gesagt/ der Jnhalt dieZuseher betrübt/ erstaunet/ und mitleidig machet/ doch pflegt auch das Spiel mit der grösten Jam- mer und Todsnoht zu endigen. Erst gedachter Jnhalt muß grosse Sachen betreffen/ von der Könige/ Fürsten und Herren Verzweifflung/ Mordthaten/ Verfolgung/ Meineid/ Betrug/ Blutschanden/ Schlachten/ Tod/ Grabschrifften/ Klagliedern/ etc. Daher beschreibet es Scaliger also: Das Trauerspiel ist eine ernstliche und prächtige Vorstellung einer traurigen Geschichte/ handlend von wichtigen Sachen; nicht nur in Worten/ sondern in wirklicher Ausbildung der Vnglücks- fälle/ durch welche bey den Zusehern Erstaunen und Mitleiden erreget wird. Deswegen wird auch das Trauerspiel die Schul der Könige genennet. 10. Den Namen des Trauerspiels sol man ner/ * Scaliger ex Arist. l. 3. Poet. f. 366. * Idem l. 1. f. 36. & l. 3. f. 372.
Die eilffte Stund. muͤſſe/ * ſondern daß/ wie geſagt/ der Jnhalt dieZuſeher betruͤbt/ erſtaunet/ und mitleidig machet/ doch pflegt auch das Spiel mit der groͤſten Jam- mer und Todsnoht zu endigen. Erſt gedachter Jnhalt muß groſſe Sachen betreffen/ von der Koͤnige/ Fuͤrſten und Herren Verzweifflung/ Mordthaten/ Verfolgung/ Meineid/ Betrug/ Blutſchanden/ Schlachten/ Tod/ Grabſchrifftẽ/ Klagliedern/ ꝛc. Daher beſchreibet es Scaliger alſo: Das Trauerſpiel iſt eine ernſtliche und praͤchtige Vorſtellung einer traurigen Geſchichte/ handlend von wichtigen Sachen; nicht nur in Worten/ ſondern in wirklicher Ausbildung der Vngluͤcks- faͤlle/ durch welche bey den Zuſehern Erſtaunen und Mitleiden erreget wird. Deswegen wird auch das Trauerſpiel die Schul der Koͤnige genennet. 10. Den Namen des Trauerſpiels ſol man ner/ * Scaliger ex Ariſt. l. 3. Poet. f. 366. * Idem l. 1. f. 36. & l. 3. f. 372.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="80"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die eilffte Stund.</hi></fw><lb/> muͤſſe/ <note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Scaliger ex Ariſt. l. 3. Poet. f. 366.</hi></hi></note> ſondern daß/ wie geſagt/ der Jnhalt die<lb/> Zuſeher betruͤbt/ erſtaunet/ und mitleidig machet/<lb/> doch pflegt auch das Spiel mit der groͤſten Jam-<lb/> mer und Todsnoht zu endigen. Erſt gedachter<lb/> Jnhalt muß groſſe Sachen betreffen/ von der<lb/> Koͤnige/ Fuͤrſten und Herren Verzweifflung/<lb/> Mordthaten/ Verfolgung/ Meineid/ Betrug/<lb/> Blutſchanden/ Schlachten/ Tod/ Grabſchrifftẽ/<lb/> Klagliedern/ ꝛc. Daher beſchreibet es <hi rendition="#aq">Scaliger</hi> alſo:<lb/> Das Trauerſpiel iſt eine ernſtliche und praͤchtige<lb/> Vorſtellung einer traurigen Geſchichte/ handlend<lb/> von wichtigen Sachen; nicht nur in Worten/<lb/> ſondern in wirklicher Ausbildung der Vngluͤcks-<lb/> faͤlle/ durch welche bey den Zuſehern Erſtaunen<lb/> und Mitleiden erreget wird. Deswegen wird auch<lb/> das Trauerſpiel die Schul der Koͤnige genennet.</p><lb/> <p>10. Den Namen des Trauerſpiels ſol man<lb/> hernemen von der Haubtperſon/ oder auch von<lb/> der Lehre/ auf welche alles gericht ſeyn ſol. Der<lb/> Vorredner ſol einer von den Perſonen in dem<lb/> Spiel ſeyn/ der den Jnhalt kuͤrtzlich erzehlen und<lb/> uͤm gedultige Aufmerkung bitten muß. <note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Idem l. 1. f. 36. & l. 3. f. 372.</hi></hi></note> Es ſind<lb/> aber die Perſonen/ Koͤnige/ Koͤniginne/ Fuͤrſten/<lb/> Herren und Frauen/ Helden und derſelben Die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ner/</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0094]
Die eilffte Stund.
muͤſſe/ * ſondern daß/ wie geſagt/ der Jnhalt die
Zuſeher betruͤbt/ erſtaunet/ und mitleidig machet/
doch pflegt auch das Spiel mit der groͤſten Jam-
mer und Todsnoht zu endigen. Erſt gedachter
Jnhalt muß groſſe Sachen betreffen/ von der
Koͤnige/ Fuͤrſten und Herren Verzweifflung/
Mordthaten/ Verfolgung/ Meineid/ Betrug/
Blutſchanden/ Schlachten/ Tod/ Grabſchrifftẽ/
Klagliedern/ ꝛc. Daher beſchreibet es Scaliger alſo:
Das Trauerſpiel iſt eine ernſtliche und praͤchtige
Vorſtellung einer traurigen Geſchichte/ handlend
von wichtigen Sachen; nicht nur in Worten/
ſondern in wirklicher Ausbildung der Vngluͤcks-
faͤlle/ durch welche bey den Zuſehern Erſtaunen
und Mitleiden erreget wird. Deswegen wird auch
das Trauerſpiel die Schul der Koͤnige genennet.
10. Den Namen des Trauerſpiels ſol man
hernemen von der Haubtperſon/ oder auch von
der Lehre/ auf welche alles gericht ſeyn ſol. Der
Vorredner ſol einer von den Perſonen in dem
Spiel ſeyn/ der den Jnhalt kuͤrtzlich erzehlen und
uͤm gedultige Aufmerkung bitten muß. * Es ſind
aber die Perſonen/ Koͤnige/ Koͤniginne/ Fuͤrſten/
Herren und Frauen/ Helden und derſelben Die-
ner/
* Scaliger ex Ariſt. l. 3. Poet. f. 366.
* Idem l. 1. f. 36. & l. 3. f. 372.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |