Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Kugel.
digkeit/ weil sich nichts leichter bewegen lässet/ als
was rund ist und gleichsam nur auf einem Pun-
cte ruhet. Jhre beyworte werden nach derselben
Materien gesetzet: nach der Gestalt sagt man die
Cirkel runde/ flüchtige/ leichte/ verwändliche/ be-
wegliche/ flügelschnelle etc. Die Bewegung wird
ihr eingedrucket/ die sie durch die Lufft entzucket etc.

Die Kugel hat die Deutung der Unbestän-
digkeit.

251. Kuhe.

Das melkvieh auf der Weit hat uns die Speiß
bereit/ und ist ihr starkes kleid (die Haut) betretten
nach dem Tod/ die braune/ blumige/ fleckigte/
fromme/ brummende/ rüllende/ milchreiche/ ver-
gnügliche/ göllende/ tragende oder trägtige/ be-
hörnte Kuhe/ die Kelbermutter/ deß Oxens Wei-
berherd.

253. Kühnheit.

Kühn/ behertzt/ tapfer/ unverzagt/ wolgemu-
tet/ ein rechter Wagenhals/ der gehet zu vermessen
ohn Scheu in die Gefahr/ ist dollkühn/ sein ver-
gessen und lebt nicht lange Jahr. Kühn wird in
den ärgsten Theil gebraucht: und als ein Laster
geschändet/ wie Großmütigkeit/ als eine Tugend
gelobet wird. Die blinde Künheit schaut nicht
auf die Gefahr/ und selten auf die Ehr.

Die Kühnheit wird gemalt in Gestalt einer
Weibs-Person/ düsteres Angesichtes/ rot und

grün

Kugel.
digkeit/ weil ſich nichts leichter bewegen laͤſſet/ als
was rund iſt und gleichſam nur auf einem Pun-
cte ruhet. Jhre beyworte werden nach derſelben
Materien geſetzet: nach der Geſtalt ſagt man die
Cirkel runde/ fluͤchtige/ leichte/ verwaͤndliche/ be-
wegliche/ fluͤgelſchnelle ꝛc. Die Bewegung wird
ihr eingedrucket/ die ſie durch die Lufft entzucket ꝛc.

Die Kugel hat die Deutung der Unbeſtaͤn-
digkeit.

251. Kuhe.

Das melkvieh auf der Weit hat uns die Speiß
bereit/ und iſt ihr ſtarkes kleid (die Haut) betretten
nach dem Tod/ die braune/ blumige/ fleckigte/
fromme/ brummende/ ruͤllende/ milchreiche/ ver-
gnuͤgliche/ goͤllende/ tragende oder traͤgtige/ be-
hoͤrnte Kuhe/ die Kelbermutter/ deß Oxens Wei-
berherd.

253. Kuͤhnheit.

Kuͤhn/ behertzt/ tapfer/ unverzagt/ wolgemu-
tet/ ein rechter Wagẽhals/ der gehet zu vermeſſen
ohn Scheu in die Gefahr/ iſt dollkuͤhn/ ſein ver-
geſſen und lebt nicht lange Jahr. Kuͤhn wird in
den aͤrgſten Theil gebraucht: und als ein Laſter
geſchaͤndet/ wie Großmuͤtigkeit/ als eine Tugend
gelobet wird. Die blinde Kuͤnheit ſchaut nicht
auf die Gefahr/ und ſelten auf die Ehr.

Die Kuͤhnheit wird gemalt in Geſtalt einer
Weibs-Perſon/ duͤſteres Angeſichtes/ rot und

gruͤn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0333" n="303[301]"/><fw place="top" type="header">Kugel.</fw><lb/>
digkeit/ weil &#x017F;ich nichts leichter bewegen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ als<lb/>
was rund i&#x017F;t und gleich&#x017F;am nur auf einem Pun-<lb/>
cte ruhet. Jhre beyworte werden nach der&#x017F;elben<lb/>
Materien ge&#x017F;etzet: nach der Ge&#x017F;talt &#x017F;agt man die<lb/>
Cirkel runde/ flu&#x0364;chtige/ leichte/ verwa&#x0364;ndliche/ be-<lb/>
wegliche/ flu&#x0364;gel&#x017F;chnelle &#xA75B;c. Die Bewegung wird<lb/>
ihr eingedrucket/ die &#x017F;ie durch die Lufft entzucket &#xA75B;c.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Kugel</hi> hat die Deutung der <hi rendition="#fr">U</hi>nbe&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
digkeit.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">251. Kuhe.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Das melkvieh auf der Weit hat uns die Speiß<lb/>
bereit/ und i&#x017F;t ihr &#x017F;tarkes kleid (die Haut) betretten<lb/>
nach dem Tod/ die braune/ blumige/ fleckigte/<lb/>
fromme/ brummende/ ru&#x0364;llende/ milchreiche/ ver-<lb/>
gnu&#x0364;gliche/ go&#x0364;llende/ tragende oder tra&#x0364;gtige/ be-<lb/>
ho&#x0364;rnte Kuhe/ die Kelbermutter/ deß Oxens Wei-<lb/>
berherd.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">253. Ku&#x0364;hnheit.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Ku&#x0364;hn/ behertzt/ tapfer/ unverzagt/ wolgemu-<lb/>
tet/ ein rechter Wag&#x1EBD;hals/ der gehet zu verme&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ohn Scheu in die Gefahr/ i&#x017F;t dollku&#x0364;hn/ &#x017F;ein ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en und lebt nicht lange Jahr. Ku&#x0364;hn wird in<lb/>
den a&#x0364;rg&#x017F;ten Theil gebraucht: und als ein La&#x017F;ter<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;ndet/ wie Großmu&#x0364;tigkeit/ als eine Tugend<lb/>
gelobet wird. Die blinde Ku&#x0364;nheit &#x017F;chaut nicht<lb/>
auf die Gefahr/ und &#x017F;elten auf die Ehr.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Ku&#x0364;hnheit</hi> wird gemalt in Ge&#x017F;talt einer<lb/>
Weibs-Per&#x017F;on/ du&#x0364;&#x017F;teres Ange&#x017F;ichtes/ rot und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gru&#x0364;n</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303[301]/0333] Kugel. digkeit/ weil ſich nichts leichter bewegen laͤſſet/ als was rund iſt und gleichſam nur auf einem Pun- cte ruhet. Jhre beyworte werden nach derſelben Materien geſetzet: nach der Geſtalt ſagt man die Cirkel runde/ fluͤchtige/ leichte/ verwaͤndliche/ be- wegliche/ fluͤgelſchnelle ꝛc. Die Bewegung wird ihr eingedrucket/ die ſie durch die Lufft entzucket ꝛc. Die Kugel hat die Deutung der Unbeſtaͤn- digkeit. 251. Kuhe. Das melkvieh auf der Weit hat uns die Speiß bereit/ und iſt ihr ſtarkes kleid (die Haut) betretten nach dem Tod/ die braune/ blumige/ fleckigte/ fromme/ brummende/ ruͤllende/ milchreiche/ ver- gnuͤgliche/ goͤllende/ tragende oder traͤgtige/ be- hoͤrnte Kuhe/ die Kelbermutter/ deß Oxens Wei- berherd. 253. Kuͤhnheit. Kuͤhn/ behertzt/ tapfer/ unverzagt/ wolgemu- tet/ ein rechter Wagẽhals/ der gehet zu vermeſſen ohn Scheu in die Gefahr/ iſt dollkuͤhn/ ſein ver- geſſen und lebt nicht lange Jahr. Kuͤhn wird in den aͤrgſten Theil gebraucht: und als ein Laſter geſchaͤndet/ wie Großmuͤtigkeit/ als eine Tugend gelobet wird. Die blinde Kuͤnheit ſchaut nicht auf die Gefahr/ und ſelten auf die Ehr. Die Kuͤhnheit wird gemalt in Geſtalt einer Weibs-Perſon/ duͤſteres Angeſichtes/ rot und gruͤn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/333
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 303[301]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/333>, abgerufen am 24.11.2024.